Auf einen Blick
Der Ehemann von Franka Lob verstarb an einem Aprilmorgen 2024 in einem Aargauer Altersheim. Lob, die ihren richtigen Namen nicht öffentlich nennen möchte, klingt gefasst, als sie darüber spricht. Der Tod hatte sich angekündigt.
Gänzlich unerwartet dagegen flatterte ein halbes Jahr später eine Rechnung ins Haus: 700 Franken für die Todesbescheinigung. Plus 5 Franken Porto. Rechnungssteller ist die Oseara AG mit Sitz im Kanton Zürich.
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Viel Geld für das Ausfüllen eines vorgedruckten Formulars, findet Franka Lob. Und sie ist nicht die einzige Betroffene.
Föderalismus am Lebensende
Die Todesbescheinigung ist ein Dokument, auf dem ein Arzt oder eine Ärztin den Tod medizinisch bestätigt. Ein wichtiges Papier. Festgehalten wird darauf zum Beispiel, ob der Tod natürlich eintraf. Oder ob es Hinweise auf ein Verbrechen oder einen Suizid gibt. Das Feststellen des Todes durch den Facharzt ist nach Tarmed, dem Tarif für ärztliche Leistungen, geregelt und kann über die Krankenkasse abgegolten werden. 20 Minuten sind dafür reserviert, im Kanton Baselland kostet das 72 Franken. Hinzu kommen Zuschläge für Anfahrt sowie Nacht- oder Wochenenddienste.
Was nicht einheitlich geregelt ist, sind die Kosten für das Ausfüllen der Todesfallbescheinigung. Doch wie ein Kantonsarzt dem Beobachter gegenüber erklärt, geschieht das meistens im Kontext der Leichenschau. Eine Formalität, die kaum mehr als zwei Minuten beansprucht.
Die 81-jährige Franka Lob recherchiert. Sie erfährt, dass das Regionalspital, in dem eine Freundin unlängst verstarb, den Hinterbliebenen für das gleiche Papier 245 Franken in Rechnung stellte. Inklusive Einsargung. Ein Verwandter von Franka Lob starb zu Hause. Die Todesbescheinigung, dort ausgestellt vom Hausarzt, kostete 350 Franken.
Kantonsärzte und ambulante Dienste nennen gegenüber dem Beobachter ähnliche Zahlen. Das bedeutet: Der von Oseara in Rechnung gestellte Betrag ist doppelt so hoch wie üblicherweise veranschlagt.
Die Firma ist ein Internet-Phantom
Warum, das will der Beobachter von der Oseara AG erfahren. Doch das ist gar nicht so einfach.
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Denn obwohl Oseara mit Justiz- und Gesundheitsdepartementen in den Kantonen Zürich und Aargau zusammenarbeitet, gleicht die Aktiengesellschaft im Internet einem Phantom. Eine Homepage mit Telefonnummer und E-Mail-Adresse fehlt, doch alte Zeitungsartikel sind noch vorhanden. Oseara stand in der Vergangenheit mehrfach in der Kritik. Der Dienstleister hatte Ärzte beschäftigt, die nicht über für vereinbarte Aufgaben notwendige Fachärztetitel verfügten. Das war 2018.
Für den Kanton Aargau ist der Dienstleister seit November 2023 im Einsatz, wie aus einer Medienmitteilung hervorgeht. Nach dem Konkurs der mobilen Ärzte übernahm Oseara die ehemaligen amtsärztlichen Tätigkeiten. Dazu gehört die medizinische Betreuung von Häftlingen.
Ausserdem kann Oseara, wenn sie aufgeboten wird, auch Todesfallbescheinigungen ausstellen. Diese rechnet sie selbst gegenüber Angehörigen ab. Und nicht via Kanton.
Kanton verlangt Klärung
Trotzdem hat auch das Departement Gesundheit und Soziales des Kantons Aargau Rückmeldungen von mindestens drei Rechnungsempfängern von Todesbescheinigungen erhalten. Auch sie sollten pauschal 700 Franken bezahlen. Sprecher Michel Hassler sagt: «Wir haben die Oseara AG um Aufklärung über den in Rechnung gestellten Betrag gebeten.»
Die Oseara AG ist durch eine E-Mail-Adresse auf einer der Rechnungen dann doch zu erreichen. Man habe Kenntnis von mehreren Rückmeldungen bezüglich der Rechnungen, schreibt das Unternehmen. Und weiter: «Die Rechnungen werden entsprechend angepasst.»
Zu den Fragen, wie viele Personen solche Rechnungen erhielten, wie der Rechnungsbetrag zustande kommt und ob sämtliche Rechnungsempfängerinnen Anpassungen erhielten, dazu nahm das Unternehmen keine Stellung.
Einige der Angehörigen haben in der Zwischenzeit einen Anruf von Oseara erhalten: Ihre Rechnung über 700 Franken sei nichtig. Eine neue, tiefere sei unterwegs. Frau Lob wartete auf so einen Anruf bis Redaktionsschluss vergebens.