Putins Kriegskasse
Russlandvermögen in Europa und der Schweiz sind eine tickende Zeitbombe

Für die Ukraine wäre eine Aufhebung der Sanktionen fatal: Die EU hat 210 Milliarden Euro der russischen Zentralbank eingefroren, die Schweiz blockiert weitere 7,45 Milliarden Franken. Mit diesen Vermögen könnte Putin die Kriegsindustrie weiter befeuern.
Publiziert: 01.04.2025 um 19:17 Uhr
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Aktualisiert: 01.04.2025 um 20:11 Uhr
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In der EU sind 210 Milliarden Euro der russischen Zentralbank blockiert.
Foto: Keystone

Darum gehts

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Martin SchmidtRedaktor Wirtschaft

Die nackten Zahlen zeigen ein sehr oberflächliches Bild: Die EU hat rund 210 Milliarden Euro russische Zentralbankgelder eingefroren. In der Schweiz sind weitere 7,45 Milliarden Franken an russischen Zentralbankgeldern durch ein Transaktionsverbot blockiert, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco am Dienstag mitteilt. Zudem bunkern in der Schweiz noch Vermögen von russischen Privatpersonen und Gesellschaft: Das macht nochmals 7,4 Milliarden Franken.

In der EU werden regelmässig Stimmen laut, ob man die Zentralbankvermögen Russlands der Ukraine zur Verteidigung oder den Wiederaufbau geben sollte. Mit Blick auf das internationale Recht wäre eine solche Enteignung hochproblematisch. Die EU geht deshalb den Weg, nur die Erträge aus den Vermögen in die Ukraine zu lenken. Damit bleibt die Gefahr durch die Zentralbankvermögen Russlands bestehen. Statt des Wiederaufbaus der Ukraine könnten sie deren weitere Zerstörung finanzieren.

Ein Mann entscheidet

Das würde passieren, wenn die EU die Sanktionen nicht verlängert. Und dieser Schritt ist alles andere als abwegig. Viktor Orban (61), Ministerpräsident von Ungarn und Putin-Freund, sträubte sich zuletzt Mitte März vehement gegen eine Verlängerung der Sanktionen – und lenkte nach Zugeständnissen der EU ein. Die Sanktionen müssen per Einheitsentscheid von allen 27 EU-Mitgliedern angenommen werden.

Hebt die EU die Sanktionen auf, wird auch die Schweiz nachziehen müssen. Und ohne Sanktionen ist das Geld für Russland wieder frei verfügbar, bestätigt Simon Plüss (55) an der Medienkonferenz. Er ist beim Seco für die Exportkontrollen und Sanktionen zuständig.

40 Prozent der Staatsausgaben fürs Militär

Die eingefrorenen Vermögen sind Teil der Sanktionen, die nach dem russischen Angriff auf die Ukraine erhoben wurden. Die Schweiz hat bis anhin 15 der 16 EU-Sanktionspakete gegen Russland übernommen.

Russlands Wirtschaft zeigt sich bis anhin ziemlich resilient gegenüber den Sanktionen. So ist die Wirtschaft in den letzten zwei Jahren um je 3,6 Prozent gewachsen – mit der Kriegswirtschaft als wichtigem Treiber. Das lässt die Kriegskasse von Kreml-Chef Wladimir Putin (72) rapide schrumpfen. Die Regierung hat den nationalen Wohlstandsfonds seit Kriegsausbruch zu 60 Prozent aufgebraucht. Und Putin treibt die Militärausgaben weiter in die Höhe. 2025 sollen rund 40 Prozent der Staatsausgaben in die Verteidigung und innere Sicherheit fliessen.

Russlands wirtschaftliche Zukunft nimmt Schaden

Dieses Geld fehlt Russland für Investitionen in ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum. Das spürt der Bürger: Der Staat hat bereits Subventionen beim Kauf von Immobilien gestrichen, mit der die horrenden Hypothekarzinsen von bis zu 30 Prozent abgefedert wurden.

Das hohe Zinsniveau ist ein weiterer Bremsklotz für die wirtschaftliche Zukunft Russlands: Die russische Zentralbank hat den Leitzins im Kampf gegen die hohe Inflation Ende 2024 auf 21 Prozent erhöht. Damit werden Schulden so teuer, dass auch die Privatwirtschaft kaum investiert. 2025 soll das Wirtschaftswachstum gemäss Prognosen nur noch halb so hoch wie im Vorjahr ausfallen.

Die Sanktionen des Westens haben ihr Hauptziel zwar verfehlt, Russland wirtschaftlich zu einer Beendigung des Kriegs zu zwingen. Ihre Aufhebung wäre jedoch eine gefährliche Finanzspritze. Putin könnte die Produktion von Panzern, Kampfjets und Drohnen weiter hochfahren. Das hiesse noch mehr Opfer in der Ukraine. Die EU wird im September erneut über die Sanktionen gegen Personen und Organisationen Russlands entscheiden. Dann dürften wieder alle Augen auf Orban gerichtet sein.

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