Die gute Nachricht vorneweg: Die gefühlte Inflation ist im August in der Schweiz gegenüber Juli 2022 gesunken. Das zeigt der um dauerhafte Güter und Mieten bereinigte Comparis-Konsumentenpreisindex. Das Problem: Die Energiepreise steigen jedoch weiter und haben sich seit Mai 2000 beinahe verdreifacht.
«Die Schweiz schlägt sich im weltweiten Teuerungssturm vergleichsweise gut. Aber die extremen Preisaufschläge bei der Energie belasten vor allem Geringverdienende und die Mittelschicht», fasst Comparis-Finanzexperte Michael Kuhn (43) die Ergebnisse zusammen.
Denn das Leben wird für viele teurer, vor allem für Güter des täglichen Bedarfs. Laut Comparis sind im August 2022 die Preise für Alltagsgüter in der Schweiz im Vergleich zum Vorjahresmonat um 4,1 Prozent gestiegen. Das ist mehr als der Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) mit einem Plus von 3,5 Prozent. Immerhin: Im Vergleich mit dem Vormonat sind einige Preise gesunken, die Teuerungswelle also in einigen Bereichen vorübergehend gestoppt.
Auch Kaffee hat sich verteuert
Trotz einer leichten durchschnittlichen Vergünstigung der Preise haben sich verschiedene Güter deutlich verteuert: Am stärksten gestiegen sind mit 7,7 Prozent zwischen Juli und August 2022 die Preise für soziale Einrichtungen.
An zweiter Stelle folgen die Preise für Bekleidungszubehör, mit einem Plus von 7,3 Prozent. Auf Platz 3 folgen mit einem Plus von 6,2 Prozent Margarine, Speisefette und -öle. «Steigende Düngerpreise und Ernteausfälle sorgen für eine Verknappung des Angebots und damit höhere Rohstoffpreise», erklärt Kuhn.
Mit einem Plus von 5,7 Prozent spüren Herr und Frau Schweizer ebenfalls deutlich den Preisanstieg beim im Detailhandel gekauften Kaffee. Kuhn: «Der weltweite Kaffeekonsum nimmt zu und gleichzeitig gibt es Einbussen bei der Ernte. Entsprechend steigen die Preise für Kaffee an den Börsen seit fast zwei Jahren.»
Energiepreise schenken ein
Doch das ist alles nichts gegen die Verteuerung der Preise für die Energie zum Heizen (Gas, Heizöl, Brennholz) und Fernwärme. Im Vergleich zum Vorjahresmonat betrug der Preisanstieg hier 62 Prozent und seit Mai 2000 sogar 187 Prozent. «Die Verteuerung der Heizenergie ist brutal und vor allem für Personen mit geringem und mittlerem Einkommen belastend. Eine Trendumkehr ist nicht in Sicht, eher eine weitere Zunahme», dämpft Kuhn die Erwartungen auf ein baldiges Ende der Preissteigerungen.
Die Teuerung trifft verschiedene Einkommensschichten sehr unterschiedlich. So mussten Doppelverdiener-Haushalte ohne Kinder rein rechnerisch, die grössten Einbussen hinnehmen, stecken diese allerdings mit ihrem Verdienst locker weg.
Jeder Franken budgetiert
Das gilt nicht für Geringverdienende: «Im Portemonnaie allerdings spüren die gestiegenen Preise gerade Einelternhaushalte mit Kindern besonders stark, da sie oft über ein kleines Einkommen verfügen», sagt Kuhn. Da nützt wenig, wenn in diese Einkommensklasse die Teuerung im Vergleich mit anderen niedriger ist.
Denn hier ist oft jeder Franken bereits budgetiert, kann vielerorts nicht mehr eingespart werden. Weniger Auto zu fahren zum Beispiel bringt keine Ersparnis, denn manche können sich gar kein Auto leisten. Sie spüren dafür umso mehr, die Teuerung bei den Gütern des täglichen Bedarfs. (koh)