Medikamente mehrfach verrechnet, Kaffeemaschine zwangsvermietet
Schweizer Altersheime sind eine grosse Kostenfalle

Altersheime verrechnen gern Extrakosten. Doch nicht alles ist erlaubt. Wie ein Bewohner Hunderte Franken zurückerhielt.
Publiziert: 14.11.2024 um 11:16 Uhr
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Das Altersheim verlangt eine Zwangsmiete für die Kaffeemaschine.
Foto: Getty Images/Westend61

Auf einen Blick

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Yves Demuth
Beobachter

Bei Paul Flükiger wars die medizinische Hautcreme. «Die Lotion ist mir viermal im Jahr verrechnet worden, aber ich habe nur eine Flasche erhalten.» Lange sei ihm das gar nicht aufgefallen. Doch als er die Rechnungen genau prüfte, bemerkte er mehrere Medikamente, die er gar nie erhalten hatte. 

Als Flükiger reklamierte, musste ihm das Altersheim der Gemeinde Emmen insgesamt Fr. 417.65 zurückzahlen. Das zeigen Rechnungen, die dem Beobachter vorliegen.

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«Die 90-Jährigen können sich nicht wehren»

«Es geht mir nicht nur um mich», sagt Flükiger. Die Lotion hätten alle im Heim erhalten. «Die 90-Jährigen können sich aber gar nicht mehr wehren. Ihre Monatsrechnung kontrolliert wohl niemand.»

Flükiger ist erst 69 und war wegen einer Krankheit vier Jahre lang im Altersheim mit Pflegestufe zwei. Kostenpunkt: 6054 Franken pro Monat. Nun wohnt er wieder eigenständig in einem Studio. 

Heim spricht von «Fehler»

Das Altersheim sagt, ihm sei bei der Verrechnung von Flükigers Medikamenten «ein Fehler unterlaufen». Ist das auch in anderen Fällen passiert? «Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass die Verrechnungen korrekt sind», sagt Heimchefin Nadja Rohrer.

Bei der Betagtenzentren Emmen AG würden alle Rechnungen vor dem Versand zweimalig überprüft.

Flükiger kritisiert auch die Hausordnung des Altersheims. Wegen dieser stritt er sich mit der Heimleitung.

Die Hausordnung schreibt vor, dass Kaffeemaschinen oder Kühlschränke beim Heim gemietet werden müssten. Private Geräte sind nicht erlaubt.

Mietzwang für Nespresso-Maschinen und Kühlschrank

Eine Nespresso-Pixie-Maschine muss für Fr. 5.50 pro Monat gemietet werden, Reinigung und Wartung inklusive. Wer drei Jahre im Heim ist, zahlt somit 198 Franken für die Kaffeemaschine.

Das ist fast das Doppelte des Kaufpreises. Im Onlinehandel kostet diese Maschine 102 Franken.

Heimchefin Nadja Rohrer begründet das Verbot mit dem Gesetz. Das Altersheim sei «verpflichtet, alle elektronischen Geräte regelmässig zu warten».

Das Eidgenössische Starkstrominspektorat schreibt allerdings, man könne «aufgrund der uns bekannten Rechtslage die Gründe für das Verbot von privaten Kühlschränken oder Kaffeemaschinen nicht nachvollziehen».

Paul Flükiger wurde es nach langen Diskussionen denn auch erlaubt, einen privaten Kühlschrank im Zimmer zu haben. Allerdings wurden ihm drei Monate lang fälschlicherweise 7 Franken dafür berechnet – und dann zurückgezahlt.

Altersheim: Kein «bedeutender» Gewinn

Heimchefin Nadja Rohrer hält trotz des Widerspruchs aus Bern am Verbot privater Geräte auf den Zimmern fest. Dadurch könnten Brandgefahren minimiert werden.

Mit der Vermietung der Geräte würden die Emmer Altersheime zudem keinen «bedeutenden» Gewinn erwirtschaften. 

Das wäre auch gar nicht erlaubt. Denn bei einem Zwangsvermietungsregime ist der Preisüberwacher zuständig. Und der kann überhöhte Monopolgewinne verhindern, wie eine Sprecherin bestätigt.

Betroffene könnten sich beim Preisüberwacher beschweren. Zuerst solle man sich jedoch an die zuständige Ombudsstelle für das Alter wenden. 

750’000 Franken Gewinnausschüttung an Gemeinde

Den Betagtenzentren Emmen geht es finanziell gut. Im letzten Jahr machten sie einen Gewinn von 1,1 Millionen Franken. Davon schütteten sie 750’000 Franken als Dividenden an die Gemeinde aus.

Den Vorwurf, dass Emmen die Alten in den Heimen übermässig schröpfen würde, weist Heimchefin Nadja Rohrer zurück. Die Pflege- und Aufenthaltstaxen seien so hoch wie der Durchschnitt in den Agglomerationsgemeinden des Kantons Luzern.

Die Kosten- und Leistungsrechnung würde jährlich vom Kanton und der Revisionsstelle geprüft. 

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