Auf einen Blick
Lukas Portmann leidet an fortgeschrittener Demenz. Nach einem Spitalaufenthalt kann er nicht in seine Wohnung zurück. Stattdessen soll es in ein Pflegeheim gehen. Doch beim Eintritt muss er ein Depot von fast 10’000 Franken hinterlegen.
Für die Räumung seiner Wohnung und den Umzug bleibt danach kein Geld mehr übrig. Nur dank der Unterstützung durch die Stiftung SOS Beobachter kann Portmann, der eigentlich anders heisst, den neuen Lebensabschnitt in Angriff nehmen.
Fast alle Heime verlangen 5000 bis 15'000 Franken Depot
Eine ähnliche Erfahrung machte auch Marie Seiler, die ebenfalls anders heisst. Sie musste von einer Alterswohnung in ein Altersheim umziehen. Doch Geld für das Depot war nicht vorhanden. Ausnahmsweise wurde der Heimeintritt gewährt. Das Depot musste jedoch nachgezahlt werden – was nur mithilfe von SOS Beobachter gelang.
Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.
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Mit solchen Hürden sind nicht nur Portmann und Seiler konfrontiert: Fast alle Alters- und Pflegeheime in der Schweiz verlangen eine Depotzahlung, die zwischen 5000 und 15'000 Franken betragen kann.
Vorauszahlung für unbezahlte Rechnungen
Diese Depotzahlungen gibt es seit mindestens 2005 als Empfehlung von Curaviva, dem nationalen Branchenverband der Alters- und Pflegeheime. Sie wurden eingeführt, nachdem sich Institutionen nach Todesfällen mit unbezahlten Rechnungen konfrontiert gesehen hatten. Die Depots sind also keine Mietkautionen, sondern eine Art Vorauszahlung auf Vorrat.
«Die Höhe der Depots ist unterschiedlich», schreibt Curaviva-Mediensprecherin Eva Strebel dem Beobachter. «Sie entspricht aber in der Regel einem Betrag in der Höhe einer Monatsrechnung.» Übersichtszahlen dazu gebe es nicht. Die durchschnittlichen monatlichen Kosten für einen Pflegeplatz belaufen sich laut Curaviva auf 10'293 Franken.
«Kein Problem», findet der Heim-Branchenverband
Für Curaviva stellt die Zahlung der Depots «kein Problem» dar. Man habe in den letzten Jahren keine entsprechenden Anfragen erhalten. «Wenn die eintretende Person die Depotzahlungen aus finanziellen Gründen nicht leisten kann, wird üblicherweise eine individuelle Lösung gefunden», schreibt Eva Strebel.
Anders sieht man das bei SOS Beobachter und anderen Stiftungen wie Pro Senectute, die in solchen Fällen einspringen. Die Schicksale der Betroffenen ähneln sich. Entweder ist beim Heimeintritt bereits kein Erspartes mehr vorhanden, oder sie müssten für das Depot ihr letztes Geld zusammenkratzen. Spätestens dann sind aber die Ersparnisse weg. Was bleibt, ist ein kleines Taschengeld – aber keine Rücklagen.
So ist der Eintritt ins Alters- oder Pflegeheim nicht nur eine grosse Lebensumstellung, sondern auch für viele in der Schweiz mit ernsthaften finanziellen Hürden verbunden. Jede achte Person, die AHV-Rente erhält, bezieht Ergänzungsleistungen – je älter, desto höher der Anteil.
Die ersten Kantone und Städte haben den Handlungsbedarf nun erkannt. So zum Beispiel der Kanton Solothurn. Dort wurde die Erhebung von Depotzahlungen per 1. Januar 2022 verboten. «Die Alters- und Pflegeheime im Kanton Solothurn haben einen Versorgungsauftrag, nach dem auch Personen aufgenommen werden müssen, die nur über knappe finanzielle Mittel verfügen», schreibt die zuständige Leiterin der Gesundheitsversorgung, Amanda Brotschi, dem Beobachter.
Gefahr der Diskriminierung erkannt
2020 analysierte eine Arbeitsgruppe die hohen Gebühren in Solothurner Alters- und Pflegeheimen. Die Eintrittsgebühren dürften «nicht zur Diskriminierung einzelner Bewohnendengruppen führen», steht im Beschluss des Regierungsrats von 2021. «Durch die Verrechnung verschiedener und teilweise hoher zusätzlicher Gebühren besteht dieses Risiko.»
In den Alterszentren der Stadt Winterthur beträgt das Eintrittsdepot zwar weiterhin 7000 Franken. Personen, «die bei Eintritt bereits Ergänzungsleistungen oder Sozialhilfe beziehen oder beantragt haben», müssen es aber nicht bezahlen. Und im Kanton Basel-Stadt kann man beim Amt für Sozialbeiträge einen Antrag auf Kostengutsprache stellen. Nach fast 20 Jahren findet also langsam ein Sinneswandel statt.