Die Zentralschweiz ist die durchschnittlichste Region der Schweiz – zumindest, wenn es um den Lohn geht. Im Vergleich der wirtschaftlichen Grossregionen landet Zürich auf dem ersten Platz. Hier verdienen Arbeitskräfte über alle Branchen rund ein Drittel mehr als im Kanton Tessin, wie das Lohnbuch 2024 zeigt. Wer punkto Wohnort flexibel ist, kann in der Nordwestschweiz deutlich mehr als in der Ostschweiz verdienen.
In einigen Branchen hat der Wohnort der Angestellten einen noch viel grösseren Einfluss aufs Salär: So verdienen Angestellte in der Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen in der Nordwestschweiz 50 Prozent mehr als in Zürich und in der Ostschweiz und mehr als das Doppelte der Tessiner.
Tessin fällt deutlich ab
Jeder dritte Angestellte im Tessin pendelt täglich von Italien über die Grenze. Der hohe Grenzgänger-Anteil drückt das generelle Lohnniveau im Kanton. Zudem sind gerade im Tessin Industriebetriebe angesiedelt, in denen einfache und repetitive Produktionsprozesse ausgeführt werden, die schlechter bezahlt sind.
Bei komplexeren Tätigkeiten in derselben Branche ist meist die Wertschöpfung höher. Dementsprechend ist das Personal besser qualifiziert, und es müssen höhere Löhne bezahlt werden. Doch das Lohnniveau allein sagt nichts darüber aus, wie gut oder schlecht die Leute finanziell dastehen. Der Pharmazulieferer Lonza zahlt seinen Angestellten im Werk in Visp VS tiefere Löhne als die Pharma- und Chemiebranche in Basel – ganz unabhängig von deren Qualifikation. Die Lebenshaltungskosten im Wallis liegen jedoch deutlich tiefer als in Basel.
Völlig andere Rangliste beim verfügbaren Einkommen
Die Credit Suisse hat mehrfach in Studien analysiert, wie hoch das frei verfügbare Einkommen in den Haushalten je nach Wohnort ist. Dabei werden dem Einkommen die Steuerbelastung, Wohnkosten, Mobilitätskosten und die Krankenkassenprämie gegenübergestellt. Das Ergebnis von 2021: Grossstädte wie Basel, Zürich oder Genf, die Gemeinden am Genfersee und Zürichsee sowie Tourismushotspots wie Grindelwald BE, Davos GR oder Zermatt VS schneiden am schlechtesten ab.
Ein Beispiel: Eine Angestellte im Detailhandel lebt in einem Single-Haushalt. Ihr Erwerbseinkommen beträgt 50'000 Franken. Sie lebt in einer Mietwohnung mit mittlerem Standard und 60 Quadratmetern. In den meisten Tessiner Gemeinden hat sie zwischen 17'800 und 23'300 Franken des Einkommens zur freien Verfügung. In den Gemeinden am Genfer- oder Zürichsee bleiben vielerorts nur zwischen 6900 und 14'700 Franken pro Jahr. Dieses Geld muss ausreichen für Ausgaben wie Lebensmittel, Mensa-Verpflegung, Restaurantbesuche, Ferien, Abo-Gebühren und Kleider. Dabei verdienen Angestellte im Detailhandel in den Randregionen nur leicht weniger als in den Zentren.
Auch Ehepaare mit einem Haushaltseinkommen von 130'000 Franken stehen im Tessin und im Wallis, in Aarau, Glarus oder Schwyz deutlich besser da als in Zürich, Lausanne oder Bern.
Bei höheren Einkommen gibt es in der Rangliste dann aber einige Verschiebungen. So wird die Westschweiz samt Wallis immer unattraktiver, je höher der Lohn steigt. Ein Ehepaar mit einem Lohn von 400'000 plus Vermögenserträgen fährt finanziell in der Zentralschweiz, Zürich und Teilen der Ostschweiz deutlich besser.