Russland vor Staatsbankrott
Was Putin und seinem Land nun droht

Die Ratingagentur Moody's hat einen Zahlungsausfall Russlands festgestellt. Weil es sich nicht um eine Staatspleite im klassischen Sinne handelt, ist die Situation kompliziert.
Publiziert: 28.06.2022 um 18:13 Uhr
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Die Ratingagentur Moody's hat Russlands Zahlungsunfähigkeit bestätigt.
Foto: imago images/Levine-Roberts
Martin Schmidt

Kreml-Chef Wladimir Putin (69) kann die russischen Staatsschulden nicht mehr bezahlen. Russland hätte bis Anfang dieser Woche 100 Millionen Dollar Zinsen auf Staatsanleihen überweisen müssen. Doch die 30-tägige Schonfrist ist verstrichen, wie die US-Ratingagentur Moody's feststellte. Kann ein Staat seine Schulden nicht mehr bezahlen, droht ihm eigentlich der Bankrott.

So weit ist es im Kreml aber noch lange nicht. «Der Zahlungsausfall heisst nicht, dass Russland jetzt der Schnauf ausgeht. Das Land hätte eigentlich mehr als genug Reserven, um zu bezahlen. Das wird jedoch durch die westlichen Sanktionen verhindert», sagt Finanzexpertin Christa Janjic-Marti (52) vom Beratungsunternehmen WPuls. Der Kreml wollte die Sanktionen umgehen und die Zinsen in Rubel bezahlen. Das wurde von den USA und der EU jedoch verhindert.

Neue Kredite werden teurer

Mit dem Zahlungsausfall wird es für Russland in Zukunft teurer, neue Kredite aufzunehmen. «Doch das ist aktuell nur ein theoretisches Problem», sagt Janjic-Marti. Denn Russland ist derzeit nicht auf ausländische Kredite angewiesen.

Die russischen Staatskassen sind prall gefüllt. Die Einnahmen über den Öl- und Gasverkauf sprudeln. Allein der Exportüberschuss ist im ersten Quartal auf rekordhohe 58 Milliarden Dollar hochgeschossen. Dazu bunkert die russische Staatsbank Devisenreserven von knapp 600 Milliarden Dollar. Und auch Russlands Schuldenquote ist mit 20 Prozent deutlich tiefer als in den meisten westlichen Staaten. Entsprechend wurde Russland von den Ratingagenturen bis zum Krieg als sicherer Kreditnehmer beurteilt.

Russland war letztmals 1918 zahlungsunfähig

Die Situation ist für Russland nicht ganz neu: Bereits nach der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim wurde Moskaus Zugang zu Krediten erschwert. «Seither hat Russland die Abhängigkeit von westlichen Krediten massiv abgebaut», sagt Janjic-Marti.

Doch der Krieg in der Ukraine verschlingt Milliarden. «Sollte Russland trotzdem irgendwann frisches Geld benötigen, kann es sich aber auch in Rubel am russischen Finanzmarkt verschulden – das Land braucht den internationalen Kapitalmarkt für die Finanzierung seiner Schulden aktuell gar nicht», so Janjic-Marti.

Russlands letzter Zahlungsausfall auf ausländische Kredite liegt bereits mehr als 100 Jahre zurück. 1918 hatte das Land nach der bolschewistischen Revolution den riesigen Schuldenberg bei internationalen Gläubigern für ungültig erklärt. 1998 erlebte Russland aufgrund einer massiven Wirtschaftskrise im eigenen Land aber tatsächlich einen Staatsbankrott und konnte in Folge Rubel-Staatsanleihen nicht mehr bezahlen. Mit den gegenwärtigen Sanktionen droht Russland erneut in eine grössere Rezession zu fallen.

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