SBB-Chef greift durch
Angestellte machten Homeoffice in exotischen Ländern

Zahlreiche SBB-Angestellte waren im Ausland im Homeoffice. Zum Teil in exotischen Regionen. Bis SBB-Chef Vincent Ducrot ein Machtwort sprechen musste.
Publiziert: 20.08.2021 um 10:42 Uhr
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Aktualisiert: 20.08.2021 um 12:12 Uhr
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Bern Wankdorf: Hauptsitz der SBB.
Foto: PIUS KOLLER

Wladiwostok. Eine russische Hafenstadt am japanischen Meer. Knapp 100 Kilometer von Nordkorea entfernt. Und über Wochen Arbeitsplatz eines SBB-Mitarbeiters. Er sass im Homeoffice, loggte sich regelmässig ins System der Bundesbahn ein, kassierte Schweizer Lohn, sass aber im äussersten Osten Russland. Am anderen Ende der Welt.

Das liess sich SBB-Chef Vincent Ducrot (58) nicht bieten. Im Mai schritten er und die anderen Mitglieder der Geschäftsleitung ein. Seit Anfang Juni ist Homeoffice bei den SBB nur noch innerhalb der Schweizer Grenzen erlaubt. Die SBB bestätigen entsprechende Recherchen der Zeitungen von Tamedia.

Vom Verbot des Homeoffice aus dem Ausland klammerte die Konzernleitung die Grenzgänger aus. Sie dürfen weiterhin von zu Hause aus arbeiten, während höchstens 60 Prozent der Arbeitszeit. Diese Regel gilt auch für alle anderen, bei denen Homeoffice grundsätzlich möglich ist.

Quarantäne als Problem

Offenbar war der Vertreter aus Wladiwostok nur einer unter Hunderten. In einem Spitzentreffen der SBB-Konzernleitung mit den Sozialpartnern im Juni soll Ducrot diese Zahl in den Raum gestellt haben, berichtet ein Vertreter von Transfair. Grenzgänger nicht inbegriffen.

Die SBB dagegen schreiben: «Wir können den Grossteil der Zugriffe auf unsere Informatiksysteme aus dem Ausland erklären.» Der grösste Teil der Zugriffe habe damit zu tun, dass Grenzgängerinnen an ihrem Wohnort im nahen Ausland Homeoffice gemacht hätten.

Eine weitere Erklärung sei, dass ausländische Angestellte ihre Familien in der Heimat besucht hätten und aufgrund von schwierigen Rückreisen oder Quarantänen von dort aus gearbeitet hätten. Nur sehr wenige Personen seien an klassische Ferienorte gereist, um von dort aus zu arbeiten.

Spaltpilz Homeoffice

Rund 10'000 der 33'000 SBB-Angestellten arbeiten in Funktionen, in denen Arbeiten von zu Hause aus überhaupt möglich ist. Der Rest hat keine Wahl: Die Lokführer sind im Zug, die Kontrolleure können sich nicht virtuell zuschalten, die Gleisbauer müssen raus.

Das sorgt denn auch für Unmut bei den Angestellten an der Front. «Während das Basispersonal trotz anfänglich unklarer Ansteckungsgefahr täglich ortsgebunden im Einsatz war, zog sich das Büropersonal in ein sicheres Reduit nach seiner Wahl zurück. Das spaltet die Unternehmung», sagt Hubert Giger, Präsident des Verbands Lokführerverbands, zu Tamedia. (ise)


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