Rund 15 Milliarden Franken liegen derzeit – wenig aktiv – in Schweizer Mietzinsdepots herum, rechnet das Zürcher Fintech Evorest vor. Das soll sich nun ändern. Das Geld, das Mieter als Kaution für allfällige Schäden hinterlegen müssen, soll künftig an der Börse investiert werden und so Rendite bringen. Und das in einer einfachen, digitalen Lösung, wie Mitgründer Gianluca Cottiati betont.
Die Idee besticht: Mietzinsdepots werden oft Jahre bis Jahrzehnte lang nicht angetastet und eignen sich somit schulbuchmässig für eine Anlage an der Börse. Und doch scheint bislang keine Bank auf diese Idee gekommen zu sein.
Gegründet wurde Evorest nicht von Bankern, sondern von früheren Unternehmensberatern der Firma BCG. Im Verwaltungsrat mit dabei ist zudem der ehemalige Mobiliar-Chef und heutige Präsident der Luzerner Kantonalbank, Markus Hongler. Sein Engagement sei privat und habe nichts mit der Bank zu tun, betont dieser. Er sei vor allem von der Idee überzeugt. «Das ist eine innovative Lösung, die bisher noch niemand anbietet», sagt Hongler. Er bringe dabei vor allem das nötige regulatorische Wissen ein.
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Auf den ersten Blick ähnelt Evorest vielen Anlage-Fintechs, wie man sie aus dem Bereich der 3a-Konten kennt. Über eine digitale Plattform bestimmt der Mieter oder die Mieterin, wie das Geld angelegt wird: Ob offensiv, defensiv – oder auch gar nicht an der Börse. Die Kontoeröffnung geschehe innert 24 Stunden ganz ohne Papier, sagt Cottiati.
Die Anlagerendite gehört den Mietenden
Für die Mietenden gilt wie bei jedem Börsengeschäft: Sie tragen die Verwaltungskosten, die in der Grössenordnung der 3a-Angebote liegen, sie tragen auch das Anlagerisiko und erhalten die Rendite. Doch damit enden die Gemeinsamkeiten mit normalen Bankdepots auch schon.
Weil es die Vermieter und Vermieterinnen sind, die in der Regel die Banken für ihre Mietzinsdepots aussuchen, richtet sich das Evorest-Angebot in erster Linie an die Liegenschaftsverwaltungen. «Unser Business-Modell ist B2B2C und wir stellen für Vermieter eine Gesamtlösung dar», sagt Cottiati. Mit dem Tool erhalten diese auch gleich eine Live-Übersicht über den Status aller Depots.
Und was passiert, wenn es zu einem Börsencrash kommt? Ist der Sinn der Mietkaution nicht gerade, jederzeit genügend Mittel zur Deckung von Mieterschäden zu haben? Evorest garantiere den Vermietern die ursprüngliche Summe, sagt Cottiati. Sollte es doch einmal knapp werden, werde man das Geld vorschiessen und von den Mietenden zurückfordern. Sprich, sollte wegen eines Börsencrashs die Kaution zu stark geschmolzen sein, um allfällige Mietschäden zu zahlen, muss der Mieter Geld nachschiessen. Dieser Fall sei aber unwahrscheinlich, so Cottiati, da nur gerade in einem Prozent aller Fälle überhaupt die gesamte Kaution zur Begleichung der Schäden verwendet werde.
Die Konten laufen einmal mehr über die Hypothekarbank Lenzburg
Hinter Evorest steht eine altbekannte Bankpartnerin: Die Hypothekarbank Lenzburg (HBL). Sie führt die Konten und wickelt das Wertschriftengeschäft ab. Die «Hypi» hat sich in den vergangenen Jahren als Bank für Fintechs einen Namen gemacht, führt sie auf ihrer Finstar-Plattform doch auch die Konten namhafter Startups wie Neon, Kaspar&, Findependent oder Yokoy.
Evorest ist zudem nicht die erste HBL-Kooperation im Bereich Mietkaution, wie Firmensprecher Marc Fischer erwähnt. Zusammen mit der Immobilienplattform Flatfox habe man bereits 2022 eine digitale Mietkautionslösung lanciert. Seit 2021 gehört Flatfox der Mobiliar-Versicherung, die über den Verlag Ringier indirekt auch an der «Handelszeitung» beteiligt ist.