Parkplatz statt Paketzentrum
Päckli-Flaute: Post legt Neubauprojekte auf Eis

Trotz Onlinehandel und Black Friday: Das dritte Jahr in Folge meldet der Staatskonzern einen Rückgang der Paketmengen. Nun muss er drei Neubauprojekte sistieren – für manche waren bereits Grundstücke gekauft und Baubewilligungen eingeholt worden.
Publiziert: 01.12.2024 um 10:10 Uhr
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Aktualisiert: 02.12.2024 um 07:17 Uhr
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Die Paketboten der Post – und anderen Logistikunternehmen – stecken mitten in der anstrengendsten Jahreszeit.
Foto: Keystone

Auf einen Blick

  • Paketmengen sinken trotz Onlinehandel und Black-Friday-Rabattschlacht
  • 2024 werden voraussichtlich rund 23 Millionen Pakete weniger verarbeitet als 2021
  • Post legt Bau von drei regionalen Paketzentren in Egerkingen SO, Frauenfeld TG und Volketswil ZH auf Eis
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Die Kommunikationsabteilung der Post verpackt unerfreuliche Nachrichten gerne als Freudenbotschaft. «Die Post erneuert ihre grössten Sortierzentren», verkündete der Staatskonzern Mitte November.

Die tatsächlichen News versteckten die Verantwortlichen ganz am Ende ihrer Mitteilung: Der Bau von drei regionalen Paketzentren in Egerkingen SO, Frauenfeld TG und Volketswil ZH wird auf Eis gelegt – für unbestimmte Zeit.

Als Grund für die Entscheidung heisst es, in den letzten zwei Jahren hätten sich die Paketmengen «stabilisiert». Doch das ist Schönfärberei. In Tat und Wahrheit leidet die Post unter einer unerwartet hartnäckigen Päckli-Flaute.

2024 sind die Paketmengen das dritte Jahr in Folge rückläufig, ungeachtet des Onlinehandels oder der Rabattschlacht rund um den Black Friday.

23 Millionen Pakete weniger

2021 beförderte der gelbe Riese noch 202 Millionen Pakete. Wenn der Trend aus den ersten neun Monaten dieses Jahres anhält, sind es dieses Jahr vielleicht noch 179 Millionen. Was unter anderem bedeutet, dass die Auslastung der Post-Infrastruktur um 23 Millionen Pakete zurückgeht.

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Angesichts dessen macht es zweifellos Sinn, dass die Post ihre Kapazitäten weniger stark ausbaut als angekündigt. Dennoch kommt der Schritt überraschend. Noch vor einem Jahr bekräftigte das Unternehmen gegenüber Blick, man halte an den Ausbauplänen fest.

Auch CEO Roberto Cirillo (53) wollte nie etwas davon wissen, dass die Post während der Corona-Krise im Hinblick auf die Ausbaupläne für die Paketinfrastruktur etwas zu optimistisch gewesen ist: «Nein, wir haben bei weitem nicht überinvestiert», meinte er vor drei Monaten in einem Interview.

Zudem war die Planung für die drei zusätzlichen regionalen Paketzentren zum Teil bereits weit fortgeschritten.

Baubewilligungen bereits vorhanden

Für das Areal in Egerkingen, etwa fünf Fussballfelder gross, wurde zwischen der Gemeinde, einem privaten Grundeigentümer und der Post im Februar 2024 ein Kaufrechtsvertrag abgeschlossen. Das «Grenchner Tagblatt» berichtete, dass beim Kanton zudem bereits eine Richtplananpassung eingereicht worden sei, die es für den Bau des Paketzentrums brauche.

In der Ostschweiz war die Post noch weiter. «Grünes Licht für gelben Riesen», titelte die «Thurgauer Zeitung» im Sommer 2024. Die Stadt Frauenfeld habe dem Baugesuch der Post zugestimmt, die dort 200 Millionen Franken investieren wolle.

