Jede vierte Bestellung im Schweizer Onlineshop Clomes geht über Facebook oder Instagram ein – mindestens. «Ganz genau können wir das nicht tracken», sagt Dominic Dieckow (37). Er ist Mitgründer und Geschäftsführer des Shops für nachhaltigen Schmuck und Mode. Falls Meta-Chef Mark Zuckerberg (37) Ernst macht und Facebook und Instagram in Europa tatsächlich einstellt, wäre das für Dieckows Onlineshop «einschneidend».
Drauf ankommen lassen will er es nicht. «Neben Facebook und Instagram sind wir auch auf Pinterest sehr aktiv, das wird für die Werbung immer attraktiver», erzählt Dieckow. Dabei handelt es sich um eine Online-Pinnwand für Bilder und Grafiken. Mit über 400 Millionen Nutzern gehört Pinterest neben Facebook und Instagram zu den grössten Social-Media-Netzwerken der Welt. Die Clomes-Zielgruppe: Frauen zwischen 25 und 35. Genau diese Altersgruppe ist auf Facebook, Instagram und Pinterest besonders präsent. Auch die Videoplattform Tiktok, beliebt besonders bei Teenagern, schaut sich Dieckow momentan genau an. «Dort sind die Kunden von morgen.»
Shutdown trifft vor allem die Kleinen
Das nachhaltige Schweizer Modelabel Nikin ist ihm da schon einen Schritt voraus. «Vier Prozent unserer Kunden kommen schon heute via Tiktok rein», erzählt Nikin-Mitgründer Nicholas Hänny (30) im Gespräch mit Blick. Nikin hat als eine der ersten Firmen in der Schweiz einen Vollzeit-Tiktoker angestellt. «60 bis 80 Prozent unseres Werbebudgets gehen für Social Media drauf», rechnet Hänny vor. Entsprechend empfindlich würde ihn ein Facebook-Shutdown treffen.
Hänny bleibt trotzdem entspannt: «Kurzfristig wäre das für uns eine Riesenumstellung. Mittel- bis langfristig aber sogar eine Chance.» Denn sollte es tatsächlich zum Shutdown kommen, würden bald andere Plattformen in die Lücke springen. «Social Media hat eine kurze Halbwertszeit, die Plattformen kommen und gehen», sagt Hänny. Firmen wie Clomes und Nikin, die schon heute erfolgreich auf Social Media unterwegs sind, wüssten auch neue Plattformen am schnellsten wieder gewinnbringend zu nutzen.
Kleine Firmen wie sie wären von einem Facebook-Shutdown aber auch besonders betroffen. Die Werbebudgets der Grossen reichen auch für einen teureren Werbespot am Fernsehen oder auf anderen Kanälen. Davon können Kleine nur träumen. «Facebook ist eine Chance, mit kleinem Werbebudget das Business aufzubauen. Genau so sind wir innert fünf Jahren zu dem geworden, was wir heute sind», erzählt Hänny.
Generation Instagram shoppt auch stationär
Dass Zuckerberg den Europäern tatsächlich den Saft abdreht, halten die beiden Jungunternehmer aber nicht für besonders realistisch. «Europa ist für Meta viel zu lukrativ. Sie werden nach anderen Lösungen suchen, statt das einfach hinzuschmeissen», schätzt Clomes-Chef Dieckow. Auch Hänny hält den möglichen Shutdown für eine «leere Drohung».
Trotz Businessmodell Social Media setzen sowohl Clomes als auch Nikin auch auf den stationären Handel. Clomes hat 2020 einen eigenen Laden in der Berner Altstadt eröffnet. «Pünktlich zum ersten Lockdown», meint Dieckow scherzend. Auch Nikin verkauft seine Socken, Pullis und Mützen bei Dutzenden Partnershops in der ganzen Schweiz. Denn selbst die Generation Instagram will nicht nur online shoppen. «Unsere Produkte haben ihren Preis. Umso wichtiger ist es für die Leute, sie anzufassen», sagt Dieckow. Auf Social Media geht das schlecht. Facebook-Shutdown hin oder her.