Darum gehts
- Teilzeitarbeit nimmt zu, führt aber zu Vorsorgelücken im Alter
- Experten empfehlen frühzeitige Planung der Altersvorsorge bei Teilzeitarbeit
- 72 Prozent der Teilzeiterwerbstätigen in der Schweiz sind Frauen
Teilzeitarbeit ist in der Schweiz weiter auf dem Vormarsch. Gemäss der jüngsten Arbeitskräfteerhebung des Bundesamtes für Statistik (BfS) ist der Anteil der Teilzeiterwerbstätigen in der Schweiz von einem Viertel zu Beginn der 1990er-Jahre auf aktuell ein Drittel gestiegen. Als Teilzeiterwerbstätige gelten Personen, die weniger als 90 Prozent arbeiten. In der Schweiz sind dies vor allem Frauen. Sie machen 71,8 Prozent oder 1,345 Millionen der insgesamt 1,873 Millionen Teilzeiterwerbstätigen aus. Als Hauptgründe werden die Kinderbetreuung und andere familiäre Verpflichtungen genannt.
Unabhängig vom Geschlecht gilt jedoch: Wer weniger arbeitet, zahlt weniger in die staatliche Vorsorge (1. und 2. Säule) ein und riskiert eine grössere Lücke in der Altersvorsorge. Unter dem Strich heisst das: Für die Zeit nach der Pensionierung bleibt weniger Geld.
Eine Vorsorgelücke besteht, wenn die Differenz zwischen dem finanziellen Bedarf im Ruhestand und dem Einkommen, das aus den gesetzlichen zwei und der freiwilligen dritten Säule einer pensionierten Person zur Verfügung steht. Die Auszahlungen aus den ersten beiden Säulen machen in der Regel 60 bis 75 Prozent des letzten Lohns aus. Pensionäre müssen also entweder ihre Ansprüche bzw. ihre Ausgaben senken oder die Lücke mit privater Vorsorge (Säule 3a/3b) füllen.
Gemäss der jüngsten Vorsorgestudie der UBS ist die effektive Vorsorgelücke ebenfalls wichtig. Die Bank definiert sie als Differenz zwischen den hypothetischen Vorsorgeleistungen aus einer Vollzeitbeschäftigung im angestellten Verhältnis und den tatsächlichen Vorsorgeleistungen aus dem gewählten Teilzeitmodell.
Kremena Bachmann, Professorin für Wealth Management an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW, fasst die Vorsorgesituation in der Schweiz so zusammen: «Die meisten Arbeitnehmer, die selber nicht vorsorgen, haben eine Vorsorgelücke, mit der Teilzeitarbeit vergrössert sie sich halt einfach noch.»
Die Folgen einer Pensumsreduktion werden erst Jahre später für die Menschen spürbar. «Wir treffen heute Entscheidungen für die Zukunft, die wir gar noch nicht abschätzen können», sagt Bachmann. Wer sich etwa für Teilzeitarbeit entscheidet, egal ob freiwillig oder nicht, wisse nur, welche unmittelbaren Verzichte damit verbunden sind, erklärt Bachmann im Gespräch mit cash.ch.
Die langfristigen Konsequenzen, insbesondere worauf man in der Zukunft verzichten müsse, seien jedoch kaum abschätzbar. Bachmann spricht dabei die Gesundheit und die damit verbundenen Kosten an, die in der Regel mit zunehmendem Alter steigen. «Wer jetzt weniger in seine Vorsorge einzahlt, kann das vielleicht noch ändern, indem er oder sie das Arbeitspensum wieder erhöht», sagt Bachmann. Wer jedoch erst nach der Pension merke, dass das Geld knapp werde, hat nur noch eingeschränkte Möglichkeiten, sein Einkommen aus eigener Kraft zu erhöhen, so die Vorsorgeexpertin.
Dieser Artikel wurde erstmals auf «Cash.ch» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.cash.ch.
Dieser Artikel wurde erstmals auf «Cash.ch» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.cash.ch.
Die gute Nachricht: Wer sich um seine Altersvorsorge kümmert – und hier gilt: je früher, desto besser – kann Versorgungslücken minimieren. Denn die fallen bei Teilzeitbeschäftigung stärker ins Gewicht.
