800 ABB-Mitarbeitende in Shanghai leben und arbeiten aktuell rund um die Uhr auf dem Firmengelände des Schweizer Industriebetriebs. «Closed Loop» heisst der Ansatz: geschlossener Kreislauf. Nur wer sich daran hält, darf trotz Lockdown überhaupt wieder arbeiten.
Auch der Pharmamulti Roche und der Schweizer Messtechnikspezialist Mettler Toledo gehörten zu den ersten Firmen überhaupt, die ihre Tore in Shanghai wieder öffnen durften – unter strengsten Auflagen. Die Firmen geben sich auf Anfrage von Blick zugeknöpft. Wo genau schlafen die Angestellten? Wie sehen die sanitären Einrichtungen aus? Mettler Toledo lässt wiederholte Anfragen von Blick gänzlich unbeantwortet. Bei Roche heisst es lediglich, die Sicherheit der Mitarbeitenden habe «höchste Priorität».
ABB-Mitarbeiter erhalten Zustupf
Etwas auskunftsfreudiger ist immerhin ABB: Dort ist zu erfahren, dass die 800 Mitarbeitenden im Closed Loop «Mahlzeiten, Unterkünfte und Möglichkeiten zur Unterhaltung» hätten. Sie bleiben jeweils für zwei bis drei Wochen auf dem Firmengelände, danach gehts für eine Pause nach Hause. Die Arbeit im Closed Loop sei freiwillig, betont ABB – und wird mit zusätzlichen Vergütungen entlöhnt.
Weniger kritisch ist der Shanghai-Lockdown für Firmen im Dienstleistungssektor – etwa die Finanzbranche. Ihre Angestellten können im Homeoffice arbeiten. Dennoch: Die Null-Covid-Strategie wirbelt auch das Geschäft dieser Unternehmen durcheinander.
Finanzbranche verliert Expats
Und das weit über Shanghai hinaus: In der Finanzmetropole Hongkong etwa hat eine Umfrage der Europäischen Handelskammer ergeben, dass jedes vierte Unternehmen wegen der Covid-Restriktionen wegziehen will. «Die Firmen haben Mühe, internationales Personal zu rekrutieren», sagt Gabriel Mallet, Leiter der Schweizer Handelskammer in Hongkong. Quarantäne und Covid-Restriktionen schrecken die Bewerber ab.
Aus dem Schweizer Bankensektor sind unter anderem Credit Suisse, UBS sowie mehrere Privatbanken, darunter Pictet, stark in Shanghai, Hongkong und Co. vertreten. Dem Vernehmen nach bitten immer mehr Angestellte darum, versetzt zu werden.
Die von Blick angefragten Schweizer Banken wollen diesen Trend nicht bestätigen. Die UBS will überhaupt kein Statement abgeben. Bei der Credit Suisse heisst es nur, man habe in der Asien-Pazifik-Region eine «starke Belegschaft mit stabilen Mitarbeiterzahlen».
Klar ist: Expats sind für die Schweizer Banken in den chinesischen Finanzmetropolen heute sowieso weniger wichtig. Das bestätigt etwa Simon Roth, Sprecher der Privatbank Pictet: «Vor zehn Jahren hat man noch Leute aus der Schweiz dort hingeschickt. Heute findet man auch vor Ort Spezialisten.»