Geht es nach den Jungsozialisten, machen viele Lernende in der Schweiz harte Zeiten durch. Unter dem Motto «Ausbildung statt Ausbeutung» sollen die Lehrlinge zehn Wochen Ferien pro Jahr und monatlich mindestens 1000 Franken Lohn ab Ausbildungsbeginn erhalten.
Doch wie weit von der heutigen Praxis sind die Forderungen der Juso entfernt? Beim Ferienanspruch liegen sie um 100 Prozent daneben. Lehrlinge haben heute vor ihrem 20 Lebensjahr Anspruch auf mindestens fünf Wochen Ferien und danach auf mindestens vier.
Auch bei den Löhnen im ersten Lehrjahr sind die 1000 Franken in den meisten Berufen Wunschdenken, wie ein Blick ins Lohnbuch 2024 zeigt. Dort werden zwar keine effektiv bezahlten Ausbildungslöhne genannt. Dafür aber die Lohnempfehlungen der Berufsverbände für eine Vielzahl von Ausbildungen. Ein guter Anhaltspunkt für künftige Lehrlinge, mit was für einem Salär sie in den verschiedenen Berufen und Ausbildungsjahren rechnen dürfen.
Mit so viel Lohn kannst du in deinem Beruf zufrieden seinWer direkt schwer anpackt, verdient mehr
Bei über 230 aufgeführten Lehrberufen erhalten nur die wenigsten im 1. Lehrjahr 1000 Franken oder mehr pro Monat. Die geläufigsten Ausbildungen samt Gehalt sind in der Tabelle auffindbar.
Grösstenteils trifft dies auf sehr körperliche Berufe zu, in denen Lehrlinge von Anfang an zumindest mit anpacken können. Bei Agrarpraktikern auf dem Weg zu einem eidgenössischen Berufsattest EBA (2-jährige Lehre) werden fürs 1. Jahr je nach Region 1100 bis 1350 Franken empfohlen. Im zweiten sind es gar bis zu 1525 Franken, dafür droht aber nach der Ausbildung ein sehr tiefes Gehalt. Ähnliche Lehrlingslöhne gibt es auch in der 3-jährigen Ausbildung zum Landwirt EFZ.
Auch Betonwerker EFZ – eidgenössisches Fähigkeitszeugnis für eine 3- oder 4-jährige Ausbildung – können sich bei 800 bis 1100 in gewissen Regionen auf einen 4-stelligen Startlohn freuen. Mit viel Glück winken auch in der Ausbildung Fachmann/-frau Hauswirtschaft EFZ von Beginn an über 1000 Franken. 4-stellige Einstiegslöhne werden auch für Hotelfachmänner EFZ oder Hotel-Kommunikationsfachfrauen EFZ empfohlen. Ein Lehrling zum Geflügelfachmann/-frau EFZ sollte im 1. Jahr zwischen 1100 und 1350 Franken erhalten.
Bei jedem dritten Lehrling überwiegen Kosten
In den allermeisten Ausbildungen wandern im ersten Jahr monatlich zwischen 600 und 850 Franken auf das Konto des Lernenden. Auch im zweiten Lehrjahr liegen noch mehr als die Hälfte der Löhne unter 1000 Franken. Im dritten Lehrjahr liegen dann die meisten Lehrlingsgehälter darüber. Für Köche EFZ werden im 3. Jahr 1550 Franken empfohlen, bei einer Laborantin EFZ oder einem Pharma-Assistenten 1225 Franken und bei einem Sanitärinstallateur 1100 Franken.
Bei einem branchenübergreifenden Startlohn müssten viele Betriebe für die Ausbildung ihrer Lehrlinge drauflegen. Ein Kosten-Nutzen-Vergleich durch die Eidgenössische Hochschule für Berufsbildung EBH in Zollikofen BE vor ein paar Jahren zeigte, dass 63 der Betriebe einen positiven Nettonutzen bei ihren Lehrlingen haben. Bei 37 Prozent der Betriebe überwogen die Kosten. Gerade bei ausbildungsintensiven Berufen wie Informatikern oder Polymechanikern liegen die Kosten oft höher als der unmittelbare Nutzen.