Sonne satt, die Kinder basteln und die Erwachsenen sitzen im Schatten: Der Campingplatz Rausenbach am Greifensee in Maur ZH ist seit Wochen komplett ausgebucht. «Wir konnten einen grossen Teil der Einbussen vom Sommerstart wieder aufholen», so Ralf Steinmann (44) beim Augenschein von Blick. Er betreibt den Platz gemeinsam mit seiner Partnerin. Nur noch 200 Touristenübernachtungen fehlen zum Vorjahresniveau, wie er sagt.
Die Schweizer Campingplätze litten im Mai und Juni unter wochenlangen Regenfällen. Allein die 25 TCS-Campingplätze büssten gegenüber der ersten Jahreshälfte 2023 acht Prozent der Logiernächte ein. Seither sind die Campingplätze zum Bersten voll – schweizweit. In bloss einem Monat konnte der Touring Club Schweiz der Rückstand zum Vorjahr auf 4,8 Prozent senken. Die Hoffnungen sind gross, dass sich das Minus bis Ende Sommer ins Plus dreht.
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Aufholjagd hält an
Auf dem Campingplatz Rausenbauch kurbeln derzeit vor allem die Schweizer Gäste das Geschäft an. Auch Saisonmieterin Irma Portmann (52) aus Ruswil LU geniesst vor ihrem Wohnwagen die Sonne. «Man ist in der Natur, alles ist viel offener und lockerer und man gerät nicht in Versuchung, hier noch Büroarbeiten zu erledigen», sagt sie zum Campinggefühl und lacht.
In der Schifffahrt und bei Ausflug- sowie Bergbahnen sind die Betriebe nach dem nassen Sommerstart ebenfalls auf Aufholjagd, zeigt eine Umfrage von Blick. So erreichten die Arosa Bergbahnen GR in den letzten zwei Wochen Spitzenwerte. «Richtig abgerechnet wird erst am Ende der Sommersaison», gibt sich Geschäftsführer Philipp Holenstein (61) kämpferisch.
Hotellerie auf Rekordkurs
In der sogenannten Parahotellerie läuft das Geschäft generell wie geschmiert. Die Reka-Feriendörfer verdienen mehr Geld als im Vorjahr. Und die Buchungen für den Spätsommer und Herbst seien verheissungsvoll. Die Schweizer Jugendherbergen konnten das Niveau im ersten Halbjahr halten. Und Interhome legt beim Vermietungsgeschäft von Ferienwohnungen gegenüber dem starken letzten Jahr erneut zu, wie es auf Anfrage heisst. Was auffalle: Die persönliche Beratung sei in diesem Jahr extrem gefragt.
Auch in der Schweizer Hotellerie füllen die ausländischen Gäste die Betten. Dank ihnen bewegen sich viele Tourismusbetriebe bei den Übernachtungszahlen erneut auf Rekordkurs.
Amerikanische Gäste entdecken die Schweiz
Die Werbekampagnen im Ausland zeigen Früchte. Das zeigt das Beispiel des Lenkerhofs in Lenk BE. Das 5-Stern-Superior Hotel hat seine Präsenz im Ausland erhöht. «Wir haben eigentlich damit gerechnet, dass der Effekt erst in zwei, drei Jahren spürbar sein wird», sagt Co-Direktor Jan Andreas Stiller (46) zu Blick. «Doch wir konnten bereits in diesem Sommer internationale Gäste dazu gewinnen», ergänzt er. Besonders zugenommen hätte die Zahl der Gäste aus Asien, Amerika und England.
«Gleichzeitig konnten wir das Niveau bei unseren Schweizer Gästen halten», freut sich Stiller. Der Betrieb konnte den ausländischen Gästeanteil mit neu 20 Prozent deutlich erhöhen und liegt dadurch im Sommergeschäft gar über den Erwartungen, so Stiller.
Für das Hotel hat diese Entwicklung einen grossen Vorteil: «Schweizer Gäste buchen viel kurzfristiger oder auch mal gar nicht, wenn das Wetter nicht stimmt. Ausländische Gäste buchen früher, bleiben länger und sind generell weniger wetterabhängig», erklärt Stiller.
Mehr ausländische Gäste als Schweizer
Ferry Wey (27) ist Direktor der drei Luzerner Hotels Schüssel, Beau Séjour und Villa Maria und zeigt sich ebenfalls sehr zufrieden mit dem aktuellen Sommergeschäft. Die Betriebe sind auf Individualreisende ausgerichtet. Die primäre Zielgruppe sind Schweizerinnen und Schweizer. «Wir verzeichnen allerdings eine steigende Nachfrage von amerikanischen Gästen. Ihr Interesse kompensiert das nach wie vor zögerliche Buchungsverhalten von Gästen aus dem asiatischen Raum», so Wey.
Die ausländischen Gäste sorgen in der Hotellerie erstmals seit der Corona-Pandemie wieder für mehr Übernachtungen als die inländischen. Im ersten Halbjahr legten sie bei den Logiernächten um rund 5 Prozent auf neu 10,1 Millionen zu.
Doch die Schweizer Gäste bleiben mit rund 10 Millionen Logiernächten enorm wichtig – auch wenn die Zahl leicht gesunken ist. Inlandferien sind in der Bevölkerung aber nach wie vor beliebt. Hält das Spitzenwetter an, dürften Schweizer Tourismusbetriebe erneut einige Rekorde brechen.