Gemäss der Studie des Krankenversicherers Swica verliert die Hälfte der Krankgeschriebenen in der Folge ihren Job. In zwei Dritteln der Fälle löse der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis auf. In den Arztberichten werde aber oft nicht ersichtlich, wieso die Person nicht arbeiten könne, es würden keine Funktionseinschränkungen, sondern meist nur Symptome dokumentiert. Gleich oft fehle im Bericht eine Prognose darüber, wann die Person zurückkehren oder wie die Stelle gesichert werden könne.
Aus diesem Grund wäre es sinnvoll, wenn die Ärzteschaft stärker unterstützt und geschult würde für einen bewussten Umgang mit Arbeitsunfähigkeitszeugnissen, die den Patienten helfen, den Arbeitsplatz zu behalten, hält die am Mittwoch veröffentlichte Studie fest. Die Studie wurde vom Krankenversicherer Swica zusammen mit Workmed durchgeführt, der Aussenstelle der Psychiatrie Baselland in Binningen. Für die Studie wurden 2000 Krankentaggeld-Dossiers analysiert, wovon 1350 Krankschreibungen aus psychischen Gründen erstellt worden waren.
Arbeitgeber sollen Eskalationen verhindern
Gemäss der Analyse sind am häufigsten – in 57 Prozent der Fälle – Konflikte, Kränkungen oder eskalierende Probleme am Arbeitsplatz der Auslöser für die psychische Arbeitsunfähigkeit. Aus diesem Grund wäre es sehr wichtig, früh zu handeln. Wenn es einmal zu einer konfliktbedingten Arbeitsunfähigkeit komme, sei ein Wiedereinstieg in den Arbeitsplatz sehr schwierig, lässt sich Niklas Baer, Leiter von Workmed, in der Mitteilung zur Studie zitieren.
Arbeitgeber sollten gemäss der Studie daher stärker sensibilisiert werden, damit sie nicht zu spät reagieren, wenn eine Situation eskaliert. Ausserdem wäre es gemäss der Studie hilfreich, wenn Ärzteschaft, Versicherungen und Arbeitgeber Leitlinien dafür entwickeln würden, wie in schwierigen Situationen gehandelt werden kann.
Länger krank als bei körperlichen Problemen
Wenn es zu Krankschreibungen kommt, dauern diese im Durchschnitt etwas mehr als sieben Monate. Gemäss Studie ist dies deutlich länger als bei Krankschreibungen aus körperlichen Gründen. Und fast immer – in 95 Prozent der Fälle – seien es Vollzeit-Krankschreibungen. Die Kombination von langer Dauer und Vollzeit-Arbeitsunfähigkeit führe zu einem langen Kontaktabbruch zwischen der betroffenen Person, den Vorgesetzten und Arbeitskollegen. Im Hinblick auf den Wiedereinstieg in den Job sei dies ungünstig.
Es stelle sich daher die Frage, ob nicht häufiger eine Teilzeit-Arbeitsunfähigkeit möglich wäre. Bei rund der Hälfte aller Krankschreibungen sei nämlich von einer sogenannten «arbeitsplatzbezogenen Arbeitsunfähigkeit» auszugehen. Das heisst, die Versicherten seien nicht generell arbeitsunfähig sind, sondern nur am aktuellen Arbeitsplatz.
Krankschreibung hat häufig eine Geschichte
Wichtig ist es laut Studie auch, die Krankengeschichte zu kennen. Häufig hätten die Krankgeschriebenen schon früher Arbeitsprobleme gehabt. Für die Planung des Wiedereinstiegs der Person wäre es daher wichtig, diese schon Probleme zu kennen. Allerdings würde dies bedingen, dass Hausärztinnen und Hausärzte eine ausführlichere Arbeitsbiografie der Krankgeschriebenen anlegen – was für diese mit einem hohen Aufwand verbunden wäre. Es sei daher zu überlegen, ob die ärztlichen Berichte nicht besser vergütet werden sollten.
Gemäss der Studie nehmen die Krankschreibungen aus psychischen Gründen in der Schweiz wie in anderen Industrieländern seit langem zu. Womöglich habe sich die Wahrnehmung und der Umgang mit psychischen Problemen in Gesellschaft und Arbeitsmarkt verändert. (SDA)