Mit Oscar J. Schwenk (†78) ist am Samstag einer der grossen Schweizer Wirtschaftsführer gestorben. Viele Jahre hat der Patron alter Schule die Stanser Pilatus Flugzeugwerke zu dem gemacht, was sie heute sind: Einem modernen Flugzeugbauer, der in einem weltweit äusserst kompetitiven Markt stets die Nische suchte. Und damit grosse Erfolge feiert.
Am Montag wurden die 2500 Angestellte über den überraschenden Tod Schwenks informiert. Die Todesursache ist unbekannt. Die Betroffenheit muss gross gewesen sein. Denn Schwenk war bei seinen Leuten beliebt. Vom Lehrling bis zum Chefpiloten. Weil er mit Leidenschaft seine Überzeugung gelebt hat, dass auch in der kleinen Schweiz, im kleinen Nidwalden ein Flugzeugbauer Grosses vollbringen kann.
Auf Umwegen zum Ingenieurberuf
Schwenk machte in Luzern die Matur und kam auf Umwegen zum Ingenieurberuf. Zuerst interessierte er sich mehr für Kunst und Landwirtschaft. Nach dem Studium arbeitete er bei den Flugzeugwerken in Emmen. 1979 wechselte er zu Pilatus.
Fast 30 Jahre lange sass Schwenk beim Stanser Unternehmen im Cockpit. 1994 wurde er Vorsitzender der Geschäftsleitung. Er übte das Amt bis 2012 aus. Von 2006 bis 2021 war er Verwaltungsratspräsident. In seiner Amtszeit brachte Pilatus vier neue Flugzeuge auf den Markt. Dazu gehören das Turboprop-Flugzeug PC-12, das militärische Trainingsflugzeug PC-21 und der PC-24.
Der letzte und grösste Wurf
Das erste Düsenflugzeug von Pilatus erfüllte Schwenk zeit seines Lebens mit besonderem Stolz. Es war sein letzter und zugleich grösster Wurf. Mit viel Geschick machte Schwenk – ein Meister der Inszenierung – am 1. August 2014 den Rollout des PC-24 zum Volksfest mit 35'000 Personen.
Der PC-24 übertraf selbst die hochgesteckten Erwartungen von Schwenk. Zeitweise nahm er keine neuen Bestellungen mehr entgegen. Ausverkauft! Der Bundesrat war bis vor zwei Jahren mit einem PC-24 unterwegs, verkaufte diesen aber dann, weil die PC-24 von Bundesrat und den Departementen «nur wenig nachgefragt wurde». Auch Prominente wie der damalige Nestlé-Chef Peter Brabeck (78) haben einen bestellt, ohne das Flugzeug je gesehen zu haben. Fünf Jahre musste sich Brabeck danach gedulden. «Er ist sehr zufrieden damit», sagte Schwenk nach der Auslieferung.
«Loosli kann keine Aviatik»
2021 dann gab Schwenk seinen Posten als Verwaltungsratspräsident ab. Ex-Coop-Chef Hansueli Lossli (68) wurde zum neuen Präsidenten gewählt. Schwenk blieb aber auf Mandatsbasis für Pilatus tätig. Es war ihm wohler dabei. Denn: «Mein Nachfolger Loosli kann keine Aviatik», sagte er. Die Worte eines Managers, der nicht so recht loslassen kann.
«Ich will meine Leistung nicht überbewerten, aber: Loosli wird nie das mit Pilatus machen können, was ich in vier Jahrzehnten geschafft habe. Das ist unmöglich», so Schwenk. Er sei schliesslich Ingenieur, habe im Windkanal gearbeitet, kenne die Aviatik. So war Schwenk. Selbstbewusst. Aber nicht arrogant. Das kam gut an bei seinen Angestellten.
Heftige Kritik
Schwenk war aber nicht unumstritten. Etwa wegen seiner Exporte von Trainingsflugzeugen oder der Ausbildung von Piloten in Ländern wie Saudi-Arabien oder den Arabischen Emiraten. Gegenüber den Mächtigen gab er nie klein bei, wenn es um seine Flugzeugwerke ging.
So teilte er 2019 gegen Aussenminister Ignazio Cassis (62) aus. «Ich habe versucht, eine Lösung zu finden. Bundesrat Cassis wollte aber einfach nicht. Er wollte uns nicht anhören.» Der sass. Genauso wie die Drohung mit dem Abzug des Militärgeschäfts ins Ausland. 1000 Jobs wären so verloren gegangen. Gegen das drohende Geschäftsverbot zog er vor Bundesverwaltungsgericht. Und obsiegte.
Bis zuletzt arbeitete Schwenk als Landwirt. Im Eigenthal LU bewirtschaftete er zusammen mit seinem Sohn 54 Hektaren Land. Angus-Rinder waren seine grosse Leidenschaft. Noch am Samstag war er selber am Heuen.