Einen Teil davon stecke die Post in die Sanierung des bestehenden Paketpostzentrums. Hinzu komme ein neues Holzgebäude nebenan, zwei Etagen hoch. Der Bericht präzisierte: «Im Erdgeschoss mit neuen Sortieranlagen, im Obergeschoss mit Büros, Lager- und Sozialräumen, sprich: Garderoben, WCs und Pausenräumen für zusätzliche 200 Mitarbeitende zu den bestehenden 650.»

Parkplatz statt Paketzentrum

So detailliert die Pläne auch klingen – sie sind erst einmal auf Eis gelegt. Genau wie in Volketswil, wo die Post vor einigen Jahren ein ehemaliges Waro-Gebäude kaufte und abreissen liess. Das Nachrichtenportal «Züriost» schrieb 2021 von 400 Stellen, die hier «ab 2025» entstehen sollen. Eine Baubewilligung für das Projekt erteilten die Behörden 2023. Weil es zu einer Einsprache gekommen war, ist sie aber erst seit Oktober 2024 gültig.

Die Gegner des Projekts dürfen trotzdem jubeln: Bis auf weiteres entsteht hier kein Paketzentrum. Stattdessen, so zeigt ein Augenschein vor Ort, wird das grossflächige Gelände als Parkplatz genutzt.

Angesichts der fortgeschrittenen Planung der Bauvorhaben sowie der früheren Aussagen Verantwortlicher wirkt der Rückzieher der Post abrupt. Die Medienstelle jedoch will von einer «Notbremse» oder einem «Rückzieher» nichts wissen. Vielmehr habe man einen «wohlüberlegten Entscheid» getroffen und angesichts der «aktuell stabilen Paketmengen» eine «Repriorisierung» der Projekte vorgenommen.

«Wir waren nicht zu optimistisch»

«Die Post schafft genau die Kapazitäten zur richtigen Zeit, am richtigen Ort», betont ein Sprecher. Das Unternehmen wolle den Mitarbeitenden stabile Arbeitsplätze anbieten und deshalb keine Überkapazitäten schaffen.

Nur wenn das Staatsunternehmen auch «mittel- und kurzfristig» auf Veränderungen reagiere, könne es die Dienstleistungen erbringen, die verlangt würden. «Und das weiterhin eigenfinanziert, also ohne Steuergelder.»

Auch gegen die Schlussfolgerung, dass die Konzernspitze um CEO Cirillo und Verwaltungsratspräsident Christian Levrat (54) die Entwicklung des Paketmarkts zu optimistisch eingeschätzt hatte, wehrt man sich am Hauptsitz in Bern Wankdorf vehement.

Der Sprecher hält fest: «Die Post war nicht zu optimistisch, sondern hat sich vor dem Hintergrund der Pandemie auch auf das Szenario vorbereiten müssen, dass sich ein solcher Anstieg noch weitere Jahre fortsetzt.»

Pakete sollten Brief-Rückgang kompensieren

Im Übrigen legt das Unternehmen Wert auf die Feststellung, dass man trotz der Baustopps weiter stark in die Infrastruktur investiere, insbesondere in die Erneuerung der grossen, nationalen Paketzentren.

Für die finanzielle Entwicklung der Post ist es von grosser Bedeutung, dass die Paketmengen bald wieder ansteigen. Schliesslich war die Konzernspitze davon ausgegangen, dass sie den Mengenrückgang bei Briefen mit dem durch Corona ausgelösten Päckli-Boom wettmachen könne.

2021 sagte Cirillo in einem Interview mit CH Media: «Den schrumpfenden Bereich in der Briefpost wollen wir mit höheren Mengen und Erträgen aus dem Geschäft mit Paketen kompensieren.»

Immerhin hat sich das Betriebsergebnis in der Sparte «Logistik-Services» aufgrund von «Effizienz- und Preismassnahmen» in den ersten neun Monaten 2024 gegenüber dem (schwachen) Vorjahr deutlich verbessert – trotz rückläufiger Mengen.

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