Sanierung der Grossüberbauung Telli in Aarau
Leben in Lärm und Dreck, jetzt drohen noch Mieterhöhungen

Die Sanierung der Grossüberbauung Telli in Aarau ist abgeschlossen. Nun regt sich Unmut unter Bewohnern, die jahrelang mit der Baustelle gelebt haben. Ein Betroffener berichtet.
Publiziert: 09.07.2023 um 18:18 Uhr
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Aktualisiert: 10.07.2023 um 08:30 Uhr
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Die Sanierung der Grossüberbauung Telli dauerte Jahre.
Foto: Keystone

Drei Jahre Dreck, Baulärm und Umtriebe: Das mussten viele Mieter der Grossüberbauung Telli ertragen, weil Teile ihrer Siedlung umfassend saniert und energetisch auf den neuesten Stand gebracht wurden.

So auch Ralf Hintermeier*, der seit 2012 in den nördlich vom Stadtzentrum Aarau gelegenen Plattenbauten wohnt. Wegen der schieren Grösse der Überbauung war es nicht möglich, die Bewohner auszuquartieren, also lebten viele während Jahren auf einer Baustelle.

Als Hintermeier einzog, war seine Wohnung schon in einem beklagenswerten Zustand: Fenster waren undicht, Türen schlossen nicht richtig, die Lüftung auf dem Dach machte einen Riesenkrach. «Ich bin handwerklich nicht ungeschickt und habe gewisse Dinge selber repariert», erzählt der Techniker.

Untaugliche Ersatzwohnung

Als die Generalsanierung anstand, harrten viele Mieter aus: «Es gab das Versprechen, wer bis zum Ende der Sanierung bleibe, erhalte eine Monatsmiete geschenkt», so Hintermeier.

Auch wenn die Mieten im Vergleich etwa mit grösseren Städten günstig sind, eine Monatsmiete ist für manchen Bewohner der Telli viel Geld.

«Besonders schlimm war der Lärm, als Löcher für erdbebensichere Platten gebohrt wurden», sagt Hintermeier. «Das war fast nicht auszuhalten, zudem war jede Fläche mit Bohrstaub bedeckt.»

Als seine eigene Wohnung für die Erneuerung von Leitungen, Lüftung und Bodenbelag an der Reihe war, bekam Hintermeier eine Ersatzwohnung angeboten: «Diese war dreckig, gerade mit mal einem Bett und einem Sofa möbliert», klagt er. «Zudem lag die Wohnung im 10. Stock und der Lift wurde gerade saniert.»

Flucht auf den Campingplatz

Keine Chance also, einige Einrichtungsgegenstände aus der eigenen Wohnung in die Notbehausung zu bringen. «Bis in die obersten Stockwerke Treppensteigen? Das machen sie, selbst wenn sie fit sind, nur ein- bis zweimal am Tag.»

Also flüchtete Hintermeier für einige Wochen samt Hund ins Hotel oder auf den Campingplatz. «Für diese Zeit möchte ich nun eine Entschädigung von der Vermieterin, der Axa-Versicherung», fordert der frustrierte Mieter.

Da er in der Zwischenzeit innerhalb der Siedlung eine andere, renovierte Wohnung bezogen hat, erfülle er das Kriterium des Ausharrens offenbar nicht. «Ich habe keine Monatsmiete geschenkt bekommen.» Den Lärm und den Dreck musste er trotzdem jahrelang schlucken.

Blick-Leser geht leer aus

Axa schreibt auf Anfrage, man habe über die gesamte Bauzeit «eine sehr positive Resonanz der Mietenden erhalten». Zudem habe die Axa Ersatzwohnungen und Hotels kostenlos zur Verfügung gestellt und «1,5 Monate Mietzinse erlassen».

Davon hat Hintermeier nicht profitiert. Es war eine Kleinigkeit, die für ihn endgültig das Fass zum Überlaufen brachte: «Plötzlich war es nicht mehr möglich, die Miete per Lastschriftverfahren (LSV) zu bezahlen, nur noch via Einzahlungsschein.»

Dazu sagt die zuständige Verwaltung: «Wincasa hat sich in Absprache mit den jeweiligen Eigentümern entschieden, die Bezahlung via LSV nicht mehr anzubieten.» Grund dafür sei die Harmonisierung des Schweizer Zahlungsverkehrs.

Unmut wächst

Dafür hat Hintermeier kein Verständnis: «Jetzt werden Hunderte neue Einzahlungsscheine verschickt, aber Geld für meine Umtriebe gibt es nicht.»

Auch bei einigen anderen Mietern in der Telli wächst der Unmut. In einem internen Mieter-Chat ist zu lesen: «Gibt es Mieter und Mieterinnen, welche sich bezüglich der massiven Mietzinserhöhungen sowie der spärlichen Inkonvenienzentschädigungen im Zusammenhang mit der Renovierung gewehrt haben?» Auch die Angst vor weiteren Mieterhöhungen geht in diesem Chat um – wegen möglicher weiterer Zinserhöhungen der Nationalbank und nicht ausgeschöpfter Mietzins-Erhöhungs-Reserven.

Immerhin: Für Blick-Leser Hintermeier zeichnet sich vielleicht doch noch eine versöhnliche Lösung ab. «Wir werden diesen Fall prüfen», heisst es bei Axa auf Nachfrage von Blick.

*Name geändert

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