So funktioniert die technische Beschneiung
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«Fünf Personen im Einsatz»:So funktioniert die technische Beschneiung

Pistenchef über Hightech-Schnee im Skigebiet
In Adelboden-Lenk stehen die Rolls-Royce der Beschneiung

Modernste Beschneiungstechnik sorgt in Adelboden-Lenk BE für optimale Pistenverhältnisse. Blick hat die Pistenpräparatoren begleitet und die hochmoderne Anlage erkundet.
Publiziert: 00:46 Uhr
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Aktualisiert: 07:22 Uhr
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Eine Propellermaschine sprüht in Adelboden-Lenk BE technischen Schnee auf eine Piste.
Foto: Philippe Rossier

Auf einen Blick

  • Technische Beschneiung ermöglicht frühe Saisoneröffnung im Skigebiet Adelboden-Lenk
  • Beschneiungsanlagen bieten optimale Pistenverhältnisse und sind für Wintersport unerlässlich
  • 210 Propellermaschinen und 48 Schneelanzen sorgen für durchgehend 60 bis 80 cm Schneedecke
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Früher Freitagmorgen an der Lenk BE: Die ersten Sonnenstrahlen reichen über den Wildstrubel hinein ins kalte Tal. Der Boden im Berner Oberland ist gefroren, aber es liegt kein Schnee. Sieht man die Berge hoch, zeigt sich ein anderes Bild: Auf den Pisten des Skigebiets Adelboden-Lenk schwingen Ski- und Snowboardfahrer die Hänge herunter und geniessen die frühe Saisoneröffnung.

Auf diesen Moment hin hat Jürg Klopfenstein (47) ein ganzes Jahr gearbeitet. Er ist Chef des Pistenteams im Skigebiet Lenk, verantwortlich für Pistenpräparation und Beschneiung. «Vier Beschneier sind ganzjährig angestellt. Im Winter sind wir rund um die Uhr mit Pistenpräparation beschäftigt, im Sommer mit Revisions- und Reparaturarbeiten.» Acht Monate Vorarbeit für vier Monate Beschneiung. Kein Wunder: 90 Prozent der touristischen Besucher empfängt Adelboden-Lenk im Winter. «Wir leben hier fast alle vom Tourismus», lacht Klopfenstein.

Dafür braucht es eine schneesichere Wintersaison. Also technische Beschneiung. Am Lenker Betelberg standen schon 2001 erste Schneekanonen. 2004 installierte Hersteller Technoalpin dann eine Beschneiungsanlage im ganzen Skigebiet. Eine «Vorzeigeanlage», so Klopfenstein, die dank Erweiterungen und Modernisierungen heute noch «Goldstandard» sei.

Aus Wasser und Luft wird Schnee gezaubert

Auf Ski geht Blick mit Klopfenstein und Stefanie Inniger (31) von der Bergbahn Adelboden-Lenk AG hinauf ins Skigebiet zwischen Lenk und Adelboden. Aus der Gondel gut ersichtlich: Alle rund 50 Meter steht ein Beschneiungsgerät. Wie Eisdrachen speien sie ein Wasser/Luft-Gemisch in die kalte Luft, das sich in winzige Eiskristalle verwandelt. Diese bilden einen stabilen Schneeteppich, der einladend auf die Schneesportler wartet.

Es gibt zwei Arten von Beschneiungsgeräten. «Propellermaschinen bedecken grosse Flächen und bilden die Schneevorlage für die Pistenmaschinen», sagt Klopfenstein. Schneelanzen werden für schmalere Pisten-Passagen oder in Waldstücken eingesetzt.

So funktioniert die technische Beschneiung

Technische Beschneiung ahmt die natürlichen Bedingungen der Schneebildung nach: Wasser wird unter Druck zerstäubt und mit Propellerkanonen oder Schneelanzen in die kalte Luft gesprüht. Ausschlaggebend sind Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit. In der Beschneiung spricht man von Feuchtkugeltemperatur, also dem Verhältnis von Temperatur und relativer Luftfeuchtigkeit. Bei sehr geringer Luftfeuchtigkeit (20 Prozent) kann bereits bei bis zu +3 Grad Celsius Kunstschnee erzeugt werden. Die Wassertemperatur sollte im Idealfall leicht oberhalb des Gefrierpunkts liegen. Das Wasser wird bei modernen Anlagen aus eigens eingerichteten Speicherseen entnommen und durch Pumpen zu den Beschneiungsgeräten geleitet. Es werden keine chemischen oder biotechnischen Substanzen verwendet. Technisch erzeugter Schnee ist aufgrund seiner Herstellungsart dichter und stabiler als natürlicher Schnee und schmilzt langsamer, was ihn ideal für präparierte Pisten macht.

