Telefonterror-Vermittler erhalten höhere Provision – das treibt Prämie in die Höhe
Krankenkassen erarbeiten heimlich neue Spielregeln

Die Branchenverbände Santésuisse und Curafutura schleusen Neuerungen an der Bevölkerung vorbei. Das Ziel? Noch höhere Provisionen für Vermittler, die die Bevölkerung mit Telefonterror nerven. Das treibt die Prämien für alle in die Höhe.
Publiziert: 01.08.2024 um 11:24 Uhr
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Aktualisiert: 01.08.2024 um 12:21 Uhr
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Die Krankenkassen-Prämien werden immer teurer.
Foto: Getty Images
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Chantal Hebeisen
Beobachter

Wie viel sollen Vermittler beim Abschluss einer Krankenkassen-Zusatzversicherung verdienen? Und was passiert, wenn jemand gegen das Verbot von Kaltakquise verstösst?

Die Branche solle sich zu solchen Fragen selbst Regeln auferlegen, beschloss das Parlament 2014. Und das tut die Branche nun auch – aber ohne, dass die Bevölkerung über die Details informiert wird.

Rückblende: Unerwünschte Werbeanrufe von Versicherungsmaklern ärgern die Bevölkerung Jahr für Jahr im Herbst. Die Provisionen, die Versicherungen den Vermittlern zahlen, treiben die administrativen Kosten der Versicherer in die Höhe – was letztlich auch die Konsumentinnen und Konsumenten zu spüren bekommen. Unter anderem zur Eindämmung dieser Kosten verabschiedete das Parlament 2014 eine Änderung des Bundesgesetzes über Krankenversicherungen.

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Die beiden Krankenkassen-Branchenverbände Santésuisse und Curafutura arbeiteten in der Folge mehrere Jahre an einer Vereinbarung. Diese legte die Regeln für die Versicherungsvermittler fest, definierte eine unabhängige Beschwerdestelle als Aufsichtsorgan und zurrte die Höhe der Provisionen für den Abschluss einer Grundversicherung bei 70 Franken fest. Bei den Zusatzversicherungen betrug das Maximum zwölf Monatsprämien. Die Vereinbarung trat Anfang 2021 in Kraft.

Steigende Provisionen, schwächere Beschwerdemöglichkeiten

So weit, so gut. Doch letzten Herbst änderten Santésuisse und Curafutura die Spielregeln einseitig: Mit einer überarbeiteten Version der Branchenvereinbarung entmachteten sie die unabhängige Beschwerdestelle. Diese solle nur noch eine beratende Funktion innehaben, aber keine Sanktionen bei Verstössen mehr aussprechen dürfen.

Und für die Akquise einer neuen Zusatzversicherung durften die Krankenkassen den Vermittlern eine «wirtschaftliche» Provision zahlen – die Obergrenze für Entschädigungen wurde ersatzlos gestrichen.

Nur ein knappes Jahr später kommt erneut Bewegung in die Sache: In einem kürzlich veröffentlichten Kommentar machte der Schweizerische Versicherungsverband (SVV) publik, dass die beiden Krankenkassenverbände Santésuisse und Curafutura bereits eine neue Branchenvereinbarung ausgearbeitet haben. Und: Die Verbände haben beim Bundesrat bereits im April ein Gesuch gestellt – damit dieser die Regeln für allgemeinverbindlich erklärt. Bewilligt der Bundesrat das Gesuch, so ist die neue Branchenvereinbarung ab diesem Zeitpunkt gültig – ohne dass sich Konsumenten- oder Patientenvertreter dazu äussern können.

Gemäss SVV sieht diese Vereinbarung vor, dass die Vermittler beim Abschluss einer Zusatzversicherung neu bis zu 16 Monatsprämien verdienen. Zudem sollen beim Abschluss einer Grundversicherung nicht nur die externen Vermittler 70 Franken erhalten, sondern auch interne Krankenkassenangestellte.

Genauer Inhalt der Vereinbarung bleibt im Dunkeln

Im Übrigen blieben die Regeln so, wie sie 2021 in Kraft gesetzt wurden, schreibt der SVV. Unklar bleibt hingegen, wie künftig die Aufsicht und Beschwerdemöglichkeit geregelt ist.

Auf Anfrage wollte der Branchenverband Santésuisse stellvertretend für die beiden Verbände dem Beobachter keinen Einblick in die neue Branchenvereinbarung geben.

Auch das BAG hüllt sich in Schweigen

Und auch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) will sich nicht dazu äussern: «Das Gesuch auf Allgemeinverbindlicherklärung ist eingegangen und wird aktuell bearbeitet. Der Bund ist keine Vertragspartei in der Branchenvereinbarung, aus diesem Grund darf er diese nicht veröffentlichen, und wir können zum aktuellen Zeitpunkt nicht auf inhaltliche Fragen eingehen», so eine Sprecherin des BAG.

Der Schweizerische Versicherungsverband sagt auf Anfrage, man könne den publizierten Kommentar nicht negieren – wolle ihn derzeit aber auch nicht weiter kommentieren.

Wann der Bundesrat über das Gesuch entscheiden wird, ist noch nicht klar. Branchenvertreter rechnen damit, dass er sich nach den Sommerferien über das Dossier beugen wird.

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