Rigorose Quarantäneregeln können Traumferien zum Trauma machen
Warnung vor Thailand-Reisen!

Thailand will wieder mehr Touristen begrüssen. Doch das Land verfügt über eine rigide Quarantänepolitik. Einmal in den Mühlen des Systems, kann die Traumreise zum Trauma werden. Touristen werden vor Thailand-Ferien gewarnt. Die Schweizer Botschaft nimmt Stellung.
Publiziert: 12.02.2022 um 19:25 Uhr
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Aktualisiert: 13.02.2022 um 09:30 Uhr
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Empfang von Touristen an Bangkoks internationalem Suvarnabhumi-Flughafen: Personal in Schutzanzügen begleitet die Ankommenden in die obligatorische Quarantäne.
Foto: AFP
Daniel Kestenholz, Bangkok

Europa öffnet sich langsam. Die Covid-Pandemie scheint abzuklingen. In Asien, insbesondere in der bei Schweizern beliebten Feriendestination Thailand, herrschen weiterhin strikte Einreisebedingungen. Nicht nur das: Diplomaten, Ansässige und betroffene Touristen warnen vor Reisen nach Thailand. Es gibt Fälle, da auch gesunde Reisende zur Quarantäne gezwungen werden. Eine solche Zwangsquarantäne kann teuer werden. Traumferien werden zum Trauma.

Seit Anfang Monat können Geimpfte dank dem «Test&Go»-Programm wieder quarantänefrei einreisen. Die meisten Thailand-Besucher berichten von einer reibungslosen Einreise. Man werde zuvorkommend empfangen und alles sei gut organisiert. Doch es gibt Ausnahmen. Helene Budliger Artieda (57), Schweizer Botschafterin in Thailand, weiss von der Problematik, gibt sich aber diplomatisch. «Die Bedingungen in Thailand und auch anderen Länder in der Region sind bezüglich Quarantäne-Vorschriften momentan eine Herausforderung», schreibt sie Blick per E-Mail von einer Arbeitsreise.

Wegen des «Test&Go»-Programm müssen Reisende die erste und fünfte Nacht nach Ankunft auf eigene Rechnung in einem zertifizierten Hotel buchen, mitsamt PCR-Tests. Die zweite bis vierte Nacht kann man nach Wahl frei im Land verbringen, sofern man covidfrei ist. Wobei man dann dem Risiko ausgesetzt ist, sich mit Covid anzustecken und daraufhin in Quarantäne zu müssen.

Gefängnis bei Quarantäneverstoss

Die Thailand-Reise kann zur bösen Überraschung werden, wenn man nach der Ankunft positiv getestet wird. Die Webseite der Schweizer Botschaft warnt dazu klar: «Wer nach bzw. in Thailand reist und positiv auf Covid-19 getestet wird, wird möglicherweise auf eigene Kosten in einem zugelassenen Hotel unter Quarantäne gestellt. Covid-19-Infizierte, die sich weigern, in Quarantäne zu gehen oder sich behandeln zu lassen, können mit bis zu zwei Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von bis zu 40'000 Baht bestraft werden», umgerechnet rund 1100 Franken.

«Patienten mit schweren Symptomen», heisst es weiter, «werden in ein Krankenhaus eingewiesen. Der Entscheid, wer allenfalls in ein Feldkrankenhaus oder ein kommunales Isolierzentrum geschickt wird, obliegt den thailändischen Behörden und Medizinern.»

Statt Traumferien am Strand haben Reisende demnach auch das Risiko einzuplanen, die Ferien in Isolation zu verbringen – 7, 10 oder 14 Tage lang, je nach Ermessen des zugewiesenen Arztes. Und je nach Symptomatik entweder im Spital oder in einem zertifizierten Hotel.

14-Jährige allein «eingesperrt»

Die Quarantänekosten belaufen sich in der Regel auf rund 10'000 Baht pro Tag, umgerechnet knapp 300 Franken. Der Gesamtbetrag gehört im Voraus bezahlt und muss später von der Versicherung zurückgefordert werden – auf die Gefahr hin, dass man die Kosten dennoch selber berappen muss.

Die strikten Thai-Behörden machen keine Ausnahmen. Ein 14-jähriges Mädchen aus Australien, das im Januar mit seiner Familie nach Thailand reiste, machte damit Schlagzeilen in ihrer Heimat. Die Teenagerin wurde zum Ferienbeginn positiv getestet, war aber asymptomatisch, und kam in 10-tägige Zwangsquarantäne. Dort, so erzählte die Mutter der Zeitung «Sydney Morning Herald», habe ihre Tochter eine Lebensmittelvergiftung erlitten, ein Unbekannter habe ihr Alkohol angeboten und ihre psychische Gesundheit habe sich rapide verschlechtert. Jetzt warnt die Familie Touristen vor Reisen nach Thailand. In den ersten zwei Tagen sei das Mädchen einfach eingesperrt worden, ohne ärztliche Tests oder Betreuung. «Es war einfach zu viel Stress für sie», so die Mutter.

