Blick hat in den letzten Wochen mehrfach darüber berichtet, dass die Flugtickets von Swiss-Passagieren ohne deren Wissen annulliert wurden. Was zur Frage führt: Darf eine Fluggesellschaft einfach ein Ticket annullieren?
Es kommt auf den Fall an. Der eine ist, dass die Fluggesellschaft die Beförderung aus technischen, wetterbedingten oder anderen Gründen nicht erbringen kann. Dann muss die Airline möglichst für Ersatz sorgen oder den Flugpreis zurückbezahlen und allenfalls Entschädigung leisten.
Ein Passagiervergehen kann ebenfalls zur Annullierung führen. Dazu gehört ein Verstoss gegen Ticketregeln wie beispielsweise, dass der Passagier alle gebuchten Teilflüge in der vorgegebenen Reihenfolge abfliegen muss. Lässt er den ersten Flug aus, können gemäss den Transportbedingungen der Fluggesellschaft alle weiteren Flüge der Reise storniert werden.
Damit argumentierte Swiss bei der Stornierung des Flugtickets von Blick-Leserreporter Walter Congiu, der der Lufthansa-Tochter hier aber widerspricht.
Schwammige Bestimmungen zur Identitätsprüfung
Schwerig wird es im Fall einer Annullierung durch eine Drittperson. Blick dokumentierte die Fälle von Ex-Radprofi Urs Freuler (60) und Franco Blaser (58), deren Flugtickets ohne ihr Wissen und Zutun annulliert wurden. Prüfte die Swiss nicht ausreichend, ob die annullierende Person dazu berechtigt war?
Laut Reiserechtsanwalt Rolf Metz (69) liegt im Falle einer telefonischen Annullierung die Beweispflicht bei der Airline: Sie muss eine Identitätsprüfung durchgeführt haben, die zweifelsfrei ergibt, dass die Stornierung rechtens war. Doch wie weit soll so eine Identitätsprüfung gehen? «Dazu gibt es meines Wissens keine rechtlichen Bestimmungen», so Metz. Es dürfte aber nicht ausreichen, nur den Namen, Flugnummer und Flugdatum abzufragen.
In einem Gerichtsverfahren sollte der Passagier vorgängig abklären, wie andere Fluggesellschaften dies handhaben, damit er – im vorliegenden Fall der Swiss – Nachlässigkeit vorwerfen kann.
Keine gerichtlichen Präzedenzfälle
Metz weist darauf hin, dass die Transportbedingungen festhalten, dass Passagiere die Personendaten aus dem Ticket schützen müssen. Wer etwa sein Ticket auf Social Media teilt, gibt unberechtigten Dritten Infos weiter und ist dann für den Missbrauch selber Schuld.
Aber wenn dies nicht der Fall ist? «Meines Erachtens müsste die Fluggesellschaft auch Fragen zur Identifizierung stellen, deren Beantwortung sich nicht allein aus den Flugdokumenten ergibt», sagt Metz – nicht im Sinne einer Rechtsberatung, sondern einer unverbindlichen Ansicht.
Erschwerend ist, dass vor Gericht jeder Fall einzeln geprüft würde. Es wäre also möglich, dass in einem Fall der Passagier gewinnt und in einem anderen die Fluggesellschaft. Und wer den Prozess verliert, zahlt alle Kosten. «Da der Streitwert meist tief ist, kommt man wohl auch nicht bis vor Bundesgericht», so Metz. Ihm sei kein solcher Gerichtsfall aus der Schweiz bekannt.
Fazit: Die Fluggesellschaft ist ziemlich auf der sicheren Seite, weil kaum jemand die Rechtsmittel ausschöpfen wird, da der Ausgang mangels Präzedenzfällen völlig unklar ist. Dennoch sucht Urs Freuler weiterhin andere Geschädigte, um möglicherweise geeint gerichtlich vorgehen zu können.