Auf einen Blick
- Reka plant Investitionen von 100 Millionen Franken in den nächsten fünf Jahren
- Reka will internationales Publikum durch Online-Kampagnen ansprechen
- Kundenansprüche sind gestiegen: Luxus und Abwechslung wichtiger geworden
- CEO sagt trotzdem: «Ferienwoche für vierköpfige Familie ab 700 Franken»
Herr Ludwig, wie wollen Schweizer Familien heute Ferien machen?
Roland Ludwig: Schweizer Familien erwarten einerseits Qualität: eine Ferienwohnung, die sauber ist und regelmässig unterhalten wird, ein Zmorgenbuffet mit Auswahl. Das ist oft die Basis. Andererseits sind sie sehr unternehmungsfreudig: ein Tag wandern, ein Tag biken, dann ein Ausflug in die Stadt. Familien wollen auch bei uns in der Anlage etwas erleben: auf den Spielplatz, ins Hallenbad, am Abend miteinander grillieren.
Abwechslung wurde wichtiger.
Es gibt sie noch, die Familien, die jeden Sommer oder Winter an denselben Ort fahren, die klassischen Reka-Ferien. Aber das Bedürfnis nach Abwechslung ist definitiv gestiegen.
Was muss man heute bieten im Vergleich zu vor 20 Jahren?
Früher war man zufrieden, hatte man eine Ferienwohnung in einer schönen Umgebung. Heute reicht Wandern allein nicht mehr, Familien suchen verschiedene Aktivitäten und Ausflüge. Als Reka arbeiten wir viel intensiver mit den Destinationen und den Tourismusvereinen zusammen.
Zum Beispiel?
Im Feriendorf in Montfaucon im Jura können unsere Gäste beispielsweise ihre eigene Uhr herstellen. Im Jura bieten wir Fabriktouren des typischen Tête-de-Moine-Käses an. In Wildhaus im Toggenburg gastiert in der Hauptsaison ein Zirkus.
Roland Ludwig (49) ist seit Anfang Jahr Chef der Schweizer Reisekasse (Reka). Ludwig ist Quereinsteiger in der Tourismusbranche. Er kommt aus Finanzbranche, die letzten sechs Jahre leitete er in Luxemburg die Advanzia Bank, eine europäische Digitalbank. Er wollte ursprünglich Pilot werden, studierte dann aber an der HSG St. Gallen Betriebswirtschaft. Der 49-Jährige hat zwei Söhne, er lebt mit seiner Familie in Rapperswil-Jona SG.
Roland Ludwig (49) ist seit Anfang Jahr Chef der Schweizer Reisekasse (Reka). Ludwig ist Quereinsteiger in der Tourismusbranche. Er kommt aus Finanzbranche, die letzten sechs Jahre leitete er in Luxemburg die Advanzia Bank, eine europäische Digitalbank. Er wollte ursprünglich Pilot werden, studierte dann aber an der HSG St. Gallen Betriebswirtschaft. Der 49-Jährige hat zwei Söhne, er lebt mit seiner Familie in Rapperswil-Jona SG.
Was bedeutet das für Reka?
Reka hat sich weiterentwickelt. Durch das können wir ganz verschiedene Familien ansprechen. Das ist eines unserer grossen Ziele: Wir wollen Familienferien für alle Bevölkerungsschichten anbieten. Aber weiterhin mit Bewusstsein für jene Familien, die es sich sonst nicht leisten können.
Auch für den Mittelstand also.
In den Feriendörfern, die wir renovieren, versuchen wir, ein breiteres Publikum anzusprechen.
Ein Jacuzzi in der Reka-Ferienwohnung?
Es beginnt mit verschieden grossen Küchen und Bädern. Dazu kommen Zusatzangebote für Eltern wie Massageräume, ein Whirlpool oder eine Weinbar.
Sind Luxus und Wellness wichtiger geworden als früher?