Selbst bei negativem Test droht Zwangsquarantäne

Auch wer bei der Ankunft negativ getestet wird und gänzlich asymptomatisch ist, riskiert, in die Mühlen des thailändischen Quarantänesystems zu geraten. Wer zusammen mit einer infizierten Person reist, wird von den Thai-Behörden ebenfalls als Risikoperson eingestuft und muss in Quarantäne. Das gilt auch, wenn man im Flieger in der Nähe einer infizierten Person sass. Die Quarantänekosten von durchschnittlich rund 3000 Franken pro Person gehen voll zu Lasten der «Patienten», auch wenn diese kerngesund sind. Versicherungen wollen für solche Ausgaben grundsätzlich nicht aufkommen.

Für Thailand-Reisende gilt es, das Kleingedruckte der Versicherungspolice zu lesen. In den meisten Fällen deckt die Versicherung Quarantänekosten nur, wenn der Patient infiziert ist, Symptome hat oder in einem Spital behandelt wird. Kosten für Quarantäne-Hotels sind oftmals nicht gedeckt. Unabhängig von Symptomen werden betroffene Reisende dort für die maximale Anzahl von Tagen in Quarantäne gesteckt und zur Vorauszahlung der Rechnung gezwungen.

Zweifel an PCR-Tests

Zudem kursieren auf sozialen Medien und in Onlineforen Zweifel an den amtlichen PCR-Testergebnissen. «Viele Reisende wundern sich, ob die Tests nach denselben Verfahren wie in ihrer Heimat durchgeführt werden», schreibt das in Thailand erscheinende skandinavische Wirtschaftsmagazin «Scandasia». «48 Stunden vor ihrer Abreise wurden sie noch negativ getestet, nach ihrer Ankunft in Thailand plötzlich positiv.»

Eine EU-Diplomatin in Bangkok weiss von Fällen, die auf willkürliche Abzocke-Praxis hinweisen. Im Gespräch mit Blick erzählt sie, wie Touristen nach ihrer Ankunft auf der südlichen Insel Phuket positiv getestet wurden. Umgehend hätten sie Anrufe von Hotels erhalten, die Quarantäne doch bitte bei ihnen zu verbringen. Offenbar waren Handynummern und vertrauliche Daten weitergereicht worden. «Flughafenpersonal und Hotels arbeiten da ganz klar zusammen», so die Diplomatin, die anonym bleiben will.

Bislang rund 100 Schweizer in Quarantäne

Auf der Schweizer Botschaft hat man dagegen nicht den Eindruck, dass das thailändische Covid-Einreisesystem missbraucht wird. «Das Land und die Gesundheitsbehörden setzen alles daran, den Tourismus am Leben zu erhalten», sagt Conradin Rasi, stellvertretender Botschafter der Schweiz in Bangkok. Doch auch er habe Freunde, die infolge der unsicheren Lage noch auf Thailand-Ferien verzichten. Vor der Pandemie reisten jedes Jahr mehr als 200'000 Schweizer ins fernöstliche Königreich, so Rasi zu Blick. «Heute ein Bruchteil davon.»

«Reisende müssen sich bewusst sein», sagt der Vizebotschafter, «wer positiv getestet wird, muss in Isolation.» Bislang seien rund 40 Schweizer in diesem Zusammenhang mit der Botschaft per E-Mail in Kontakt getreten. Inklusive telefonischer Anfragen dürften es laut Rasi rund 100 Schweizer Touristen sein, die nach der Ankunft in Quarantäne mussten. Die Botschaft unterstütze diese im Rahmen ihrer Aufgaben bei Gesprächen mit Ärzten und Behörden. Rasi betont, das thailändische System sei «logisch. Wenn man es konkret durchdenkt, gibt es nicht viel andere Lösungen.»

«Inhaftierung» vermeiden

Inzwischen haben sich in Thailand ansässige Ausländer organisiert, um Touristen zu helfen, die in solche Notlagen geraten. Eine Dänin sagte zu «Scandasia», sie sei zum traurigen Schluss gekommen, dass es am sichersten ist, bis auf Weiteres nicht nach Thailand zu fliegen. Behörden, Hotels und Spitäler würden oftmals in Absprache miteinander handeln. Es gebe auch keinen allgemein akzeptierten Versicherungsstandard, um Reisende ausreichend zu schützen.

Betroffenen sei oftmals schon damit geholfen, so die Dänin, wenn sie von einem teuren Privatspital in ein günstigeres staatliches Spital verlegt werden. Und die Thailand-Residentin hat auch einen Rat an Touristen. Geimpfte Genesene seien im Vorteil. Man solle unbedingt einen PCR-Nachweis und ein Arztzeugnis mitbringen. «Diese Dokumente können helfen, nicht ein weiteres ungerechtes Opfer von Thailands medizinischem Versorgungsprotokoll zu werden.» Wenn man Beweise vorlege, dass ein positiver Test womöglich abgestorbene Zellen einer früheren Infektion anzeige, könne man eine «Inhaftierung» vielleicht vermeiden.

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