So schnell wurde ich zur illegalen Putzfrau
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Illegale Geschäfte – Folge 1:So schnell wurde ich zur illegalen Putzfrau

Reinigungsbranche boomt – doch längst nicht alle Anbieter sind sauber
Jede vierte Putzkraft arbeitet schwarz

Der Bedarf an Putzkräften für Private boomt. Onlineplattformen wittern das grosse Geschäft. Sie distanzieren sich von Schwarzarbeit, ermöglichen sie aber trotzdem. Von den gegen 250'000 Putzkräften in der Schweiz arbeitet rund drei Viertel ohne soziale Absicherung.
Publiziert: 15.02.2021 um 07:00 Uhr
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Aktualisiert: 18.02.2021 um 22:37 Uhr
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Putzfrau bei der Arbeit: Ein wachsender Markt.
Foto: imago
Claudia Gnehm

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Die Schweiz und Sauberkeit sind nicht voneinander zu trennen. Unser Proper-Image ist nicht zuletzt den Frauen und Männern zu verdanken, die Tag und Nacht schrubben, saugen und polieren. Offiziell vom Bundesamt für Statistik (BFS) erfasst waren 2019 92'000 Reinigungskräfte in Privathaushalten, Hotels und Büros.

Ihr Brot als private Putzkraft verdienen dürften gemäss Experten 200'000 bis 250'000 Menschen. Viele davon arbeiten schwarz, tauchen nicht in den Statistiken auf. Gemäss einer Comparis-Umfrage von 2018 beschäftigt jeder siebte Schweizer Haushalt eine bezahlte Putzkraft. Allerdings zahlt die Hälfte den Hausangestellten keine Unfallversicherung. Ein Viertel hat sie nicht bei den Sozialversicherungen gemeldet.

Der Bedarf an Reinigungskräften hierzulande steigt Jahr für Jahr. Als Chef und Mitgründer von homeservice24.ch, der führenden Schweizer Onlineplattform im Putzgeschäft, kennt Sandro Principe (55) diesen Markt à fond. Im Bereich Reinigung in Privathaushalten wachse er in normalen Zeiten – ausserhalb von Corona – um rund 20 Prozent pro Jahr. Der erste Lockdown führte zu einem heftigen kurzzeitigen Rückgang, der derzeitige Shutdown aber wirke sich kaum aus.

Mehr Menschen mit Putzhilfe

Principe sieht zwei Treiber für den Boom: Mit mehr Singlehaushalten, intensiverer Freizeitnutzung und höheren Einkommen leisten sich mehr Menschen eine Putzhilfe. «Gleichzeitig ist die Akzeptanz vom Fremd-putzen-Lassen gestiegen», führt Principe aus. Bei Homeservice24 sind 60'000 Reinigungskräfte aktiv, pro Monat kommen über 2000 neue hinzu.

Diverse Anbieter wollen sich ein Stück des Kuchens für Putzfrauen-Vermittlung per Mausklick abschneiden. Die Nummer zwei im Plattform-Geschäft für Private, Batmaid aus Lausanne, hat grosse Ausbaupläne. Das 2014 gegründete Start-up mit der erfolgreichen Schweizer Tennisspielerin Martina Hingis (40) als Aushängeschild will bis im nächsten Jahr 100 Millionen Franken Umsatz erzielen. Batmaid schätzt das Volumen des Haushaltsreinigungssektors auf eine Milliarde Franken.

Die in der Putzbranche zunehmend verbreitete Plattform-Ökonomie nach dem Prinzip von Firmen wie Uber oder Airbnb hat aber für die Putzkräfte eine Schattenseite. Die Plattformen sehen sich nicht als Arbeitgeber, sondern als Vermittler zwischen selbständig Erwerbenden und Kunden. Sie sehen sich meistens nicht verantwortlich dafür, Sozialabgaben zu entrichten.

Privat und schwarz

Um dem Verdacht von Schwarzarbeit entgegenzuwirken, fungiert Batmaid seit Anfang Jahr für seine über 1000 Putzkräfte als Arbeitgeber. Der Kunde zahlt 39 Franken pro Stunde, davon geht ein Teil an die Sozialversicherungen, neu auch an Kranken- und Unfallversicherung, den 13. Monatslohn und die Pensionskasse. Was der Putzkraft unter dem Strich bleibt und was die Firma behält, bleibt geheim. Vorher waren es 37 Prozent. Eine Batmaid-Sprecherin betont: «Wir konzentrieren uns auf unsere primäre Aufgabe: die Bekämpfung des Schwarzmarktes.»

Anders als Batmaid kassiert Homeservice24 keine Provision, wie Principe betont. Die Reinigungskräfte erhielten ihren vereinbarten Stundenlohn, nach Abgaben und Versicherungen zu 100 Prozent. Für eine korrekte Anstellung und Versicherung biete Homeservice24 gratis eine Onlinelösung an. Als Mindestlohn empfiehlt Principe nicht die 19.20 Franken aus dem Normalarbeitsvertrag für Hauswirtschaft (NAV), sondern 23 bis 25 Franken für Ungelernte. Am Ende müssten die Putzfrauen und die Anbieter den Lohn selber aushandeln.

Sich einen Überblick über den Putzfrauenmarkt zu verschaffen, sei schwierig, sagt Sozialgeografin Pia Tschannen (48). Sie kennt sich aus mit dem Geschäft. Die Autorin des Buches «Putzen in der sauberen Schweiz» ist Geschäftsleiterin der Berner Firma Proper Job, die Putzpersonal vermittelt und sich für faire Arbeitsbedingungen einsetzt. «Viele Haushalte beschäftigen Putzhilfen privat und schwarz, sie schliessen dafür weder Versicherungen ab, noch zahlen sie AHV-Beiträge.»

GAV bringt Sicherheit

Konsumenten könnten Onlineplattformen kaum durchschauen. Bei jenen, die nur vermittelten und den Parteien Regelungen und Abrechnungen überliessen, werde nicht kontrolliert, ob ein regulärer Vertrag abgeschlossen wurde, so Tschannen weiter. Betroffene Arbeitnehmende berichteten oft, dass man nur Geld sehe, wenn man gearbeitet habe. Egal, was der Grund für die Abwesenheit sei.

Die Kunden von Proper Job zahlen für die Putzfrauen ab 41.75 Franken die Stunde. Die Putzkräfte erhalten 29.40 Franken ausbezahlt. Der Rest geht weg für Sozialabgaben und eine Administrations- und Risikopauschale, die auch krankheitsbedingte Ausfälle abdeckt. Das ist über den Brutto-Durchschnittsstundenlöhnen, die je nach Kanton zwischen 25.35 und 31.65 Franken schwanken.

Die grossen Onlineplattformen für private Putzhilfen sind stark unter Druck, sich von Schwarzarbeit zu distanzieren. Die drittgrösste Plattform, putzfrau.ch, hat sich dem Gesamtarbeitsvertrag (GAV) der Reinigungsbranche angeschlossen. Dem unterstellt sind 2500 professionelle Reinigungsfirmen mit 65'000 Angestellten, die vor allem Büros sauber machen. Der GAV garantiert Ferien- und Feiertagsabgeltungen, eine Krankentaggeldversicherung und den 13. Monatslohn. Von solchen Leistungen können viele Putzangestellte hierzulande nur träumen.


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