Was ist der Eigenmietwert?
Der Eigenmietwert entspricht der Miete, die Eigentümer verlangen könnten, wenn sie ihre Immobilie nicht selbst bewohnen würden. Diesen Betrag müssen sie als Einkommen versteuern.
Warum geht es mit der Abschaffung des Eigenmietwerts nicht vorwärts?
Weil sich das Parlament nicht einig ist: Es stehen verschiedene Varianten zur Diskussion. Die bisherigen Beschlüsse der beiden Kammern des Parlaments, also des Nationalrats und des Ständerats, stimmen nicht überein. Darum geht die Vorlage zwischen den beiden Kammern hin und her. Selbst wenn es zu einer Einigung kommt, kann noch das Referendum dagegen ergriffen werden. Dann käme es zu einer Volksabstimmung. Das wird nochmals eine Weile dauern.
Entweder der Eigenmietwert wird abgeschafft oder nicht – was ist daran so kompliziert?
Weil die politischen Meinungen weit auseinandergehen – und weil der Teufel im Detail steckt. Wird der Eigenmietwert abgeschafft, müssten konsequenterweise auch die damit zusammenhängenden Abzüge gestrichen werden. Umstritten ist insbesondere, ob der Schuldzinsabzug gestrichen oder reduziert werden soll. Also die Möglichkeit, die gezahlten Hypothekarzinsen vom Einkommen abzuziehen und damit die Steuerlast zu senken.
Was spricht für die Abschaffung und was dagegen?
Ein zentrales Grundprinzip der Steuergerechtigkeit ist, dass die Steuerlast der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entspricht. Dass also mehr Steuern zahlen muss, wer mehr Geld zur Verfügung hat. Wer Schulden hat, muss diese von seinem Vermögen abziehen können, alles andere wäre ungerecht.
Ob man hingegen auch die Schuldzinsen, also den «Preis» der Schulden, vom steuerbaren Einkommen abziehen darf, ist eine andere Frage. «Steuerlogisch» wäre es, den Abzug dann zuzulassen, wenn man dank den Schulden ein steuerbares Einkommen erzielt: Wer also mit geliehenem Geld eine Immobilie kauft, die Wohnungen vermietet und diese Einnahmen versteuert, soll auch die dafür notwendigen Auslagen abziehen können, darunter eben die Hypothekarzinsen.
Gegen den Schuldzinsabzug spricht, dass dieser dazu einlädt, möglichst hohe Schulden zu machen. Ökonomisch betrachtet wäre es vernünftiger, die Verschuldung möglichst tief zu halten. Im internationalen Vergleich sind Schweizer Haushalte überdurchschnittlich hoch verschuldet, das liegt vorwiegend an den hohen Hypothekarkrediten und daran, dass man diese steuerlich abziehen kann.
Dieser Artikel wurde aus dem Magazin «Beobachter» übernommen. Weitere spannende Artikel finden Sie unter www.beobachter.ch
Dieser Artikel wurde aus dem Magazin «Beobachter» übernommen. Weitere spannende Artikel finden Sie unter www.beobachter.ch
Gibt es noch weitere Streitpunkte?
Ja. Unbestritten ist, dass bei der Abschaffung des Eigenmietwerts auch der Abzug für den Liegenschaftsunterhalt – also etwa Renovationen – abgeschafft werden muss. Offen ist aber, ob es weiterhin zulässig sein soll, energiesparende Investitionen (zum Beispiel eine Fassadendämmung oder eine Wärmepumpe anstelle einer Ölheizung) steuerlich abzuziehen. Hier widersprechen sich die Steuersystematik und der politische Wille, solche Sanierungen zu fördern. Das gilt auch für Umbaukosten bei denkmalgeschützten Häusern: Deren Eigentümer können ja nichts dafür, dass sie höhere Kosten haben wegen der strikten Bauauflagen.
Zur Diskussion steht auch ein Antrag, dass diejenigen, die erstmals Wohneigentum kaufen, befristet einen Sonderabzug bei den Steuern machen können, um damit dem Verfassungsauftrag der Wohneigentumsförderung nachzukommen. Doch auch darüber gehen die politischen Meinungen auseinander.
Warum ist ein Teil der Kantone gegen die Abschaffung des Eigenmietwerts?
Umstritten ist, ob der Eigenmietwert nur für den Hauptwohnsitz abgeschafft werden soll oder auch für Zweitwohnungen. Steuersystematisch ist nur eine generelle Abschaffung logisch. Doch die Bergkantone mit ihren vielen Ferienwohnungen profitieren sehr stark von den Steuereinnahmen aus dem Eigenmietwert und wollen diesen deshalb für Zweitwohnungen beibehalten.
Der Ständerat, in dem die Bergkantone übervertreten sind, hat hier am Donnerstag erneut für diese Variante gestimmt. Weil der Nationalrat bereits mehrmals für die konsequente Variante (kein Eigenmietwert, weder für Erst- noch für Zweitwohnungen) plädierte, gibt es weiterhin eine Differenz, und das Geschäft kommt nicht voran. Jetzt ist wieder der Nationalrat am Zug.
Wenn kein Kompromiss in Sicht ist: Warum lässt man das Vorhaben dann nicht einfach sterben und belässt alles beim Alten?
Weil die Lobby der Hauseigentümer seit Jahren Druck macht. Und weil es vielen Wohnungs- und Hausbesitzenden tatsächlich ungerecht vorkommt, dass sie Steuern auf einem «Einkommen» zahlen müssen, das es real gar nicht gibt.
Wenn er ungerecht ist, warum gibt es dann den Eigenmietwert überhaupt?
Es ist tatsächlich steuersystematisch fragwürdig, ein fiktives Einkommen real zu besteuern. Anderseits schafft der Eigenmietwert eine Art Gleichbehandlung mit Mieterinnen und Mietern: Diese können den Mietzins nicht bei den Steuern abziehen und fahren deshalb schlechter als Wohneigentümerinnen und Wohneigentümer. Der Eigenmietwert schafft hier einen Ausgleich.
Dann könnte man doch einfach einen neuen Abzug für den Mietzins einführen?
Das würde erstens Steuerausfälle in Milliardenhöhe verursachen und würde zweitens neue Probleme und Ungerechtigkeiten schaffen: Kann dann jemand, der allein eine Wohnung für 3000 Franken mietet, den ganzen Betrag abziehen? Ist das nicht ungerecht gegenüber einer vierköpfigen Familie, die mit einer 1500-Franken-Wohnung auskommt?
Also gibt es gar keine Lösung ...
Doch, im Prinzip schon: Wenn nicht nur der Eigenmietwert, sondern auch alle damit zusammenhängenden Abzüge (Liegenschaftsunterhalt und Schuldzinsen) gestrichen würden, wären wohl auch Linke und Mieterverband zähneknirschend einverstanden. Aber die Hauseigentümer wollen möglichst viele Abzüge retten.