Stehen Börsen vor Talfahrt?
Börsenguru erwartet «tiefe Rezession und Kreditkollaps»

Die Börse hat sich von der US-Bankenkrise bereits wieder erholt: Doch das könnte nur ein kurzes Aufbäumen gewesen sein. Mehrere Experten rechnen mit einer grossen Talfahrt.
Publiziert: 12.04.2023 um 10:31 Uhr
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Aktualisiert: 12.04.2023 um 11:10 Uhr
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An den Börsen könnte es in den nächsten Monaten zu einer Talfahrt kommen.
Foto: keystone-sda.ch

Die grosse Verunsicherung bei den Anlegerinnen und Anlegern scheint bereits wieder vorbei zu sein: Die Börsen in den USA, in Europa und der Schweiz haben sich seit Mitte März deutlich erholt. Dieser Höhenflug könnte jedoch von kurzer Dauer sein. Mehrere Experten erwarten in den nächsten Monaten einen deutlichen Absturz an den Börsen.

Chris Harvey, Analyst beim US-Finanzdienstleister Wells Fargo, rechnet in den USA in den nächsten drei bis sechs Monaten mit einer Korrektur von 10 Prozent. Als Gründe nennt er gemäss «Bloomberg» die abflauende Weltwirtschaft, die aggressive Zinspolitik der Notenbanken und Kapitalengpässe. Wegen der US-Bankenkrise vergeben die dortigen Finanzhäuser zurückhaltender Kredite.

Hyperinflation wäre viel «schrecklicher»

Börsenguru Paul Singer (78) beurteilt die derzeitigen Bewertungen an den Börsen als «immer noch sehr hoch». «Es besteht eine erhebliche Rezessionsgefahr. Wir sehen die Möglichkeit einer langen Periode mit niedrigen Renditen bei Finanzanlagen und Immobilien und tiefen Firmengewinnen, höheren Arbeitslosenquoten und viel Inflation in der nächsten Runde», sagt Singer im Interview mit dem «Wall Street Journal».

Singer sieht für die nahe Zukunft schwarz: Die hohe Inflation und die wachsenden Schulden wären nur mit der Inkaufnahme einer «tiefen Rezession und einem Kreditkollaps» in den Griff zu bekommen, sagte er bereits im April 2020 voraus. Das würde auch die Finanzmärkte auf eine tiefe Talfahrt schicken. Der Börsenguru hatte bereits vor der Finanzkrise 2008 vor den Hypothekengeschäften in den USA gewarnt.

Die Alternative zu seiner Prognose wäre deutlich schlimmer, so Singer. «Ein Kreditkollaps, auch wenn er schrecklich wäre, ist für die Gesellschaft nicht annähernd so schrecklich wie eine Hyperinflation.»

Turbulenzen in Aussicht

Singer glaubt auch, dass die Bekämpfung der Inflation noch längere Zeit dauern dürfte: Als die Notenbanken die Inflation in den 1970er-Jahren erfolgreich gesenkt haben, hätten sie viel zu früh geglaubt, das Problem sei vom Tisch. Doch dann kehrte die Inflation mit voller Wucht zurück.

Die Unsicherheiten bleiben gross: Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte seine Wachstumsprognose für das laufende Jahr erst gestern auf 2,8 Prozent nach unten korrigiert. Die Weltwirtschaft habe die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs und der Pandemie langsam überwunden, so der IWF in seinem Bericht. «Unter der Oberfläche jedoch bauen sich Turbulenzen auf, und die Situation ist fragil, wie uns die jüngste Instabilität im Bankensektor vor Augen geführt hat.» (smt)

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