Das Ärztliche Begutachtungsinstitut Basel (ABI) steht seit längerer Zeit in der Kritik. Der Vorwurf: Das Institut ist zu hart, wenn es darum geht, eine IV-Rente zu sprechen. Es soll Expertisen von Gutachtern eigenmächtig abgeändert haben. Zum Schaden von Versicherten.
Der «Kassensturz» hat darüber berichtet. Der «Beobachter». Der BLICK. Andere Medien. Selbst Bundesrat Alain Berset (48) hat sich mit dem Thema beschäftigt, denn das ABI ist eine Marktmacht. Es gab Jahre, da schrieb das Institut mehr als jedes vierte komplexe Gutachten in der Schweiz.
Zahlreiche Anwälte gehen hart ins Gericht mit dem ABI. In einem Fall hat das Begutachtungsinstitut deswegen sogar einen Risikozuschlag verlangt, weil das Gutachten nicht nur umfangreich ausfalle, sondern auch der Anwalt des Versicherten «stark negativ eingestellt» sei. Die Zeitungen von «CH Media» berichten heute über den Fall.
Ein Novum in der Gutachterlandschaft
Ein Risikozuschlag bei einem kritischen Anwalt: Das ist ein Novum in der Gutachterlandschaft. Und es ist gleich doppelt problematisch, wie der Oltner Anwalt Roger Zenari sagt. Einerseits sei es Aufgabe der Anwälte, im Interesse ihrer Mandanten Kritik am Gutachterinstitut oder an Gutachtern zu äussern, wenn diese nicht hinreichend objektiv erscheinen.
«Dies ist Teil der Verfahrensrechte des Versicherten. Hierfür ist eine Gutachterstelle nicht zusätzlich zu entschädigen. Sie hat dadurch ja auch nicht einen grösseren Aufwand», so der Anwalt.
Andererseits, so Zenari, seien solche Aussagen auch für die Objektivität problematisch: «Wenn Animositäten gegenüber einer Kanzlei geäussert werden, kann man sich berechtigterweise fragen, ob nicht die Gutachterstelle befangen ist», so Zenari.
Das Bundesamt für Sozialversicherung hat denn auch eine klare Meinung zum Fall. Risikozuschläge in dieser Form sind unzulässig. Sie widersprechen einer neutralen und unabhängigen Begutachtung.
Das ABI verteidigt sich gegenüber «CH Media». Das Wort «Risikozuschlag» sei eine absolute Ausnahme, sagt Gründer und Geschäftsführer Simon Lauper. Unter Tausenden Mails sei das Wort nur einmal vorgekommen. Er spricht von einer «unbeholfenen» und «nicht korrekten Wortwahl einer administrativen Mitarbeiterin». Zudem könne man Abgeltungsforderungen, begründet mit dem erhöhten Aufwand durch Anwälte, an einer Hand abzuzählen. (ise)