Der Leitzins der Schweizerischen Nationalbank (SNB) lag vor einem Jahr noch bei -0,75 Prozent. Nach sukzessiven Erhöhungen in den letzten Monaten liegt der Leitzins nun aber bei aktuell 1,5 Prozent.
Diese Erhöhungen zielen hauptsächlich auf die Bekämpfung der Inflation. Sie haben aber auch Folgen für den Immobilienmarkt. Die Banken orientieren sich an den Leitzinsen, um die Hypothekarzinsen festzulegen – also die Zinssätze, zu denen sie die für den Kauf einer Immobilie erforderlichen Mittel verleihen. Auch wenn die Zinssätze für Immobilienkredite seit ihrem Höchststand im Jahr 2022 leicht gesunken sind, befinden sie sich immer noch auf einem Niveau, das seit 2011 nicht mehr erreicht wurde.
Kein Rückgang der Immobilienpreise
Normalerweise führen steigende Hypothekarzinsen zu tieferen Preisen auf dem Immobilienmarkt. In der Schweiz ist das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage aber so gross, dass sich dieser Effekt kaum bemerkbar macht. «Wir haben bislang keinen Rückgang der Immobilienpreise festgestellt», sagt Michel Fleury, Ökonom bei Raiffeisen.
Des weiteren führen steigende Zinssätze zu einer Verteuerung der Hypothekendarlehen. Geld ist also immer noch verfügbar, aber die Kredite werden zu höheren Zinsen vergeben: «Hypothekarkredite sind heute etwa doppelt so teuer wie vor einem Jahr, was Immobilienkäufe, die aufgrund des weit unter der Nachfrage liegenden Angebots bereits sehr teuer sind, noch unattraktiver macht», führt Fleury aus.
Trotz der neuerlichen Zinserhöhung im März rechnet Fleury, dass «die bereits sehr hohen Festzinsen von etwa 3 Prozent für eine zehnjährige Hypothek stabil bleiben oder nur leicht steigen». Die Geldkosten dürften aber weiter steigen, wie auch Saron-Hypotheken, die den Geldmarktpreisen folgen.
Verlockende Rendite-Immobilien
Trotzdem ist die Investition in renditeorientierte Immobilien weiterhin beliebt. Also in Wohneigentum, das man nicht selber beansprucht, sondern vermietet. Um den Anstieg der Zinsen zu kompensieren, kann der Eigentümer aktuell die Mieten erhöhen. «Das Mietrecht sieht vor, dass die Mieten der Entwicklung der Hypothekarzinsen folgen», so Fleury. Wenn die Hypothekarzinsen sinken, sollten die Vermieter allerdings auch Mietsenkungen gewähren.
Die zu erwartenden Mieterhöhungen dürften im kommenden Sommer erfolgen: «Die Anpassung des Referenzzinssatzes, der für die Mietpreisänderungen ausschlaggebend ist, hat sich aus technischen Gründen verzögert», so Fleury.
In der Stadt oder auf dem Land kaufen?
Bleibt die Frage, wo man so eine Immobilie kaufen soll. In Randgebieten sind die Immobilienpreise üblicherweise niedriger. Fleury schränkt aber ein: «Das hängt von mehreren Faktoren und dem Risiko ab, das man zu tragen bereit ist. Man darf nicht vergessen, dass der Anstieg der Zinssätze keine Region verschont, da er eine Folge der nationalen Geldpolitik ist, und dass die Immobilienpreise in allen Regionen praktisch nicht reagiert haben.»
Ihm zufolge ist eine Wohnung in einem städtischen Zentrum zwar teurer. Dafür ist die Chance gering, dass sie leer bleibt: «Wenn Sie eine Wohnung in einer Grossstadt kaufen, ist die Rendite tatsächlich niedriger als in ländlicheren Gebieten. Allerdings ist die Nachfrage in sogenannt peri-urbanen Regionen deutlich geringer, während das Risiko, in der Stadt keinen Mieter zu finden, praktisch null ist.»
Achtung: Das Gesetz verlangt beim Immobilienkauf für Renditeobjekte mehr Eigenkapital als für Eigenbedarfs-Objekte. Bei Letzteren müssen die Eigenmittel 20 Prozent des Kaufpreises ausmachen. Im Falle einer Renditeimmobilie benötigt man mindestens 25 Prozent Eigenkapital. Ausserdem müssen diese Mittel «hart» sein, dürfen also nicht aus der zweiten Säule stammen.
Es braucht viel Eigenkapital und Arbeit
Immobilieninvestitionen sind in Bezug auf Wert und Rendite also nach wie vor empfehlenswert, aber es gibt einiges zu bedenken.
«Zum einen braucht man viel Geld», sagt Fleury. Selbst wer eine Immobilie in einer Randregion kaufen möchte, benötigt für eine 100-Quadratmeter-Wohnung wahrscheinlich zwischen 125'000 und 175'000 Franken Eigenkapital. Fleury warnt: «Wer in Immobilien investiert, macht dies meist zu einem zentralen Teil seines Vermögens. Es ist jedoch bekannt, dass die besten Investitionen jene sind, die stark diversifiziert sind.»
Zudem sei das Vermieten einer Immobilie wie ein Teilzeitjob: «Der Eigentümer ist für die Verwaltungsaufgaben und die Instandhaltung verantwortlich. Für Laien können diese Aufgaben sehr zeit- und energieaufwendig sein. Man kann das Ganze natürlich an eine Immobilienverwaltung delegieren, aber das ist in der Regel ziemlich teuer.»
(Autor FR: Julien Crevoisier. Überarbeitung DE: Jean-Claude Raemy. Text entstanden in Zusammenarbeit mit LargeNetwork)