Frühere Einwohnerinnen und Einwohner von Baden AG, die für ein paar Jahre weggezogen sind, dürften ihre Heimat heute kaum mehr wieder erkennen. In der Region wurde in den letzten Jahren im Akkord ein neuer Wohnblock nach dem anderen in den Himmel gezogen.
Die Gegend ist bei Zuzügern beliebt, zählt zu den attraktiveren Wirtschaftsstandorten im Land, liegt Nahe bei Zürich und bietet ringsum Natur. Das macht Baden gerade für Menschen aus der Oberschicht attraktiv. Sie machen mittlerweile mehr als die Hälfte der Bevölkerung in der Region aus.
Das lockt Investoren und Spekulanten an: Sie kaufen in Baden Wohnhäuser, sanieren sie teuer und schiessen mit den Mieten in die Höhe. Oder sie reissen die Gebäude gleich ganz ab und stellen luxuriöse Neubauten auf. Für viele Einheimische hat das gravierende Folgen. Sie können sich die Wohnungen in Baden nicht mehr leisten.
Iwan Suter (51) vergleicht die Situation in der «Aargauer Zeitung» mit den Nobelkurorten im Engadin oder im Wallis. «Einheimische können sich Wohneigentum fast nicht mehr leisten und werden in die umliegenden Gemeinden verdrängt», sagt der Vorsitzende Bankleitung der Raiffeisenbank Lägern-Baregg.
Preiswelle dürfte immer mehr Gemeinden erfassen
In Zermatt VS oder in Sankt Moritz GR kennt man eine solche Gentrifizierung schon länger: Die Oberschicht und Zweitwohnungsbesitzer beanspruchen den Tourismus-Hotspot für sich und die Arbeiterinnen und Arbeiter aus der Unter- und Mittelschicht wohnen in den umliegenden Gemeinden. In Baden läuft diese Entwicklung jedoch aktuell im Zeitraffer. In Gemeinden wie Ehrendingen, Würenlos oder Birmenstorf wären die Preise innerhalb von drei Jahren um rund 30 Prozent gestiegen, sagt Suter zur «AZ».
Die Bauprojekte sind auf zahlungskräftige Käufer ausgerichtet, wie auch ein Blick auf Immobilienportale wie Homegate und Co. zeigt. In der Stadt Baden kostet eine 4,5-Zimmer-Neubauwohnung mit 122 Quadratmetern, die im nächsten Jahr fertig werden soll, knapp 1,9 Millionen Franken. Eine andere 4,5-Zimmerwohnung mit 140 Quadratmetern und Baujahr 2016 wird für knapp 2,5 Millionen Franken angeboten.
Preise, die für Leute aus der Mittelschicht unmöglich zu bezahlen sind. Zumindest nicht aus eigener Kraft, so Suter zur «AZ»: «Ohne Hilfe der Familie, zum Beispiel durch Vererben einer Immobilie oder durch einen finanziellen Erbvorbezug, ist Eigentum in der Stadt Baden und in der nahen Umgebung fast nicht mehr erschwinglich.»
Wer darauf hofft, dass sich die Lage in den nächsten Jahren beruhigen könnte, dürfte Geduld brauchen. Suter rechnet mit weiteren Preissteigerungen, die auf immer mehr umliegende Gemeinden überschwappen wird. (smt)