Sulzer pfeift Mitarbeitende per sofort zurück ins Büro
Halten Grossfirmen in der Schweiz am Homeoffice fest?

Bei Sulzer müssen die Angestellten wieder vom Büro aus arbeiten. Aber wie sieht es bei anderen Schweizern Firmen aus? Kehren auch sie dem Homeoffice den Rücken?
Publiziert: 23.09.2024 um 01:25 Uhr
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Aktualisiert: 23.09.2024 um 11:49 Uhr
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Kein Homeoffice mehr beim Industriekonzern Sulzer.
Foto: Keystone

Auf einen Blick

  • Sulzer pfeift Angestellte zurück ins Büro
  • Blick startet eine grosse Umfrage bei über 20 Unternehmen
  • Im Normalfall sind zwei bis drei Tage Homeoffice möglich
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Homeoffice ist beim Industriekonzern Sulzer per sofort Geschichte. Suzanne Thoma (62), sowohl Geschäftsführerin als Verwaltungsratspräsidentin, pfeift die Mitarbeitenden zurück ins Büro. Das zeigen Recherchen von Blick. Sulzer begründet den Entscheid damit, dass physische Präsenz und persönlicher Austausch vor Ort die Zusammenarbeit stärken würden – was wiederum das Wachstum positiv beeinflusse.

Aber wie sieht es bei anderen Schweizer Firmen aus? Kommt nun die grosse Rückkehr ins Büro? Blick hat bei 27 Grossfirmen in der Schweiz nachgefragt, wovon 21 Rückmeldung gegeben haben.

Es zeigt sich ein klares Bild: Die Firmen halten an Homeoffice fest – und wollen es auch in Zukunft tun. Alle 21 Firmen bieten das Arbeiten von zu Hause aus in irgendeiner Form an.

Besonders auf remotes Arbeiten setzt beispielsweise der Industriekonzern ABB, wo bis zu vier Tage die Woche von zu Hause gearbeitet werden kann. «Für eine grosse Mehrheit unserer Mitarbeitenden in der Schweiz gehört Homeoffice ganz natürlich zum Arbeitsalltag», so ein Sprecher. Es werde von den Mitarbeitenden sehr geschätzt – gar erwartet.

Auch Siemens mit 6000 Angestellten in der Schweiz beweist, dass Industriekonzerne nach wie vor an Homeoffice festhalten – möglich sind zwei bis drei Tage pro Woche. Dasselbe gilt für das Industrieunternehmen Georg Fischer.

Normalfall: zwei bis drei Tage Homeoffice

Bei der Swiss Marketplace Group, zu der Plattformen wie Ricardo oder Tutti gehören, arbeiten 95 Prozent der Angestellten im Homeoffice. Diese dürfen so viel von zu Hause arbeiten, wie sie wollen – im Durchschnitt sind es drei Tage die Woche.

Die Angestellten der SBB dürfen zwei Tage die Woche Homeoffice machen – sofern es der Job zulässt. Dasselbe gilt für Google Schweiz. Zudem dürfen die Google-Mitarbeitenden vier Wochen pro Jahr von einem beliebigen Ort aus arbeiten – sei es am Sandstrand oder im Bergchalet.

Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben

Gemäss Studien steigt die Produktivität beim hybriden Arbeiten: Zu Hause sind Angestellte um bis zu 22 Prozent produktiver als im Büro. Keine langen Pendelzeiten und flexiblere Tageseinteilungen tragen dazu bei, wie eine am Dienstag veröffentlichte Studie des Immobiliendienstleisters CBRE zeigt. Zu ähnlichen Ergebnissen gelangte auch eine Untersuchung der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) im Jahr 2021.

Heike Bruch (57) unterstützt im Gespräch mit Blick die Erkenntnisse dieser Studien. Die Professorin forscht zu modernen Arbeitsformen und Wirtschaftspsychologie an der Uni St. Gallen. In der Unternehmenswelt hätten sich hybride Modelle, bei denen Mitarbeitende zwei bis drei Tage pro Woche von zu Hause aus arbeiten, besonders bewährt. «Solche Modelle fördern das Wohlbefinden, die Leistung, die Gesundheit und die Zufriedenheit. Sie ermöglichen es, Beruf und Privatleben besser in Einklang zu bringen», weiss die Forscherin. Aber: «Diese positiven Effekte hängen stark davon ab, wie das Homeoffice vom jeweiligen Unternehmen gestaltet wird.»

Die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, ist bei Mitarbeitenden stark gefragt. Wo sich 2020 noch 65 Prozent der Arbeitnehmenden mobiles Arbeiten gewünscht haben, sind es gemäss HSG-Professorin Bruch 2023 bereits 87 Prozent.

Somit kann das Angebot von flexiblen Arbeitsformen im Kampf um Arbeitnehmende zum ausschlaggebenden Faktor werden: «Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist die Option, mobil zu arbeiten, ein entscheidender Vorteil für Unternehmen. Wird diese Möglichkeit gestrichen, riskieren sie, für qualifizierte Mitarbeitende unattraktiv zu werden».

