Chinas Immobilienkrise weitet sich aus. Evergrande droht gerade die Abwicklung, nachdem ein Gläubiger in Hongkong einen Konkursantrag gestellt hat. Der zweigrösste Immobilienkonzern befindet sich seit knapp einem Jahr in der Krise – der Kollaps konnte bislang abgewendet werden. Doch jetzt steckt Evergrande weitere Grössen der Branche an. Das bringt auch die Weltwirtschaft ins Wanken.
Der Immobilienentwickler Shimao kann Kreditzinsen nicht mehr bezahlen. Das Unternehmen aus Shanghai hat Anfang Woche mitgeteilt, dass man die Zahlungen für den Kredit in der Höhe von 1 Milliarde US-Dollar nicht begleichen könne – die Frist ist am Sonntag verstrichen. Es ist der grösste Zahlungsausfall im chinesischen Immobiliensektor in diesem Jahr.
Shimao nannte als Gründe «deutliche Veränderungen im Immobiliensektor in China seit der zweiten Hälfte 2021 und die Folgen von Covid-19». Damit reiht sich Shimao in die Reihe von weiteren chinesischen Immobilienkonzernen ein, die mit Zahlungen in Verzug geraten sind. Neben Evergrande sind auch die Kaisa Group und Sunac China betroffen.
«Es entstehen Ängste»
«Der Entwickler ist auch im Stockwerkeigentum tätig – unter anderem Büros. Gerade da ist die Nachfrage sehr stark eingebrochen», erklärt Ursina Kubli (43), leitende Immobilien-Expertin bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB).
Welche Auswirkungen hat der drohende Immobilien-Kollaps in China für die Schweiz? «Die Meldungen über Evergrande und jetzt auch zu Shimao lösen eine gewisse Nervosität aus – nicht nur in China, sondern auch in anderen Ländern», sagt Kubli. Das werfe auch in der Schweiz Fragen auf. «Es entstehen Ängste. Die Leute lesen von Blasenrisiko und überbewerteten Immobilienmärkten. Das löst vor allem auf emotionaler Ebene etwas aus», sagt Kubli.
In der Schweiz funktioniert der freie Markt gut
Angst haben müssen Schweizer Immobilienbesitzer aber nicht. «In China hat der Staat die Hände mit im Spiel mit Fördermassnahmen», so Kubli. Das sei in der Schweiz anders. «Hier funktioniert der freie Markt sehr gut.» Der Schweizer Immobilienmarkt hätte beispielsweise sehr gut auf die hohen Leerstände der letzten Jahre reagiert. Die Baugesuche brachen um 30 Prozent ein.
«In China kommt die Zero-Covid-Problematik hinzu, die die Bautätigkeit extrem erschwert», so Kubli. «Und in China brach die Nachfrage auch weg, weil die Leute Angst haben, dass die Immobilien nicht fertiggestellt werden. Solche Ängste kennen wir hier in der Schweiz überhaupt nicht.»