«Wo es mit dem Mittelstand hingeht, wissen wir nicht»
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Raiffeisen-Chef über Inflation:«Wo es mit dem Mittelstand hingeht, wissen wir nicht»

Raiffeisen-CEO zu Wohnungsnot
«Die Leerstandsquoten sind drastisch am Sinken»

Raiffeisen-Chef Heinz Huber äussert sich im Gespräch mit Blick TV zu Zinsen, Immobilien und neuen Kunden, die von der Credit Suisse gekommen sind.
Publiziert: 03.03.2023 um 00:56 Uhr
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Aktualisiert: 03.03.2023 um 07:34 Uhr
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Raiffeisen blickt auf ein gutes Geschäftsjahr 2022 zurück.
Foto: keystone-sda.ch
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Christian KolbeRedaktor Wirtschaft

Raiffeisen-Chef Heinz Huber (58) macht es sichtlich Spass, das Jahresergebnis endlich wieder im direkten Austausch mit Journalisten präsentieren zu können. Nicht ganz zur Schweizer Genossenschaftsbank will passen, dass die Präsentation in den mondänen neuen Büroräumlichkeiten im Circle am Flughafen Zürich stattfindet. Im Hintergrund fällt der Blick auf das Tor zur Welt, im Vordergrund geht es um das grundsolide Geschäft mit Schweizer Bankkunden.

Blick: Ihr Fazit zum Geschäftsjahr 2022?
Heinz Huber:
Das ist ein sehr gutes Jahresresultat. Wir sind sehr zufrieden.

Auch mit dem Hypothekargeschäft?
Unsere Ansage war, dass wir mit dem Markt wachsen wollen. Das ist uns mit einem Wachstum von 3,7 Prozent auch gelungen.

Die Zeiten, als die drittgrösste Schweizer Bank stärker als der Markt gewachsen ist, sind vorbei?
Wir setzen auf qualitatives Wachstum. Darum wollen wir nur so stark wie der gesamte Markt wachsen.

Rechnen Sie mit einem weiteren Anstieg der Hypozinsen?
Das hängt davon ab, wie sich die Inflation weiterentwickelt und was die Nationalbank unternimmt, um die Teuerung zu bekämpfen. Wir rechnen mit einem weiteren Zinsschritt im März, vielleicht gibt es im Verlauf des Jahres noch einen dazu.

Raiffeisen-Gruppe mit Milliardengewinn

Das Genossenschaftsmodell rechnet sich: Die Raiffeisen-Gruppe hat 2022 neue Kunden und Genossenschafter dazu gewonnen und einen Gewinn von 1,18 Milliarden Franken erzielt. Das ist ein Plus von 11 Prozent. Zum ersten Mal überstiegen die Ausleihungen an Hypothekarschuldner die Marke von 200 Milliarden Franken. Die Kundeneinlagen stiegen leicht auf fast 205 Milliarden Franken. In diesem Bereich hat Raiffeisen den Marktanteil sogar leicht ausgebaut. Auch in diesem Jahr dürfte die Gruppe weiter wachsen, erwartet einen «soliden Geschäftsgang».

Das Genossenschaftsmodell rechnet sich: Die Raiffeisen-Gruppe hat 2022 neue Kunden und Genossenschafter dazu gewonnen und einen Gewinn von 1,18 Milliarden Franken erzielt. Das ist ein Plus von 11 Prozent. Zum ersten Mal überstiegen die Ausleihungen an Hypothekarschuldner die Marke von 200 Milliarden Franken. Die Kundeneinlagen stiegen leicht auf fast 205 Milliarden Franken. In diesem Bereich hat Raiffeisen den Marktanteil sogar leicht ausgebaut. Auch in diesem Jahr dürfte die Gruppe weiter wachsen, erwartet einen «soliden Geschäftsgang».

Was bedeutet dies für Hypothekarschuldner konkret?
Dadurch werden die kurzfristigen Zinsen weiter ansteigen, bei den langfristigen ist vieles schon eingepreist. Festhypotheken werden nicht mehr viel teurer werden.

Wie kritisch ist die Lage auf dem Immobilienmarkt?
Wir stellen fest, dass sich der Immobilienmarkt von den steigenden Zinsen ziemlich unbeeindruckt zeigt. Die Nachfrage ist nach wie vor gross, das Angebot knapp. Die Preise steigen immer noch, allerdings nicht mehr mit der gleichen Dynamik wie früher.

Wann kommen die steigenden Zinsen endlich bei den Sparern an?
Jede Bank, auch Raiffeisen, hat schon einige Zinsschritte gemacht. Die Sparzinsen werden langsam weiter ansteigen.

Fast vier Milliarden Franken an Neugeld sind Raiffeisen zugeflossen – wie viele kamen von der Credit Suisse?
Übers ganze Jahr gesehen haben wir keine Auffälligkeiten beobachtet.

Im Ernst? Auch nicht im Oktober und November, als besonders viele Kunden ihr Geld bei der CS abgezogen haben?
Kunden mit Konten bei beiden Banken haben in dieser Zeit schon gewisse Gelder zu Raiffeisen umgelagert. Zudem konnten wir vermehrt neue Kunden begrüssen.

Droht in der Schweiz eine Wohnungsnot?
Die Leerstandsquoten sind drastisch am Sinken, hinzu kommt die hohe Zuwanderung. Das kann zu einer Wohnungsknappheit führen. Dies würde die Mieten weiter nach oben treiben.

Der unspektakuläre Bankenboss

Heinz Huber (58) steht seit 2019 an der Spitze der Raiffeisen-Gruppe. Der Thurgauer hat es geschafft, nach den Vincenz-Turbulenzen wieder Ruhe in die drittgrösste Schweizer Bank zu bringen. Zuvor hatte Huber während vier Jahren die Thurgauer Kantonalbank geleitet. Der verheiratete Vater von drei Kindern absolvierte bei der UBS eine Banklehre und hat zwei Master of Business Administration in der Tasche.

Heinz Huber (58) steht seit 2019 an der Spitze der Raiffeisen-Gruppe. Der Thurgauer hat es geschafft, nach den Vincenz-Turbulenzen wieder Ruhe in die drittgrösste Schweizer Bank zu bringen. Zuvor hatte Huber während vier Jahren die Thurgauer Kantonalbank geleitet. Der verheiratete Vater von drei Kindern absolvierte bei der UBS eine Banklehre und hat zwei Master of Business Administration in der Tasche.

Wie lässt sich die Bautätigkeit ankurbeln?
Die Rahmenbedingungen müssen adäquat ausgestaltet sein. Man spricht viel von verdichtetem Bauen, aber effektiv findet das noch zu wenig statt.

Preise und Zinsen steigen, das Leben wird teurer. Was kommt auf den Mittelstand zu? Das beobachten wir mit Besorgnis. Die Nebenkosten steigen, die Teuerung nimmt zu. Wo das schliesslich hinführt, wissen wir auch nicht. Was uns in der Schweiz hilft, ist der intakte Arbeitsmarkt, die tiefe Arbeitslosenquote.

Sind die Kunden im Anlagegespräch vorsichtiger?
In Bezug auf die wirtschaftliche Situation stellen wir das nicht fest, im Gegenteil: Wir haben mehr Gelder in unseren Kundendepots. Offenbar vertrauen die Kunden Raiffeisen.

Auf welche Titel sollen Anleger setzen?
Wir empfehlen bei den Aktien defensive Sektoren, also etwa Titel aus dem Gesundheitssektor, dem Nahrungsmittel- oder Konsumgüterbereich. Der Aktienmarkt wird auch in diesem Jahr volatil bleiben.


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