Wir sehen, dass man als Frau gerne Massageangebote bucht oder als Mann ein Velo für die Abendvelotour mietet. Das wurde wichtiger. Auch wird heute kurzfristiger gebucht und für kürzere Aufenthalte. Das klassische Modell der 7-Tage-Ferienwoche gibt es immer weniger. Wir müssen uns da sehr stark diesen neuen Kundenwünschen anpassen.
Was meinen Sie damit?
Heute geht es nicht mehr nur ums Ferienmachen, sondern beginnt schon beim Ferienbuchen. Es gibt ein sehr breites Angebot über Onlineportale, dadurch werden wir stark mit anderen verglichen, was eine Herausforderung ist.
Für eine Ferienwoche findet eine vierköpfige Familie auf Ebookers ein Hotelzimmer mit Strandzugang in Italien ab 640 Franken, auf Airbnb ein Chalet in der Schweiz ab 530 Franken. Reka-Angebote können hier nicht mithalten.
Es muss Gleiches mit Gleichem verglichen werden. In unseren Ferienanlagen gibt es Zusatzangebote, die inklusive sind: den Kinderclub Rekalino beispielsweise. Gleichzeitig haben wir in jeder unserer Ferienanlagen ein Hallenbad. Beides ist im Betrieb nicht günstig, bringt unseren Kunden aber grossen Mehrwert. Zudem sind unsere Preise stabil: Wir erhöhen in der Hauptsaison nicht stark, das macht uns besonders zu diesen Zeiten attraktiv.
Auch Familienhotels in Südtirol oder im Allgäu bieten Pools und kostenlose Kinderbetreuung. Was zahlt eine vierköpfige Schweizer Familie heute für eine Woche Reka-Ferien?
Ich würde sagen, ab 700 Franken kann man sich Reka-Ferien leisten. Damit ist die Grundausstattung gedeckt, nicht aber Reise- und Verpflegungskosten.
Sie sind teurer geworden in den letzten Jahren.
Ja. Die Teuerung ist ein Faktor, aber auch, dass die Erwartungen gestiegen sind. Früher hat man die Bettwäsche noch oft selbst mitgenommen oder den Koffer selbst in die Wohnung getragen. Das ist heute nicht mehr so. Die Küchen sind mit Geschirrspülern ausgestattet, in jedem Feriendorf gibt es einen Aufenthaltsraum und Spielplatz.
Ihr Vorgänger sagte, die Reka geniesse als Schweizer Institution einen hohen Bekanntheitsgrad. Trotzdem werde man als verstaubt wahrgenommen.
Wir werden als Feriendorfanbieter wahrgenommen. Dabei sind wir viel mehr. Wir sind mittlerweile der grösste Familienferienanbieter der Schweiz. In S-chanf im Oberengadin renovieren wir beispielsweise zusammen mit einer Stiftung ein Hotel und werden als eine Art Boutique-Familienhotel wiedereröffnen. Dabei haben wir erkannt, dass viele gar nicht wissen, was wir eigentlich alles anbieten. Das wollen wir ändern.
Sie müssen sich neu positionieren.
Wir wollen das klassische Feriendorf-Image aufbrechen. Das heisst aber nicht, dass wir die Feriendörfer vernachlässigen. An der Lenk bauen wir das ganze Dorf neu, vergrössern und schaffen Zusatzangebote. In Kreuzlingen wollen wir das erste Feriendorf am See und in einer Stadt bauen.
Wie wollen Sie diese hohen Investitionen finanzieren?
Als Genossenschaft sind wir nicht gewinnorientiert. Das, was wir verdienen, reinvestieren wir. Wir wollen über die nächsten fünf Jahre rund 100 Millionen Franken investieren, um unser Angebot zu erneuern und auszubauen.
Das ist viel Geld. Können Sie das aus eigenen Mitteln stemmen?
Wir müssen dazu auch Fremdkapital aufnehmen.
