Da sich das Verkehrsverhalten der Schweizer Bevölkerung seit der Coronakrise komplett gewandelt hat, forderte Preisüberwacher Stefan Meierhans (52) im Interview mit BLICK vom Öffentlichen Verkehr (ÖV) mehr flexible Abo- und GA-Angebote und zeitgemässe Tarifmodelle.
Die Branchenorganisation des öffentlichen Verkehrs Alliance Swisspass geht nun in die Offensive. Sprecher Thomas Ammann räumt gegenüber BLICK ein, dass im ÖV zwischen dem Generalabonnement und Halbtax ein flexibles Angebot fehle. Darum laufe ein Projekt für eine neue Abo-Lösung. «Sie soll sich an Kunden richten, die mehr als Gelegenheitsnutzer sind, aber doch nicht so viel fahren, dass sich ein GA lohnt.»
Homeoffice-GA möglich ab Fahrplanwechsel 2021
Gemeint seien etwa Teilzeitangestellte, Menschen, die an einem Ort arbeiten und einem anderen Ort studieren, oder auch Personen, die zwischen Homeoffice und Büro wechseln. Die Tests des Homeoffice-GA-Angebots starten laut Ammann nächstes Jahr. Eingeführt würde es frühestens auf Fahrplanwechsel 2021.
Für die Präsidentin, der Kundenvertreterin Pro-Bahn, Karin Blättler sind die neuen Angebote ein Tropfen auf den heissen Stein. «Wir fordern seit Jahren einfache, transparente Tarife und Angebote, die auf die flexiblen Bedürfnisse der Kunden der Zukunft geschnitten sind», betont Blättler. Sie meine damit grundlegende Innovation und nicht irgendwelche Systemkorrekturen und Bastlen an Kleinlösungen.
Sparbilletten können Pendlerströme nicht lenken
Auf die Forderung von Meierhans, dass niederschwellige Angebote wie Sparbillette ausgebaut werden sollten, erwähnt Alliance Swisspass-Sprecher Ammann den Plan einzelner ÖV-Verbünde, Tests mit Sparbilletten zu starten. Im Fernverkehr sei die Alliance zudem sehr offen, auch auf dem Gebiet der Verkehrsverbünde neu Sparbillette anzubieten.
Im Gegensatz zum Preisüberwacher sieht Ammann Sparbillette aber nicht als Lösung, um auf die Verkehrsströme einzuwirken. «Sparbillette haben nur beschränkt eine lenkende Wirkung», sagt er. Nur wenige Pendler, die zu Stosszeiten reisen, würden wegen dem Sparbillett auf weniger ausgelastete Zeiten wechseln.
Zudem führten Sparbillette zu Minder- und nicht Mehreinnahmen. Sie seien also weder eine Lösung, um die Passagierspitzen zu brechen, noch um die Auslastung zu steigern. Vielmehr kannibalisierten die Sparbillette die Normalpreisbillette.
Prioritär soll Rettungspaket Arbeitsplätze retten
Die Sparbillette seien kein Allheilmittel. Es gibt laut Ammann aber andere Möglichkeiten, um Spitzen zu glätten. Zum Beispiel, indem sich die Leute per App über die Auslastung einzelnen Wagen informieren, und so ausweichen könnten.
Zur Forderung, das Corona-Hilfspaket des Bundes für den ÖV zu koppeln, sagt Ammann: «Es ist jetzt wichtig, die Arbeitsplätze im ÖV zu sichern, wir werden aus der Krise lernen und sind überzeugt, dass der ÖV gut aufgestellt ist.»
Die Branchenorganisation des öffentlichen Verkehrs ist ein Zusammenschluss von 250 Transportunternehmen – die SBB ist der weitaus grösste Partner.