So heisst schon eine andere Firma
Medienhaus TX Group droht Namensverlust

2020 wurde aus Tamedia die TX Group. Doch diesen Namen hatte sich kurz zuvor jemand anders geschnappt. Der Fall liegt beim Bundesverwaltungsgericht.
Publiziert: 05.09.2021 um 16:00 Uhr
1/5
In der Schweiz gibt es zwei Firmen mit dem Namen TX Group.
Foto: Keystone
Danny Schlumpf

TX Group ist der grösste Medienkonzern der Schweiz. Ihm gehören Flaggschiffe wie «Tages-Anzeiger», «Sonntagszeitung» und «20 Minuten». Seinen Namen trägt das Haus seit Anfang 2020. Damals löste er die Bezeichnung Tamedia ab.

Eigentlich ist daran nichts Ungewöhnliches – gäbe es da nicht eine andere TX Group in Rapperswil SG. Gemäss Handelsregister handelt es sich dabei um eine Gesellschaft zum Vertrieb von Solarfliesen.

Fall vor Bundesverwaltungsgericht

Sie beschert dem Zürcher Pressehaus ein Problem: Zwei Unternehmen mit dem gleichen Namen darf es in der Schweiz aus rechtlichen Gründen nicht geben – und die Rapperswiler Gesellschaft liess sich als Erste unter der Bezeichnung TX Group registrieren. Der Fall liegt beim Bundesverwaltungsgericht. Im schlimmsten Fall droht dem Medienkonzern der Verlust seines Namens.

Die Fronten sind verhärtet. Und das kommt nicht von ungefähr: Die beiden Parteien liegen eigentlich wegen einer ganz anderen Sache über Kreuz – der Namensstreit ist im Grunde nur eine Stellvertreterdebatte. Besitzer der Rapperswiler Gesellschaft ist der Unternehmer Serge Aerne (42). Er hatte 2012 eine Pensionskasse gegründet, in der später ein Millionenloch entstand. Dafür macht Aerne die Schwyzer Kantonalbank verantwortlich, die an der Verwaltung der Pensionskasse beteiligt war. Die Bank wiederum sagt, Aerne trage die Schuld am Skandal.

Verfahren bereits wegen einer anderen Angelegenheit

Anfang November 2019 publizierte die «Sonntagszeitung» einen Artikel, in dem Serge Aerne vorgeworfen wurde, der Pensionskasse mit fragwürdigen Immobiliengeschäften geschadet zu haben. Aerne reichte darauf Klage gegen das Medienhaus ein. Die Sache ist bis heute nicht abgeschlossen. Die TX Group sagt dazu: «Da unser Artikel korrekt und mit Belegen untermauert ist, sind wir zuversichtlich, was den Ausgang des Verfahrens betrifft.»

Ein paar Wochen nach dem Bericht in der «Sonntagszeitung» kündigte Tamedia den Namenswechsel an. Das war Ende November 2019 – doch es zog noch fast ein ganzer Monat ins Land, bis die Unternehmensgruppe am 20. Dezember die Änderung beim Handelsregisteramt des Kantons Zürich zur Eintragung meldete.

Ein Lapsus mit Folgen, denn jetzt gab es bereits eine andere Firma mit diesem Namen: Ein Rapperswiler Anwalt hatte das Versäumnis des Medienkonzerns genutzt, um flugs eine neue Gesellschaft ins Leben zu rufen und seine Firma beim Handelsregisteramt des Kantons St. Gallen unter der Bezeichnung TX Group anzumelden – zwei Tage vor dem Eintrag des Medienkonzerns in Zürich.

TX Group zweimal registriert

Die beiden kantonalen Ämter leiteten die jeweiligen Registrierungen ans Eidgenössische Handelsregisteramt (EHRA) in Bern als oberste Kontrollinstanz weiter – das EHRA liess beide Einträge zu. So kam es, dass am 23. Dezember 2019 die TX Group aus Rapperswil im «Schweizerischen Handelsamtsblatt» erschien und vier Tage später die TX Group aus Zürich – obwohl das Obligationenrecht festhält: Ist die Firma einer Handelsgesellschaft oder Genossenschaft einmal registriert, darf keine weitere mit dem gleichen Namen eingetragen werden. Wie es dazu kommen konnte, bleibt offen. Das EHRA wollte gegenüber SonntagsBlick nicht Stellung nehmen.

Als das Missgeschick beim EHRA passierte, hatte Serge Aerne mit der Rapperswiler Gesellschaft nichts zu tun. Doch Ende 2020 kaufte er die Firma, die offiziell Solarfliesen vertreibt. Eine namhafte Geschäftstätigkeit ist SonntagsBlick bis heute allerdings nicht bekannt. Das Motiv für den Kauf liegt auf der Hand: Aerne wollte der Mediengruppe eins auswischen.

Wer ist im Recht?

Für den Rapperswiler Unternehmer ist klar: Die Zürcher müssen einen neuen Namen suchen. Er hat den Fall vor das Bundesverwaltungsgericht gebracht und verlangt, dass das Eidgenössische Handelsregisteramt die später eingetragene Namensänderung des Medienkonzerns rückgängig macht.

Ist das zulässig? Wegen eines Streits um einen Medienbericht einen Namensstreit vom Zaun zu brechen? Aernes Forderung treffe den richtigen Adressaten, sagt Rechtsanwalt André Schlatter, Experte für Gesellschaftsrecht: «Der Fehler liegt beim Eidgenössischen Handelsregisteramt. Es hätte merken müssen, dass der Name TX Group bereits eingetragen war, als das Zürcher Medienunternehmen diesen Namen registrieren liess.»

Doch was heisst das für das Pressehaus? «Der Zeitpunkt des Eintrags ist entscheidend», sagt Schlatter. «Die Firma, die zuerst eingetragen wird, hat schweizweiten Anspruch auf den Schutz ihres Namens. Im vorliegenden Fall sprechen die Daten der Einträge gegen den Medienkonzern.» Andere Faktoren seien irrelevant: «Die öffentliche Bedeutung oder der Umsatz eines Unternehmens spielen keine Rolle, ebenso wenig das Motiv einer Namenswahl oder vorab getätigte Ankündigungen in der Öffentlichkeit.»

Medienhaus bleibt optimistisch

Das Medienhaus hingegen ist optimistisch: «In dieser Angelegenheit hat das Eidgenössische Handelsregisteramt zu unseren Gunsten entschieden. Wir sind zuversichtlich, dass dieser Entscheid bestätigt wird.» Fakt ist allerdings: Das Amt hat zwei Einträge zugelassen – eben deshalb liegt der Fall nun vor Gericht.

Serge Aerne sagt: «Es ist nicht an mir, den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vorwegzunehmen. Aus meiner Sicht sprechen die Handelsregistereintragungen für sich.» Er wolle kein Geld vom Medienhaus. «Wir erwarten, dass die TX Group AG in Zürich zeitnah eine Namensänderung bekannt gibt. Es geht uns um die problemlose Fortführung der Geschäftstätigkeiten der TX Group in Rapperswil.»

Das Bundesverwaltungsgericht ist sich der delikaten Situation bewusst. Deshalb hat es das Medienhaus zur Stellungnahme bis am nächsten Freitag aufgefordert. Dann muss das Gericht entscheiden.

Klar ist: Es kann nur eine TX Group geben.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.