Das ist ein Risiko.
Ja, wir sind aber überzeugt, dass wir mit unserer Strategie erfolgreich sein werden.
Im Boutique-Hotel in S-chanf wollen Sie vermehrt ein internationales Publikum ansprechen. Was meinen Sie damit?
Wir sind in der Hauptsaison fast vollständig ausgebucht und möchten unser Potenzial ausserhalb dieser Zeit nutzen – besonders im September, wenn die Sommerferien in der Schweiz vorbei sind, in südlichen Ländern, den Benelux-Staaten und Deutschland aber noch andauern. Ziel ist es, neue Gäste aus dem näheren Ausland, speziell aus Süddeutschland und umliegenden Ländern, zu gewinnen.
Im Ausland wird kaum jemand von der Schweizer Reisekasse gehört haben.
Wenn wir mit Reka ins Ausland gehen, kennt uns niemand. Daher wollen wir uns dort bewusst als Familienferienanbieter positionieren. Dort sehen wir ganz grosses Potenzial. Die Schweiz kennt man im Ausland eher als Luxusdestination. Wir wollen klarmachen: Es gibt Möglichkeiten, in der Schweiz Familienferien zu machen, zu einem Preis, den sich auch deutsche Mittelstandsfamilien leisten können.
Wie wollen Sie das erreichen?
Wir testen derzeit verschiedene Online-Kampagnen, als Nächstes möchten wir uns zum Beispiel über Newsletter noch aktiver positionieren.
Themenwechsel. Das Resort «Golfo del Sole» in Italien hat das zweite Jahr in Folge Rekord-Einnahmen verbucht. Die inländische Auslastung hingegen stagniert.
Nach der Pandemie ist der Wunsch, wieder ins Ausland zu reisen, stark gestiegen. Unsere Kunden wollen auch im Frühling oder Herbst Ferien am Meer machen können. Mit dem Golfo del Sole können wir zudem Familien mit Kindern bis ins Teenager-Alter ansprechen – in den Feriendörfern geht das weniger. Aufgrund des Erfolgs überlegen wir, ein weiteres Resort im Ausland zu kaufen.
Wo?
Hauptfokus ist Italien und Frankreich, die Schweizer gehen dort sehr gerne in die Ferien. Wir suchen ein Resort mit gutem Gastroangebot, erreichbar mit dem Auto oder dem ÖV, idealerweise in Strandnähe. Wir schauen uns derzeit verschiedene Objekte an.
Sind Sie bereits in Gesprächen?
Wir sind noch nicht in konkreten Verhandlungen.
Wird Reka also mehr und mehr ausländisch?
Die Schweiz bleibt der Kernmarkt, wo wir auch den grössten Teil der Investitionen tätigen. Aber wir wollen auch im Ausland wachsen.
Inwiefern spüren Sie die Teuerung und den Kaufkraftverlust der letzten Jahre?
Vor dem Sommer spürten wir generell eine Zurückhaltung zum Buchen. Gerade bei ausländischen Gästen ist die Zurückhaltung grösser. Sie sind preissensitiver. Und es gibt mehr Kurzfristbucher: Sie buchen erst, wenn sie wissen, wie sich das Wetter entwickelt. Das Wetter ist ein sehr wichtiger Faktor beim Ferienbuchen geworden.
Apropos Wetter: Viele Ihrer Feriendörfer liegen in Lagen, die im Winter nicht oder bald nicht mehr schneesicher sind. Was heisst das für Sie?
In schneesicheren Gebieten wie Zinal im Wallis oder im Engadin wird früher gebucht, in weniger schneesicheren Gebieten ist es umgekehrt. Immer mehr Familien überlegen sich, wie man nebst Skifahren noch Winterferien machen kann. Unser Feriendorf Lugano-Albonago beispielsweise ist kommenden Winter das erste Mal offen. Wir haben bereits eine gute Anzahl Buchungen.