SVP-Bundesrat Albert Rösti (55) hat das Energieministerium übernommen, die AKW-Befürworter spüren Aufwind. Die Volkspartei macht die Versorgungssicherheit zum Wahlkampf-Thema und lanciert das Referendum gegen das Klimagesetz. Ist die Energiewende gescheitert?
Neue Zahlen zur Entwicklung der Erneuerbaren in der Schweiz sprechen dagegen. Sonnenenergie boomt: Die Eidgenossen installierten im 2022 ein zusätzliches Gigawatt Solarkraft. Das entspricht der Leistung des AKW Gösgen. Im Vergleich zum Vorjahr beträgt die Steigerung der Solarstromproduktion 25 Prozent, wie Daten der Website Swiss Energy-Charts zeigen.
Die hiesigen Solaranlagen liefern mittlerweile 6,3 Prozent des Strombedarfs – 3,7 Terawattstunden pro Jahr. «Das ist keine homöopathische Dosis mehr», sagt Energieexperte Thomas Nordmann (70), Herausgeber und Betreiber von Swiss Energy-Charts. Er ist überzeugt: «Ein jährlicher Zubau von zwei Gigawatt ist schon bald realistisch.»
Damit liesse sich die Hälfte der benötigten Energie in der Schweiz produzieren, sagt Noah Heynen (34), CEO der Solarfirma Helion. Bloss: Die Elektrifizierung im Verkehr und beim Heizen treibt den Stromverbrauch nach oben. Geht die Rechnung trotzdem auf? Heynen: «Zwar steigt der Stromverbrauch, aber wir verbrauchen mit E-Autos und Wärmepumpen viermal weniger Energie als mit fossilen Antrieben und Heizungen. Unter dem Strich sparen wir also massiv.»
Und die Verfügbarkeit? Schliesslich scheint die Sonne nur am Tag! Die Lösung liege in den Batterien der E-Autos, sagt Heynen, dessen Solarfirma vom Autohändler Amag übernommen wurde. «Eine solche Batterie kann ein Haus vier Tage lang versorgen.»
Stefan Batzli (56), Geschäftsführer von AEE Suisse, der Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien, bereitet eine Kampagne der Wirtschaft zur Unterstützung des Klimaschutzgesetzes vor. «Wir können die Ziele der Energiewende erreichen, wenn wir den eingeschlagenen Weg konsequent weitergehen», sagt Batzli. «Der neue Rekord beim Solar-Zubau bestätigt das.»