Technische Beschneiung ahmt die natürlichen Bedingungen der Schneebildung nach: Wasser wird unter Druck zerstäubt und mit Propellerkanonen oder Schneelanzen in die kalte Luft gesprüht. Ausschlaggebend sind Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit. In der Beschneiung spricht man von Feuchtkugeltemperatur, also dem Verhältnis von Temperatur und relativer Luftfeuchtigkeit. Bei sehr geringer Luftfeuchtigkeit (20 Prozent) kann bereits bei bis zu +3 Grad Celsius Kunstschnee erzeugt werden. Die Wassertemperatur sollte im Idealfall leicht oberhalb des Gefrierpunkts liegen. Das Wasser wird bei modernen Anlagen aus eigens eingerichteten Speicherseen entnommen und durch Pumpen zu den Beschneiungsgeräten geleitet. Es werden keine chemischen oder biotechnischen Substanzen verwendet. Technisch erzeugter Schnee ist aufgrund seiner Herstellungsart dichter und stabiler als natürlicher Schnee und schmilzt langsamer, was ihn ideal für präparierte Pisten macht.

290 Propellermaschinen und 270 Schneelanzen sind im Gebiet Adelboden-Lenk im Einsatz. Zu jedem Gerät führt eine eigene Wasserleitung. Das Wasser kommt aus dem Speichersee Brenggen, der inmitten des Skigebiets auf 1900 Metern Höhe eigens der Beschneiung wegen angelegt wurde.

100 Liter Wasser aus der Simme im Tal werden pro Sekunde hochgepumpt, weitere Zuflüsse kommen von Adelboden und Quellen im Skigebiet. Das Wasser wird in mehreren Pumpstationen beim Speichersee und bei den übrigen Zuflüssen gefiltert und dann mit 65 Bar Druck auf die Beschneiungssysteme entlang den Pisten verteilt oder in den Speichersee geleitet.

Eine Software schafft den Überblick

Den Überblick über die ganze Beschneiungsanlage hat jeder «Snow Manager» auf einer Handy-App oder am PC. Blick schaut sich das Leitsystem bei der Talstation Lenk-Wallegg am PC an. Die Beschneiungsgeräte lassen sich von hier aus an- und abstellen – je nachdem, wie die Temperatur und Luftfeuchtigkeit sind oder wo gerade Schnee gebraucht wird. Die benötigte Schneemenge wird mit einem 3D-Schneehöhenmesssystem ermittelt. Im Mittel sind 60 bis 80 Zentimeter Schnee auf den Pisten.

Dazu liefert die Beschneiungsanlage eine Vielzahl von Daten, die in der von Technoalpin entwickelten Software zusammenlaufen. Wie viel Wasser verbraucht wird oder wo eine Schneelanze ausgefallen ist. «Mit kleinen Änderungen im Schneibetrieb und in den Grundeinstellungen kann ohne Abstriche bei der Pistenqualität Energie und Wasser eingespart werden», versichert Stefan Mumenthaler (52) von Technoalpin Schweiz in Schattdorf UR gegenüber Blick.

Beschneiungsanlage auch als Kraftwerk

Der Wasserverbrauch wird von Umweltschützern oft als Argument gegen technische Beschneiung angeführt. Dem entgegnet Mumenthaler: «Wir brauchen Wasser, aber wir verbrauchen es nicht.» 70 Prozent des technischen Schnees versickert, 30 Prozent verdunstet, kommt also in den Naturkreislauf zurück. Lediglich Strom wird verbraucht.

Eigentlich könnte eine Beschneiungsanlage auch als Kraftwerk genutzt werden. In Davos-Jakobshorn beispielsweise werde 70 Prozent des für die Beschneiung verbrauchten Stroms im Frühjahr wieder selbst produziert. In Adelboden-Lenk ist dies noch nicht der Fall. Weil keine behördliche Bewilligung vorliegt. «Die Politik dürfte da gerne etwas mehr vorwärtsmachen», meint Mumenthaler.

Einen sommerlichen Vorteil bietet die Beschneiungsanlage trotzdem. Die Wasserzufuhr bei den Schneeerzeugern lässt sich für hochalpine Brandbekämpfung oder für die Wasserversorgung der Alpwirtschaft verwenden.

Die Wintersportler in Adelboden-Lenk stören sich nicht an den Schneeerzeugern. Sie wollen Top-Schnee: «Die Pistenqualität ist für unsere Gäste genauso wichtig wie die Bahnen oder die Gastronomie, denn sie kommen ja fürs Skifahren», sagt Klopfenstein. Die Schneequalität sei dafür die Grundlage, dazu brauche es modernste Beschneiung. Sein Team ist täglich für perfekte Pisten da – «weil die Ansprüche der Wintersportler höher sind als früher».

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