1. Säule: Habe ich Beitragslücken?
Die maximale monatliche AHV-Rente beträgt 2520 Franken. Um sie zu erhalten, muss eine Person eine ununterbrochene Beitragsdauer und ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 90'720 Franken erwirtschaften. Teilzeiterwerbstätige erreichen dies kaum und erhalten oft nur die monatliche Minimalrente von 1260 Franken.
Bachmann rät deshalb, auszurechnen, wie viel AHV man mit dem aktuellen Pensum erhalten würde und ob es Beitragslücken gibt – denn wer Beitragslücken hat, dem wird die AHV-Rente für jedes Jahr ohne Beitragszahlung um circa 2,3 Prozent gekürzt. Das entspricht rund einem Viertel der vollen Beitragsdauer. Jede Person muss mindestens 530 Franken pro Jahr einzahlen.
Allfällige Beitragslücken sind auf dem persönlichen Ausweis, den man bei der AHV-Ausgleichskasse bestellen kann, ersichtlich und können bis zu 5 Jahre nachbezahlt werden.
2. Säule: Ist mein Koordinationsabzug dem Teilzeitpensum entsprechend angepasst?
Bei der beruflichen Vorsorge ist es etwas komplizierter. Einerseits muss man jährlich mindestens 22'680 Franken verdienen, damit man an die Pensionskasse des Arbeitgebers angeschlossen ist. Wer mehr verdient, aber unterschiedliche Arbeitgeber hat, kann unter Umständen trotzdem nicht an eine Pensionskasse angeschlossen werden.
Zusätzlich ist der Koordinationsabzug für die Höhe des versicherten Lohns und damit auch für die Leistungen im Alter entscheidend. Zurzeit ist dieser 26'460 Franken.
Der wird wiederum vom Einkommen abgezogen, um den tatsächlich zu versicherten Lohn zu ermitteln. Wer nun Teilzeit arbeitet, sollte prüfen, ob der Arbeitgeber den vollen Koordinationsabzug abzieht oder ob er den reduzierten Beschäftigungsgrad angepasst hat, empfiehlt Bachmann.
Dies gilt auch für Menschen, die mehrere Arbeitgeber in kleineren Teilzeitpensen haben. Je nachdem wird der Koordinationsabzug mehrfach voll abgezogen und das versicherte Einkommen, auf dem Beiträge in die Pensionskasse eingezahlt werden, schmilzt weiter. Weiter rät Bachmann, dass Angestellte, die auf Stundenbasis entlohnt werden, sich darum bemühen, dass sie sich der Pensionskasse des Arbeitgebers anschliessen können.
Für die 2. Säule gilt: Angestellte sollten sich bei der Pensionskasse einen Überblick verschaffen. Auch wenn man die Pensionskasse nicht selbst auswählen kann, «fällt man weicher, wenn man weiss, dass man fällt», sagt Bachmann.
3. Säule - auch tiefe Beiträge helfen
Vorsorgelücken können mit der dritten Säule geschlossen werden. Der jährliche Maximalbetrag beträgt 7258 Franken für Angestellte mit einem AHV-pflichtigen Einkommen. Idealerweise bezahlt man jeweils den Maximalbeitrag ein.
Wem das nicht möglich ist, soll laut Bachmann trotzdem jeden Monat einen kleinen Betrag in die dritte Säule einzahlen und dies gleich investieren. «Man denkt oft, dass Investieren viel Geld braucht, das ist ein Irrtum», sagt Bachmann.
Auch mit kleinen investierten Beiträgen, wie zum Beispiel 100 Franken pro Monat, könne man bis zur Pensionierung weit kommen. Einerseits durch den Zinseszinseffekt, anderseits wegen der marginalen Zinsen auf dem Sparkonto. «Geld nur auf dem Sparkonto zu lassen, ist der sicherste Weg, über die Jahre weniger davon zu haben», sagt Bachmann – auch wenn die aktuellen Turbulenzen an den Finanzmärkten gerade ein anderes Bild abgäben.