«Egal welche Öffnungen es gibt – die Isolationspflicht bleibt»
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Gesundheitsminister Berset:«Die Isolationspflicht bleibt»

Pflegeheime sind vom Öffnungs-Turbo wenig begeistert
«Wer mit Covid stirbt, stirbt in Isolation und umgeben von Menschen in Schutzkleidern»

In Altersheimen starben in den letzten Monaten Hunderte betagte Personen im Zusammengang mit einer Covid-Infektion. Die Covid-Massnahmen dienten unter anderem ihrem Schutz. Sind sie dem Virus künftig ausgeliefert?
Publiziert: 02.02.2022 um 16:18 Uhr
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Aktualisiert: 02.02.2022 um 17:02 Uhr
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«Die vulnerable Personen gehen derzeit vergessen», sagt Katrin Bucher (50), Leiterin des Pflegeheims Zentrum Schönberg.
Foto: Zentrumschönberg.ch
Fabio Giger

Der Bundesrat lockert das Corona-Regime: Die Quarantäne und die Homeoffice-Pflicht sind ab Donnerstag aufgehoben. Bis Ende Februar könnte sogar das Covid-Zertifikat wegfallen.

Während die offizielle Schweiz das Pandemieende einläutet, kommt der Öffnungs-Turbo des Bundesrates für viele vulnerable Personen und Risikopatientinnen zu schnell. «Sie gehen derzeit vergessen», sagt Katrin Bucher (50), Leiterin des Pflegeheims Zentrum Schönberg.

Massnahmen leben in Heimen wohl weiter

Trotz milderer Omikron-Variante sehe sie bei betagten Personen immer wieder schwere Verläufe, so Katrin Bucher. Sie ist sich sicher: «Die Pflegeheimbewohner werden noch eine ganze Weile in einer anderen Realität leben müssen als der Rest der Bevölkerung.»

Heisst: Masken, Hygieneregeln und auch die Zertifikatspflicht für Angestellte und Besucherinnen werden in hiesigen Pflegeheimen nicht so rasch verschwinden.

Das sieht auch André Müller (57) so. Der Präsident des Altersheimverbands Curaviva hat grössere Bedenken, wenn die Maskenpflicht in Läden oder im ÖV schon bald fallen würde. «Dann gingen Besucherinnen und Besucher der Heime davon aus, dass keine Regeln mehr gelten», sagt Müller.

Pflegeheime waren schwer betroffen

Heimleiterin Katrin Bucher schlägt in dieselbe Kerbe: «Besucher müssen sich auch künftig an strengere Regeln halten.» In den Heimen herrsche – auch trotz milderer Variante und hoher Impfquote – eine andere Welt.

Die Schweiz registriert bis heute insgesamt über 12‘700 Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus. 90 Prozent der Opfer waren über 70 Jahre alt. In Pflegeheimen schlug das Virus so hart zu wie sonst nirgends.

Sterben in Isolation und zwischen Schutzkleidern

Darum stellte Bucher im letzten Oktober klar, dass es im Zentrum Schönberg für ungeimpftes Personal längerfristig keinen Platz mehr gebe. Von ihrer Entscheidung ist sie noch immer überzeugt. «Unsere Mitarbeiter sind auch ausserhalb des Heims wieder vermehrt unterwegs. Um Ansteckungen im Heim zu vermindern, sind die Impfung und Hygienemassnahmen nach wie vor die besten Mittel», sagt Heimleiterin Bucher.

Sie will die Heimbewohner schützen: «Das Schlimmste ist zu sehen, wie Leute in Isolation sterben, umgeben von Menschen in Schutzkleidern».

Auch wenn das Coronavirus weiter abschwächt und vielleicht – wie Alain Berset schon behauptete – zu einer gewöhnlichen Grippe wird, sei die Gefahr für Betagte doch nicht abzusprechen. «Auch Influenza-Viren können für Ältere tödliche Folgen haben», gibt Bucher zu bedenken.

Betagte verstecken sich nicht

Trotzdem: Jetzt brauchen auch die Pflegeheime einen Plan zum Pandemieausstieg. Der richtige Zeitpunkt dazu? «Wenn sich nachweislich herausstellt, dass eine Covid-Infektion keine schwerwiegenden Folgen mehr nach sich zieht, gehen wir zurück zum Normalbetrieb», sagt André Müller von Curaviva. Diese Evidenz fehle noch. Deshalb seien die Altersheime noch etwas zurückhaltender.

Keine Angst hat Müller, dass die vulnerablen Personen vom öffentlichen Leben abgehängt werden. «Die Leute fühlen sich gut geschützt, sie sind geimpft und geboostert und sie verkriechen sich nicht vor dem Leben.»

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