Sunrise-CEO über den Börsengang seines Unternehmens
«Swisscom schrumpft – das ist Kampfansage genug»

André Krause erklärt, was sich die Nummer zwei der Telekombranche von der Rückkehr an die Börse erhofft, wieso immer mehr Callcenter im Ausland stehen – und was er sich vom Engagement von Roger Federer und Marco Odermatt verspricht.
Publiziert: 18.02.2024 um 09:39 Uhr
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Aktualisiert: 18.02.2024 um 15:02 Uhr
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André Krause (53) arbeitet seit 2011 für Sunrise, bis 2019 als Finanzchef, seit 2020 als CEO. Diese Position konnte der Deutsche auch nach der Zusammenlegung mit UPC behaupten.
Foto: Daniel Winkler/13PHOTO
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Thomas SchlittlerWirtschaftsredaktor

Keine drei Jahre ist es her, dass Sunrise von der Schweizer Börse verschwand. Um das Unternehmen mit UPC zusammenzuführen, liess der amerikanisch-britische Mutterkonzern Liberty Global Sunrise 2021 dekotieren. Jetzt soll die fusionierte Sunrise wieder abgespalten und in die Eigenständigkeit entlassen werden, wie diese Woche bekannt wurde. Im Interview mit Blick sagt Sunrise-CEO André Krause (53), was das für den hiesigen Telekommarkt bedeutet.

Herr Krause, Sunrise geht zurück an die Börse. Weshalb?
André Krause: Es gibt mehrere Gründe. Wir haben die Synergien aus dem Zusammenschluss von Sunrise und UPC mittlerweile umgesetzt und sind bereit, in die nächste Wachstumsphase zu gehen. Unsere Zahlen haben sich im vierten Quartal 2023 sehr positiv entwickelt, und mit dem Ausblick 2024 erwarten wir Wachstum. Zudem sind wir der Meinung, dass die Bewertung von Sunrise innerhalb der Liberty Global deutlich zu tief ist.

Normalerweise dient ein Börsengang dazu, Kapital zu generieren für Investitionen.
Das ist hier anders. Die Kapitalisierung des Unternehmens ist nicht der Grund für den Börsengang. Da es sich nicht um einen klassischen Börsengang handelt, sondern um ein Spin-off, wird kein Cash generiert. Die Liberty-Global-Aktionäre erhalten zusätzlich zu ihren Liberty-Aktien noch Sunrise-Aktien. Wir sind der Überzeugung, dass Sunrise für sich alleine höher bewertet wird, als wenn das Unternehmen Teil des Liberty-Konglomerats bleibt. Das Spin-off sollte einen faireren Wert für die Aktionäre generieren.

Was bringt der Börsengang den Telekomkonsumenten in der Schweiz?
Wir werden unsere Strategie der vergangenen Jahre fortsetzen und wollen den Kundinnen und Kunden ein sehr interessantes Angebot unterbreiten: ein hochqualitatives Netz, innovative Produkte und Preise, die oft günstiger sind als bei der Konkurrenz.

Wie wollen Sie sich von der Konkurrenz abheben?
Eine starke Differenzierung erreichen wir mit Sunrise Moments, wo die Kunden mit Sunrise an Events wie Konzerten und Skirennen Exklusives erleben können, was sie beim normalen Ticketkauf nicht erhalten. Und unsere Markenbotschafter Marco Odermatt und Roger Federer, sie standen in unserer neuen Kampagne erstmals zusammen vor der Kamera. Mit ihren Eigenschaften verkörpern sie Sunrise perfekt. 

Trotz Odermatt und Federer: Swisscom ist noch immer die klare Nummer eins auf dem Schweizer Telekommarkt, beim Mobilfunk mit einem Marktanteil von fast 60 Prozent. Gibt es nun eine neue Dynamik?
Die Marktanteile verschieben sich nicht in grossen Schritten. Das ist gar nicht möglich, weil jedes Jahr immer nur ein kleines Stück des Marktes neu verteilt wird. Von diesem Stück schneiden wir uns aber Jahr für Jahr ein grösseres Stück ab. Wir gewinnen also schon heute Kundenmarktanteile. Da gleichzeitig die Preise unter Druck sind, erzeugen wir damit aber nicht zwingend Umsatzwachstum. Das wollen wir ändern.

