Neue Daten zur Armutsquote
Geht es unseren Rentnern besser als gedacht?

20 Prozent der Pensionierten im Land sind wegen ihres tiefen Einkommens armutsgefährdet. Wird das Vermögen mitberücksichtigt, sieht die Situation deutlich besser aus.
Publiziert: 17.07.2023 um 14:41 Uhr
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Armutsbetroffene müssen in ihrem Alltag oft verzichten.
Foto: Keystone
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Martin SchmidtRedaktor Wirtschaft

Wer in der Schweiz weniger als 2279 Franken pro Monat verdient, lebt in Armut. Das heisst, dass die Einkünfte nicht zur Finanzierung des Existenzminimums ausreichen. Bei einer Familie mit zwei Kindern beträgt die Armutsgrenze 3963 Franken und inklusive Krankenkassenprämien 5067 Franken. Personen mit einem leicht höheren Einkommen gelten als armutsgefährdet. Und das trifft besonders oft auf Rentnerinnen und Rentner zu.

Jede fünfte Person im Pensionsalter ist armutsgefährdet. Zumindest, wenn man einzig das Einkommen berücksichtigt. Das Bundesamt für Statistik hat bei einer neuen Untersuchung zur Armutsmessung die Vermögenssituation der Haushalte mit einbezogen. Was sich dabei zeigt: Während die Risikogruppen in allen Altersgruppen ähnlich bleiben, bilden die Rentnerinnen und Rentnern die grosse Ausnahme.

Die wichtigsten Gründe für Armut

Wird bei den 65- bis 74-Jährigen fünf Prozent der flüssigen Mittel zum jährlichen Einkommen addiert, sinkt die Armutsquote in dieser Alterskategorie um fünf Prozentpunkte auf acht Prozent. Zu den flüssigen Mitteln zählen Bank- und Postkonti, Aktien und Obligationen. Werden alle Vermögenswerte bis auf die allfällige Eigentumswohnung berücksichtigt, dann sinkt sie noch um einen weiteren Prozentpunkt.

Bei dieser Berechnung werden Vermögenswerte wie eine Ferienwohnung verkauft. Der Einfluss ist jedoch gering, da nur ein Bruchteil der Bevölkerung über einer Ferienwohnung verfügt. Ein Verkauf von selbst bewohntem Eigentum macht hingegen seltener Sinn, da die Person anschliessend Miete zahlen müsste.

Bei unter 50-Jährigen sind die durchschnittlichen Vermögen derart klein, dass sich die Armutsquoten kaum verändern. Erst bei den 50- bis 64-Jährigen sinkt die Quote bei einem Vermögensverzehr immerhin von zwölf auf zehn Prozent.

Reserven beruhigen ungemein

Bei den über 75-jährigen Pensionären und Pensionärinnen halbiert sich die Armutsquote unter Berücksichtigung des flüssigen Vermögens praktisch: Sie sinkt von 19 auf 11 Prozent. Dass die Quote in dieser Alterskategorie deutlich höher ist, liegt auf der Hand: Gerade ärmere Pensionäre haben mit zunehmendem Alter immer weniger auf der hohen Kante. Zudem sind Frauen in der Altersgruppe Ü75 wegen der höheren Lebenserwartung immer stärker vertreten.

Gleichzeitig Frau und pensioniert zu sein, zählt in der Schweiz nach wie vor zu einem der grössten Armutsrisiken. Die anderen sind ein tiefes Bildungsniveau, eine ausländische Staatsbürgerschaft oder das Wohnen in einer ländlichen Gemeinde. Ebenfalls signifikant steigt das Risiko bei verwitweten Personen oder solchen, die sich scheiden lassen.

Die Berücksichtigung der finanziellen Reserven verbessern den Spielraum bei wichtigen Anschaffungen deutlich: Ohne Ersparnisse gerechnet, sind 29 Prozent der Armutsbetroffenen von materiellen Entbehrungen betroffen. Werden die Reserven berücksichtigt, sind es noch 18 Prozent. Eine unvorhergesehene Rechnung in Höhe von 2500 Franken können sich dank Ersparnissen 46,4 der Armen statt 69,9 Prozent leisten. Einkommensarme Haushalte mit Reserven sind zudem nur in 17,4 Prozent der Fälle mit ihrer finanziellen Situation unzufrieden. Ohne Reserve sind es fast die Hälfte.


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