Heike Bruch (57) forscht zu modernen Arbeitsformen und Wirtschaftspsychologie an der Uni St. Gallen.
PD (Pressedienst)

Gemäss Studien steigt die Produktivität beim hybriden Arbeiten: Zu Hause sind Angestellte um bis zu 22 Prozent produktiver als im Büro. Keine langen Pendelzeiten und flexiblere Tageseinteilungen tragen dazu bei, wie eine am Dienstag veröffentlichte Studie des Immobiliendienstleisters CBRE zeigt. Zu ähnlichen Ergebnissen gelangte auch eine Untersuchung der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) im Jahr 2021.

Heike Bruch (57) unterstützt im Gespräch mit Blick die Erkenntnisse dieser Studien. Die Professorin forscht zu modernen Arbeitsformen und Wirtschaftspsychologie an der Uni St. Gallen. In der Unternehmenswelt hätten sich hybride Modelle, bei denen Mitarbeitende zwei bis drei Tage pro Woche von zu Hause aus arbeiten, besonders bewährt. «Solche Modelle fördern das Wohlbefinden, die Leistung, die Gesundheit und die Zufriedenheit. Sie ermöglichen es, Beruf und Privatleben besser in Einklang zu bringen», weiss die Forscherin. Aber: «Diese positiven Effekte hängen stark davon ab, wie das Homeoffice vom jeweiligen Unternehmen gestaltet wird.»

Die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, ist bei Mitarbeitenden stark gefragt. Wo sich 2020 noch 65 Prozent der Arbeitnehmenden mobiles Arbeiten gewünscht haben, sind es gemäss HSG-Professorin Bruch 2023 bereits 87 Prozent.

Somit kann das Angebot von flexiblen Arbeitsformen im Kampf um Arbeitnehmende zum ausschlaggebenden Faktor werden: «Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist die Option, mobil zu arbeiten, ein entscheidender Vorteil für Unternehmen. Wird diese Möglichkeit gestrichen, riskieren sie, für qualifizierte Mitarbeitende unattraktiv zu werden».

Bei Swisscom müssen die Angestellten zwei Tage pro Woche im Büro sein – sonst sind sie flexibel. «Dank mobilem Arbeiten und Homeoffice aus der Schweiz können unsere Mitarbeitenden ihr Berufs- und Privatleben noch besser unter einen Hut bringen», so eine Sprecherin. Das ist ein Argument, dass diverse Firmen nennen – und von den Mitarbeitenden sehr geschätzt wird.

Beim Versicherer Helsana dürfen die Angestellten 60 Prozent im Homeoffice bleiben: «Das Arbeiten zu Hause entspricht dem Bedürfnis in unserer heutigen Gesellschaft.» Die Mitarbeiter der Mobiliar müssen 50 Prozent im Büro verbringen – Homeoffice sei ein zentraler Bestandteil der Arbeitskultur. Rückversicherer Swiss Re hält ebenfalls am hybriden Arbeitskonzept fest. So auch Unternehmensberater EY – dort müssen die Angestellten zwei bis drei Tage im Büro oder bei Kunden arbeiten.

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Kommt gut an bei Rekrutierung

Blick hat auch bei einigen Banken nachgefragt: Bei Raiffeisen dürfen die Angestellten bis zu 80 Prozent ortsunabhängig arbeiten, was bei der Rekrutierung gut ankomme. Wer bei der ZKB mindestens 50 Prozent arbeitet, darf jeweils zwei Tage die Woche zu Hause bleiben. Bei der Postfinance gibt es gar keine Obergrenze für das remote Arbeiten – das hybride Modell vereine «das Beste aus beiden Welten». Bei den Angestellten der UBS kommt das hybride Arbeitsmodell ebenfalls «sehr gut» an.

Etwas zurückhaltender zeigen sich die Schweizer Detailhändler. Coop und Migros betonen, dass ein Grossteil der Belegschaft nicht von zu Hause aus arbeiten könne. Trotzdem bieten beide Homeoffice an. So auch der Nahrungsmittelriese Nestlé.

Ähnlich argumentiert die Post: 12'000 der 46'000 Angestellten können grundsätzlich im Homeoffice arbeiten. Genaueres wird im Team bestimmt.

Bei Novartis können Mitarbeitende im Aussendienst oder im Labor nicht von zu Hause aus arbeiten. Für alle anderen gilt: 12 Tage pro Monat müssen sie im Büro sein. Auch Roche setzt auf Vertrauen und Eigenverantwortung. Es wird jedoch erwartet, dass die Angestellten die Mehrheit der Arbeitszeit vor Ort verbringen.

Schindler reduziert

Liftbauer Schindler hat als einziges der befragten Unternehmen Homeoffice reduziert. Früher durften die Angestellten vollumfänglich von zu Hause aus arbeiten – seit Mai ist es noch ein Tag pro Woche, wie das Nachrichtenportal nau.ch schreibt. Als Grund nennt Schindler «Solidarität». Gegenüber Blick hat sich der Liftbauer nicht geäussert.

Im Ausland zeigt sich dagegen ein etwas anderer Trend. Sowohl Amazon, SAP als auch Zoom bieten weniger bis gar kein Homeoffice mehr an.

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