So einige Inhaberinnen und Inhaber kleinerer und mittlerer Unternehmen (KMU) dürften beim Abschluss ihres nächsten Stromvertrags der Schlag treffen: Bei den KMU – Rückgrat des Werkplatzes Schweiz – können die aktuellen Höchsttarife Mehrkosten in Millionenhöhe verursachen.
Betriebe aus der Holzindustrie treffen die künftigen Stromtarife besondres hart, wie Blick erfahren hat. Das Schneiden von hartem Holz und dicken Baumstämmen benötigt jede Menge Power. Die grossen Maschinen sind regelrechte Stromfresser.
Auch die grösste Sägerei der Schweiz, die Schilliger Holz AG, erwartet fürs kommende Jahr einen massiven Sprung der Stromkosten. Die Firma muss ihren Stromvertrag bis Ende Jahr erneuern, wie Finanzchef Roland Germann (60) zu Blick sagt. «Wir warten ab und hoffen, dass der Preis wieder sinkt. Doch das ist aktuell eine ziemliche Lotterie.»
Bis zu 20 Prozent der Produktionskosten
Bereits heute bezahlt Schilliger für den Strom einen Millionenbetrag. «Und im kommenden Jahr dürfte noch mal ein siebenstelliger Betrag hinzukommen», sagt Germann, ohne genaue Zahlen preisgeben zu wollen.
Die Schilliger Holz AG beschäftigt an zwei Standorten in Küssnacht am Rigi SZ und Perlen LU 200 Angestellte. Das Geschäft läuft, auch dank des Booms mehrgeschossiger Gebäude in Holzbauweise, der der Holzindustrie in den vergangenen Jahren Auftrieb gegeben hat. Nun blühen den Betrieben weniger rosige Zeiten: Die Strompreisexplosion wird auch für die Schilliger Holz AG «happig», wie Germann sagt, «existenzielle Sorgen» werde sich die Firma deshalb aber zum Glück nicht machen müssen.
Andere Firmen aus der Holzindustrie dürfte die Energiekrise deutlich mehr treffen. «Der Strompreis kann für die Holzindustrie zur existenziellen Frage werden. Betriebe, die auf dem freien Markt Strom zu den aktuellen Preisen einkaufen müssen, haben effektiv ein Problem», sagt Michael Gautschi (49), Verbandsdirektor der Schweizer Holzindustrie. Bis anhin mache die Energie bei den Betrieben etwa fünf Prozent der Produktionskosten aus. Bei neuen Verträgen werde dieser Anteil auf 15 bis 20 Prozent ansteigen.
«Die Betriebe werden die Aufschläge sicher nicht 1 zu 1 an die Kunden weitergeben können.» Gautschi verweist dabei auf die ausländische Konkurrenz: Wie man hört, diskutiert man in den umliegenden Ländern Massnahmen, um den Strompreis für die Industrie zu deckeln, was zu Wettbewerbsverzerrungen führen kann. «Die hohen Energiekosten müssen somit zum Teil auf den Einkauf von Rohholz umgelegt werden, schätzungsweise um zehn bis 15 Franken pro Kubikmeter», so der Verbandsdirektor.
ARA Thunersee zahlt 3,7 Millionen mehr
Auch den Kläranlagen in der Schweiz heizen die Stromtarife ab kommendem Jahr gewaltig ein. Denn die Prozesse in den Anlagen verbrauchen jede Menge Strom. Damit die Schmutzstoffe abgebaut werden können, muss viel Wärme aufgebaut und Luft eingeblasen werden. Alle Kläranlagen in der Schweiz verbrauchen etwa 450 Gigawattstunden – mit dieser Energiemenge könnten 112'500 Haushalte ein Jahr lang versorgt werden.
Die ARA Thunersee muss gemäss ihres neuen Vertrags ab kommendem Jahr 90 statt 15 Rappen pro Kilowattstunde bezahlen. Grund: Der alte Stromliefervertrag ist abgelaufen, nun muss der Betrieb auf dem freien Markt einkaufen, wie SRF berichtet. Die Stromrechnung beim öffentlichen Dienstleister schiesst damit im nächsten Jahr um 3,7 Millionen Franken in die Höhe! Die Mehrkosten müssen die 37 angeschlossenen Gemeinden berappen.