Lange Zeit war die Post mit der Postfinance die klare Nummer eins in der Schweiz. Zumindest in Bezug auf die physische Präsenz. Doch die Zahl der Poststellen ist quasi kollabiert – von einst 3000 auf unter 800. Neu hat nun die Raiffeisenbank das grösste Filialnetz der Schweiz – und ihr Chef Heinz Huber bläst in einem Interview mit den CH-Media-Zeitungen zum Angriff.
Im Visier hat er den von der Post erbrachten Grundversorgungsauftrag beim Zahlungsverkehr. «Diesen Auftrag könnte man aus unserer Sicht ausschreiben», sagt Huber. Raiffeisen hätte Interesse, sich darum zu bewerben.
«Die Voraussetzungen brächten wir mit. Raiffeisen hat das grösste Bankstellen-Netz, sie ist physisch an über 800 Standorten vertreten.» Auch bei den Bancomaten habe Raiffeisen das grösste Netz der Schweiz.
Stärkung der Postfinance nicht wünschenswert
Der Grundversorgungsauftrag verpflichtet die Post, dass Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs zu Fuss oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln innerhalb von 20 Minuten für 90 Prozent der Bevölkerung erreichbar sind. Mit der grösseren physischen Präsenz soll die Raiffeisen nun der bessere Partner dafür sein, so die Überlegung von Huber.
Im Interview legt er nach und sagt, eine Stärkung der Postfinance durch die Politik sei nicht wünschenswert. «Die Konkurrenz funktioniert bereits hervorragend. Wir brauchen kein weiteres staatliches Institut, das Kredite vergibt.»
«Unsere Stelleninserate werden sicher besser beachtet»
Huber sprach auch über den Untergang der Credit Suisse (CS) und ihre Notübernahme durch die UBS. «Wir hatten im Oktober 2022 und im März 2023 Geldzuflüsse von CS-Kundinnen und -Kunden.» Aber insgesamt hielten sich die Auswirkungen im Rahmen. Und: «Unsere Stelleninserate werden sicher besser beachtet als auch schon.»
Nun setzt sich auch die Politik mit den Geschehnissen auseinander. Huber fordert, dass diese erst den Ursachen des CS-Niedergangs auf den Grund geht, bevor sie reguliert. Und: Sie solle den unterschiedlichen Geschäftsmodellen Rechnung tragen.
Raiffeisen sei primär im Inland tätig, habe kein Investmentbanking und keinen extensiven Eigenhandel. Die Risiken seien also beschränkt. «Da macht es keinen Sinn, regulatorisch alle Banken über denselben Leisten zu schlagen», sagte Huber.
Sparzinsen werden später erhöht
Huber wehrt sich gegen den Vorwurf, die Kunden würden bei den Sparzinsen nur wenig von der Leitzinserhöhung durch die SNB spüren. Diese Sätze würden verzögert reagieren.
Denn Raiffeisen habe sehr viel Geld in den Festhypotheken, die noch zu sehr tiefen Zinsen liefen. «Da macht es betriebswirtschaftlich keinen Sinn, die Sparzinsen sofort anzuheben, wenn die Nationalbank die Zinsen erhöht.»
Die Häuser- und Wohnungspreise waren in der Schweiz bisher unbeeindruckt vom Zinsanstieg. Mit einer gewissen Verzögerung könnte sich das aber ändern, denkt Huber. «Wir gehen nicht von sinkenden Immobilienpreisen aus, aber davon, dass sich der Anstieg verlangsamt», sagte er. (nim/SDA)