Die Katastrophe rund um das Tauchboot Titan hat vor allem eines vor Augen geführt: Für das exklusive Reiseerlebnis sind gewisse Menschen bereit, nicht nur viel Geld zu bezahlen, sondern auch grosse Risiken einzugehen.
Die Reise zum Titanic-Wrack bezahlten fünf Menschen mit ihrem Leben. Allein in diesem Jahr sind bereits 17 Personen beim Versuch, den Mount Everest zu besteigen, gestorben. Die Erlaubnis für die Besteigung kostet übrigens über 10'000 Franken.
Und trotz der Unwägbarkeiten der Raumfahrt steht das nächste grosse Abenteuer in den Startlöchern: Heute Donnerstag absolviert das Weltraumtourismus-Unternehmen Virgin Galactic seinen ersten kommerziellen Flug ins All. An Bord für den 90-minütigen Flug sind zwei Angehörige der italienischen Luftwaffe und ein italienischer Forscher. Sie werden in bis in eine Höhe von 80 Kilometern gelangen und dort mehrere Minuten der Schwerelosigkeit erleben. Auch wenn Virgin-Gründer Richard Branson medienwirksam selber einen solchen Flug absolvierte, um Bedenken zu zerstreuen: Das Risiko ist nicht gerade gering.
Alle wollen Nervenkitzel
Grundsätzlich wollen alle – nicht nur Reisende – etwas Abenteuer. Eine Studie von Grand View Research hat den weltweiten Markt für Abenteuerreisen im Jahr 2022 auf 316 Milliarden Dollar beziffert und rechnet mit einem jährlichen Wachstum bis 2030. Besonders stark wächst allerdings das Geschäft mit extremen Reisezielen.
Hier muss man festhalten, dass 65 Prozent aller Umsätze im Bereich Abenteuerreisen auf «Soft Adventures» entfallen. Dazu zählt man Aktivitäten wie Kanufahren, Reiten oder Ballonflüge. «Hard Adventures» machen rund 30 Prozent aus, darunter fallen etwas riskantere Aktivitäten wie Fallschirmspringen, Wildwasser-Kayak, Via-Ferrata-Wanderungen oder hochalpines Skifahren. In dieses Segment fallen durchaus auch exotische Abenteuer wie das «Tauchen zwischen Kontinentalplatten» oder der Besuch von Magmakammern von Vulkanen, beides in Island.
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Den Rest machen die «Extreme Adventures» aus. Hier gehört die Gefahr quasi zum Programm. Da ist die Rede von Dschungel- oder Wüstenabenteuern, bei denen man mehrheitlich auf sich selber gestellt ist und an seine Grenzen kommt. Bungeesprünge über aktiven Vulkanen, für läppische 15'000 Dollar in Chile buchbar. Oder eben körperlich anspruchsvolle Touren zu den höchsten Bergen der Welt, in die entlegensten Wälder und Wüsten, zu den äusseren Grenzen des Planeten und zu den tiefsten Stellen der Ozeane. Je extremer, desto teurer – und eben auch desto gefährlicher. Selbst wenn die Reisenden oft Monate an Vorbereitung und Trainings auf sich nehmen, um ihre «ultimativen Abenteuer» zu erleben.
Ein Versicherungsgeschäft
In der Regel sollte keine Lebensgefahr bestehen. Die Superreichen sind nicht mehr lebensmüde als andere, sondern können einfach extremere Grenzen ausloten. Inzwischen sind Extremabenteuer deshalb auch ein Versicherungsgeschäft.
Die US-Firma Global Rescue bietet weltweit Dienstleistungen in den Bereichen Medizin, Sicherheit, Evakuierung und Management von Reiserisiken an. Die beiden am schnellsten wachsenden Segmente seien Abenteuer- und Luxusreisen, sagt CEO Dan Richards im Wall Street Journal. Die heute auf Reisen eingegangenen Risiken seien deutlich grösser als in der Vergangenheit. Die Zahl der verkauften Abenteuer-Reiseversicherungs-Policen wächst demzufolge. Nur: Die Lebensgefahr ist damit nicht gebannt.