Mitarbeiter der Credit Suisse (CS), die an der Front arbeiten, verbrachten die letzten Tage vor allem mit einem: verunsicherte Kundinnen und Kunden zu beruhigen. Dabei sind sie selber in grösster Sorge. Wie es mit ihren Jobs weitergeht, ist unklar. Blick weiss von Tränen, Fluchwörtern und Abgangsfantasien, die aktuell die Runde machen.
Als gesichert gilt nur: Die neue Super-UBS wird das Investment Banking runterfahren, die Vermögensverwaltung und das Asset Management der übernommenen CS beibehalten. Kein Wunder, belagern CS-Banker in London, New York und Singapur Headhunter mit Hilferufen, wie die Agentur Bloomberg meldet.
Viele CS-Mitarbeitende sehen sich um
«In der Schweiz herrscht bei den Mitarbeitenden viel Sorge, aber keine Panik», sagt Jonas Neff (43) vom Personalberater Biermann Neff in Zürich. Sein Unternehmen steht mit sehr vielen CS-Bankern in Kontakt, «insbesondere seit den letzten 48 Stunden.» Dass bereits in den kommenden Wochen ein Stellenabbau verkündet wird, glaubt Neff nicht.
Der Personalberater weiss aber: Hinter den Kulissen brodelt es gewaltig. Und die Banker nutzen die Zeit jetzt, um ihre Optionen abzuwägen. Sei es mit Headhuntern, im persönlichen Netzwerk oder mittels eigenem Jobscouting auf einschlägigen Portalen.
Hier fischen auch andere Banken – und hoffen auf den grossen Fang. «Die Recruiting-Abteilungen diverser Finanzinstitute bieten jetzt Jobmöglichkeiten proaktiv an – aber nicht in dem Ausmass, wie es Wechselwillige gäbe», sagt Neff.
Jean-Philippe Spinas (54), Direktor bei Kienbaum Executive Search in Zürich, bringt es auf den Punkt: «Die Privat-, Regional- und Kantonalbanken können jetzt Cherrypicking bei der CS und sogar der UBS betreiben.» Denn auch bei der UBS dürfen sich nicht alle in Jobsicherheit wiegen: Das Einverleiben der CS wird einen internen Wettbewerb auslösen, dem auch UBS-Angestellte zum Opfer fallen könnten.
Neff geht davon aus, dass von den rund 38'000 Mitarbeitenden bei CS und UBS in der Schweiz «innert fünf Jahren» noch 25'000 übrig bleiben werden. 13'000 Stellen oder 35 Prozent des Personals weniger!
Der Fachkräftemangel hilft in diesem Fall
«Davon werden aber sehr viele Mitarbeitende sofort vom Markt absorbiert», sagt Spinas von Kienbaum. Laut der Job-Datenbank X28 sind aktuell mehrere Tausend Stellen bei Finanzdienstleistern in der Schweiz ausgeschrieben. «Firmen, die den Fachkräftemangel spüren, bieten neue Möglichkeiten», so Spinas. Dies könnte den Exodus von CS-Mitarbeitern allerdings befeuern.
Gemäss der Personaler-Faustregel «Die Besten gehen zuerst» werden Spezialisten am ehesten abgeworben. «IT-Fachpersonal oder Kundenberater mit grossem Kundenstamm sind sehr begehrt», weiss Spinas. Und: Wer sich weitergebildet hat, Flexibilität und Erfahrung aus mehreren Firmen und Branchen mitbringt, hat es leichter. «Schwierig wird es für solche, die schon lange denselben Job bei der CS ausüben und sich nie weitergebildet haben», sagt Spinas. An einen Kündigungsstopp für über 55-Jährige, wie am Dienstag von Natalia Ferrara (41) vom Bankenpersonalverband gefordert, glauben die Personalprofis nicht.