Remo Filippini (74) aus Zürich und Sandra H.* (31) aus Zug reisen gerne und häufig nach Thailand. So bald werden sie das aber nicht wieder tun: Ihr jüngster Besuch im Land des Lächelns mutiert zum Horrortrip. Filippini und H. gehören zu den unzähligen Touristen, die in die Mühlen des thailändischen Quarantänesystems geraten sind. Blick erzählen sie von ihren Erlebnissen in der thailändischen Corona-Isolation.
«Horror pur und Kosten ohne Ende», fasst Sandra H. ihre Thailand-Ferien zusammen. Sie reist über den Jahreswechsel für zwei Wochen nach Phuket, um Freunde zu besuchen. Am Ende dauert der Trip doppelt so lange. Am eigentlich letzten Ferientag macht H. einen Corona-Test. Es folgt der Schock: positiv! Und das, obwohl Sandra H. geimpft ist. «Das Hotel hat mich ins Spital geschickt, angeblich nur zur Kontrolle», erzählt Sandra H. Sie ist komplett symptomfrei. «Aus der Kontrolle wurden sieben Tage im Spital!»
Überwachungskamera im Spitalzimmer
Die junge Zugerin kommt in ein Zimmer mit einer Reisenden aus Malaysia und mit einer Russin. «Bei uns sind Gefängnisse besser eingerichtet als das Spital dort», empört sich Sandra H. «Wir hatten nicht einmal WC-Papier!» Erst, als eine thailändische Freundin von Sandra H. beim Spital Druck macht, wird den Frauen WC-Papier ins Isolationszimmer gebracht.
Obwohl H. einen symptomlosen Verlauf hat, wollen ihr die Thai-Ärzte offenbar Medikamente verabreichen. «Das habe ich verweigert.» Das Spital tischt Sandra H. und ihren Leidensgenossinnen zwar drei Mahlzeiten täglich auf. «Aber die Hälfte davon war nicht essbar», sagt H. und schickt Blick zum Beweis Bilder und Videos. Sie habe während der siebentägigen Zwangsquarantäne im Thai-Spital drei Kilogramm abgenommen.
Noch schlimmer ist für die junge Frau aber die psychische Belastung. «Im Zimmer hing eine Überwachungskamera, wir wurden 24 Stunden am Tag beobachtet. Umgezogen habe ich mich nur im Bad.» Nach sieben Tagen ist die Tortur überstanden. Sandra H. bucht einen neuen Rückflug. Kostenpunkt: 500 Franken. Hinzu kommt die Spitalrechnung. Gesamthaft sitzt Sandra H. auf Zusatzkosten von 2500 Franken. «Meine Krankenkasse bezahlt mir nichts für den Spitalaufenthalt, weil ich keine Symptome hatte!»
«Mir war vögeliwohl»
Remo Filippini hat etwas mehr Glück. Der Rentner reist seit Jahrzehnten regelmässig nach Thailand, hat früher sogar selber dort gewohnt, spricht Thai. Für seinen Spiessrutenlauf im thailändischen Quarantänesystem ein entscheidender Vorteil. Mitte Dezember reist er für vier Wochen in seine einstige Wahlheimat, besucht Freunde in Pattaya.
Am Tag vor der Rückreise dann auch bei ihm der Schock: der PCR-Test fällt positiv aus! Genau wie Sandra H. hat Remo Filippini keine Symptome. «Mir war vögeliwohl», erzählt der Zürcher im Gespräch mit Blick. Sein Glück: Das Spital in Pattaya ist voll, er wird für die Quarantäne ins Hotel geschickt.
«Es hiess, ich dürfte das Hotel nicht verlassen. Aber ich musste ja essen und trinken!» In Filippinis Hotel gibt es kein Restaurant, also besorgt er sich jeden Tag draussen etwas zu essen. Kontrollen über die Einhaltung seiner Quarantäne? Fehlanzeige. Ein herber Kontrast zu Sandra H., die beinahe zeitgleich in Phuket im Spital in der Knallhart-Isolation steckt!
Selbsttests waren negativ
Filippini ist als 74-Jähriger Risikopatient. Er ist dreifach geimpft, macht zur Sicherheit in den Thailand-Ferien jeden zweiten Tag einen Selbsttest. «Sie waren alle negativ», erzählt der Rentner. Seine Vermutung: Sein PCR-Test sei manipuliert worden! «Farangs» (thailändisch für weisse Ausländer) würden mit der Quarantäne abgezockt, so der Vorwurf. Auch Sandra H. zweifelt, ob sie tatsächlich jemals an Corona gelitten hat. In Thailand kursieren seit Längerem Gerüchte, dass Tests von Touristen absichtlich positiv ausfallen. Beweise dafür gibt es keine.
Filippini bleibt 14 Tage länger in Thailand als geplant. Das kostet ihn zwar deutlich weniger als seine Leidensgenossin Sandra H., weil er in einem günstigen Hotel untergebracht ist statt im Spital. Dafür hat er ein anderes Problem: «Ich habe mein Visum überzogen!» Um nicht in Schwierigkeiten zu kommen, muss Filippini den Zollbehörden 200 Franken Aufpreis bezahlen.
Er sei aber noch glimpflich davongekommen, findet Filippini. «Ich bin ja Rentner, muss nicht zur Arbeit. Da ist es egal, wenn ich zwei Wochen länger in Thailand bleibe.» Auch seine Thailändisch-Kenntnisse hätten ihm geholfen, so der Zürcher. «Aber wenn jemand zum ersten Mal dort ist? Der ist ja total hilflos!» Sandra H. pflichtet ihm bei: «Ich kann niemandem empfehlen, nach Thailand zu fliegen.»
*Name geändert