Was sind Ihre Ziele bei den Marktanteilen? Ist es realistisch, dass diese in absehbarer Zeit fünf oder gar zehn Prozentpunkte höher sind?
Fünf oder zehn Prozentpunkte mehr wird schwierig. Etwas weniger als ein Prozentpunkt pro Jahr ist eher machbar. Grosse Sprünge sind, wie gesagt, alleine deshalb nicht möglich, weil sich pro Jahr nur etwa 15 Prozent der Kundinnen und Kunden für ein neues Abo entscheiden – und viele davon bleiben beim Anbieter, den sie schon haben. 

Das ist jetzt nicht die grosse Kampfansage an Swisscom.
Na ja, wenn ich mir die Entwicklung der Swisscom in den letzten Jahren anschaue, kann ich nicht erkennen, dass das Unternehmen gewachsen ist. Im Gegenteil, in der Schweiz ist Swisscom geschrumpft – das ist Kampfansage genug. Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg.

Anfang Woche konnten Sie einen Grossauftrag der Migros vermelden. Ist Ihr Potenzial im Firmengeschäft grösser als bei den Privatkunden?
Wir haben heute in fast allen Segmenten um die 30 Prozent Marktanteil. Bei den Geschäftskunden liegen wir etwas darunter, daher gibt es dort noch etwas mehr Potenzial. Der Migros-Deal gibt uns einen Boost, es ist der grösste B2B-Auftrag unserer Geschichte. So etwas ist aber natürlich nicht in jedem Quartal möglich. Mindestens so wichtig ist deshalb, dass uns die Migros ein sehr grosses und wichtiges Projekt anvertraut, nämlich den Anschluss aller Standorte mit Glasfaser sowie einer neuen Technologie namens SD-WAN.

Ein Dauerbrenner bei den Telekomkunden ist der Service. Als ich einem Kollegen erzählte, dass ich ein Interview habe mit dem Sunrise-Chef, meinte er: «Sag ihm, der Kundenservice müsse besser werden.»
Wir fokussieren stark auf den Service und laut unseren Zahlen machen wir erhebliche Fortschritte. Aber wir sind noch nicht so gut, wie wir sein wollen. Das liegt daran, dass wir nach der Corona-Pandemie in unseren Callcentern erhebliche Personalprobleme hatten. Immer weniger Menschen waren bereit, in Callcentern zu arbeiten. Wir hatten eine hohe Fluktuation, worunter zeitweise auch die Qualität gelitten hat. Es gibt noch Fälle, wo es nicht gut läuft. Die gehen wir vertieft an. 

Callcentermitarbeitende werden vermehrt im Ausland stationiert. Das dürfte nicht dazu beitragen, die Qualität zu erhöhen.
Ein Callcenter im Ausland bedeutet nicht unbedingt einen Qualitätsverlust. Voraussetzung ist, dass die Sprachfähigkeiten stimmen. Wir haben da eine hohe Schwelle. Die Mitarbeitenden müssen Sprachtests absolvieren und dem Qualitätsanspruch genügen. Zur Realität gehört aber auch, dass ein Callcenter in der Schweiz nicht nur ökonomisch schwierig ist, sondern auch wegen des verfügbaren Personals. Das ist nicht nur bei uns so.

Eingangs erwähnten Sie die Synergien, die sich aus dem Zusammenschluss mit UPC ergeben haben. In diesem Zusammenhang wurden 2021 600 Stellen gestrichen, in den vergangenen Wochen 200 weitere. Für die Betroffenen ist das brutal. Kehrt nun endlich Ruhe ein?
Ein Stellenabbau ist immer hart. Aber wenn zwei Unternehmen zusammengeführt werden, sind der Abbau von Doppelspurigkeiten sowie der Wegfall von Stellen leider unvermeidbar. Ich bin aber überzeugt, dass wir jetzt gut aufgestellt sind. Für die absehbare Zukunft sind keine grösseren Restrukturierungen geplant. 

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