«Financial Times»: «Colm Kelleher ist der wahre Boss»
Die «FT» betrachtet vor allem den Prozess, im Laufe dessen der bisherige CEO Ralph Hamers (57) beim Verwaltungsratspräsidenten Colm Kelleher (65) in Ungnade fiel. Trotz hoher Quartalsgewinne wurde Hamers seine mangelnden Erfahrung in den beiden Hauptgeschäftsfeldern von UBS, dem Investment Banking und dem Wealth Management, angelastet. Dass die UBS bei der Vermögensverwaltung schlechter abschnitt als globale Konkurrenten wie der frühere Kelleher-Arbeitgeber JPMorgan Stanley, sorgte für Unmut. Als die UBS im vergangenen Jahr die geplante Übernahme des US-amerikanischen Robo-Advisors Wealthfront aufgab – ein wichtiges Anliegen von Hamers – war seine Autorität innerhalb der Bank bereits am Wanken. Seine missglückte Pressekonferenz, in welcher Hamers kaum Fragen zu bevorstehenden CS-Integration beantworten konnte, war dann der letzte Sargnagel. Die FT findet, dass Kellehers Worte, wonach Sergio Ermotti (62) eindeutig «das bessere Pferd» sei, Bände sprechen.
Bloomberg: «In Singapur knallen die Korken»
Das Wirtschaftsportal zitiert den früheren, inzwischen verstorbenen UBS-Chef Marcel Ospel, dem nach der UBS-Rettung 2008 ein eiskalter Wind entgegenwehte. Nun herrsche wieder so ein kalter Wind, allerdings für den gesamten Schweizer Finanzplatz. «Für die reiche kleine Schweiz sind die Auswirkungen enorm.» Die berühmte Tradition des Bankgeheimnisses sei bereits ausgehöhlt worden, und sollte die UBS, wie zu Ospels Zeiten, jemals in Schwierigkeiten geraten, könnte die Schweiz die XXL-Bank wohl kaum mehr allein retten. Die UBS sei nicht mehr «too big to fail», sondern «too big to bail» (zu gross für eine Rettung). Die Ernennung Ermottis sei in diesem Zusammenhang ein «politisches Signal», wonach ein Schweizer jetzt retten soll, was zu retten ist. Trotzdem sei der Schaden angerichtet: «In Singapur knallen die Korken», schreibt Bloomberg. Weil vermögende Kunden und Investoren von den Vorgängen in der Schweiz verunsichert sind, wovon andere Finanzplätze profitieren könnten.
Bloomberg stellt auch in den Raum, dass globale Bankenschwergewichte nun vermehrt ein Auge auf die Schweiz als Standort werfen, da es einen Konkurrenten weniger gibt. Innerschweizerisch könnte der Standort Genf von den Problemen in Zürich profitieren. Viele Herausforderungen für Ermotti.
«Wall Street Journal»: Viel Bewunderung
Nebst den üblichen Artikeln zu Ermottis früheren Leistungen und seiner Rolle im aktuellen Banken-Beben publiziert das New Yorker Medien-Schwergewicht noch eine bewundernde Randnotiz. Demnach war Ermotti Vorsitzender einer speziellen Übernahmegesellschaft («special purpose acquisition company», kurz SPAC), deren Aktien den S&P 500 geschlagen haben. Der S&P 500 ist ein Aktienindizes, der die grössten 500 US-Unternehmen umfasst. Ermottis SPAC hatte im Dezember 2021 mit dem italienischen Luxusgüterunternehmen Ermenegildo Zegna Group fusioniert und unter dem Kürzel ZGN seither eine Wertsteigerung von 27 Prozent hingelegt. Im gleichen Zeitraum sank der S&P 500 um etwa 12 Prozent.
«Forbes»: «Der richtige Mann»
Das Wirtschaftsblatt sagt: «Die Mitarbeiter der Credit Suisse müssen die UBS-Kultur übernehmen müssen oder woanders hingehen.» Sergio Ermotti sei der richtige Mann, um den Kulturschock bei der CS durchzuziehen. Er habe schon einmal für Ordnung gesorgt, als er die Kultur der UBS nach ihrem eigenen Zusammenbruch auf die rechte Spur zurückbrachte. Riesige Übernahmen wie im vorliegenden Fall scheitern oft an den unterschiedlichen Kulturen. Deshalb werde Ermottis 100-Tage-Aktionsplan als CEO der beiden Unternehmen höchstwahrscheinlich darin bestehen, die Mitarbeiter der Credit Suisse in die UBS-Kultur einzubinden. Anpassung, nicht Mitgestaltung, so die Losung. Ermottis Plan wurde von Kelleher bereits beschrieben: Die UBS plant, die Investmentbank der Credit Suisse zu verkleinern «und sie an unsere konservative Risikokultur anzupassen».
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Kaum Beachtung in asiatischen Titeln
Interessant: Die grossen Titel am Finanzstandort Singapur – «Singapore Business Review», «Business Times», «Straits Times» – schreiben zur Ernennung von Ermotti nichts oder übernehmen einfach die Agenturmeldungen ohne weitere Einordnung oder Kommentar. Die Meldung, wonach UBS-Topbanker Iqbal Khan ein spezielles Angestellten-Erhaltungsprogramm in Asien lancierte, weil sich auf dortigen Finanzplätzen die Abgänge bei der CS häuften, hat mehr Aufmerksamkeit erhalten.