«Herzlichen Dank für den Regierungsauftrag»
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Merz in CDU-Zentrale gefeiert:«Herzlichen Dank für den Regierungsauftrag»

Ökonom Klaus Wellershoff über den neuen Bundeskanzler – und die Folgen für die Schweizer Wirtschaft
«Ich erwarte nicht, dass Merz mit der Kettensäge herumläuft»

Der künftige Kanzler Friedrich Merz hat versprochen, die deutsche Wirtschaft wieder auf Kurs zu bringen. Schafft er das? Und was bedeutet ein Kanzler Merz für die Schweiz? Ökonom Klaus Wellershoff ordnet ein.
Publiziert: 23.02.2025 um 21:21 Uhr
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Aktualisiert: 23.02.2025 um 23:39 Uhr
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Ökonom Klaus Wellershoff sieht beim künftigen Bundeskanzler Friedrich Merz mit Abstand die grösste Wirtschaftskompetenz aller Kandidaten, die zur Wahl angetreten sind.
Foto: Joël Ott

Auf einen Blick

  • Friedrich Merz könnte die deutsche Wirtschaft wieder zum Blühen bringen
  • Senkung des Strompreises als mögliche Sofortmassnahme für wirtschaftlichen Aufschwung
  • Konsumstimmung in der Schweiz derzeit schlechter als in Deutschland
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Martin SchmidtRedaktor Wirtschaft

Ökonom Klaus Wellershoff (61) ist Chef der Beratungsfirma Wellershoff & Partners in Zürich. Er und sein Team haben die Entwicklung der deutschen Wirtschaft genau im Blick. 

Blick: Kann Friedrich Merz als Kanzler die schlingernde deutsche Wirtschaft wieder auf Kurs bringen?
Klaus Wellershoff: Friedrich Merz vermittelt als einziger glaubhafte wirtschaftliche Kompetenz. Die Wirtschaftskompetenz der anderen Kandidaten war unterirdisch. Ich erwarte, dass sich die Wirtschaft unter Merz schneller erholt.

Wie rasch kann der Umschwung gelingen?
Das hängt davon ab, was für eine Koalition er für eine Regierung bilden muss. Der 12-Punkte-Plan der CDU wäre sicher hilfreich für den Aufschwung und wird auch von anderen Parteien geteilt. Als Sofortmassnahme will Merz den Strompreis senken. Das ist dringend notwendig und könnte nun bereits eine Wirkung entfalten, noch bevor ein Koalitionsvertrag steht. Denn die Unternehmen fassen wieder mehr Vertrauen in die Zukunft. Deutschland dürfte in diesem Jahr zudem davon profitieren, dass der Industriezyklus voraussichtlich wieder anzieht und die Nachfrage nach Industriegütern steigt. 

Das heisst, mehr verkaufte deutsche Autos und damit wieder mehr Aufträge für die Schweizer Automobilzulieferer?
Die deutsche Automobilbranche befindet sich im Umbruch. In sie würde ich in naher Zukunft keine allzu grossen Hoffnungen setzen. Deshalb bin ich froh, dass unsere Zulieferer in der Schweiz unheimlich flexible Unternehmen sind, die Wege finden, mit ihrer Produktion neue Märkte zu erschliessen.

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Deutschland ist für die Schweiz nach wie vor der zweitwichtigste Exportmarkt. Bringt Merz auch dem Schweizer Exportgeschäft die Trendwende?
Die beiden Länder sind nicht nur im Handel ganz eng verflochten. Die Stimmungslage von Konsumenten und Unternehmen in der Schweiz und Deutschland verläuft unglaublich parallel. Ist die Weltuntergangsstimmung in Deutschland weg, würde sich das ebenfalls positiv auf die Schweizer Konsumenten und Unternehmen auswirken. Denn in der Schweiz steht es um die Konsumstimmung im historischen Vergleich derzeit sogar schlechter als in Deutschland.

Deutschland hat seine Infrastruktur völlig vernachlässigt. Wird Merz die Schuldenbremse für die nötigen Investitionen lockern?
Wir gehen davon aus, dass die Schuldenbremse fällt, unabhängig davon, wie sich die Regierung am Ende zusammensetzt. Die deutsche Politik ist zu schwach, um wirklich Sparmassnahmen durchzuführen. Deshalb wird man die notwendigen Investitionen über Schulden finanzieren. Die Lockerung der Schuldenbremse setzt jedoch eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und im Bundesrat voraus und das wird Zeit brauchen. Für den Umschwung sind zudem andere Faktoren als die öffentliche Infrastruktur wichtiger. 

Und welche?
Die Umsetzung von Infrastrukturprojekten dauert Jahre oder gar Jahrzehnte. Für die Wirtschaft ist der Ausblick, dass diese Projekte kommen, fast wichtiger als die Investitionen selbst. Dann kehrt der Optimismus zurück und die privaten Unternehmen investieren selbst in ihre Anlagen.

Schafft es Merz, die aufgeblähte Bürokratie wie angekündigt abzubauen?
Hier bin ich skeptisch. Der Auftrag der Parlamentarier ist ja, neue Gesetze und Verordnungen zu machen und nicht, diese zurückzuschneiden. Einen solchen Abbau hat man in der Vergangenheit praktisch in keiner Demokratie der Welt gesehen. Ich erwarte nicht, dass Merz mit der Kettensäge herumläuft. 

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