Nach Erhöhung des Referenzzinssatzes
Diese Fehler sollten private Vermieter vermeiden

Vermieterinnen und Vermieter können jetzt mehr für die Wohnung verlangen. Doch bei Mieterhöhungen lauern Gefahren – wir benennen sie.
Publiziert: 28.06.2023 um 16:32 Uhr
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Aktualisiert: 17.01.2024 um 08:29 Uhr
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Die Vermieterinnen und Vermieter überbringen eine unangenehme Botschaft, wenn sie die Miete anheben.
Foto: Getty Images
Marc Bürgi
Handelszeitung

Der Schweizer Mietermarkt ist in Bewegung geraten. Es rollte eine Teuerungswelle durch das Land, ausgelöst durch die Erhöhung des Referenzzinssatzes am 1. Juni. Sie gibt den Vermieterinnen und Vermietern die Möglichkeit, die höheren Zinskosten auf die Miete zu überwälzen. Gleichzeitig können sie auch wegen der Teuerung und allgemeinen Kostensteigerungen mehr für die Wohnung verlangen.

Die Situation sorgt für Verunsicherung, denn letztmals stiegen die Mieten vor 15 Jahren im breiten Ausmass. Es stellen sich zwei entscheidende Fragen: ob die Miete grundsätzlich steigen darf – und ob das Ausmass der Steigerung gerechtfertigt ist.

Nicht nur die Mietenden sind mit diesen Fragen konfrontiert, sondern auch die Vermieterinnen und Vermieter. Und in der Schweiz sind Privatleute die grösste Gruppe der Vermieter. Es ist vielleicht das ältere Ehepaar, das seine Erdgeschosswohnung im Haus vermietet. Oder die junge Frau, die von ihrer verstorbenen Grossmutter eine Eigentumswohnungen erhalten hat.

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Viele dieser Leute vermieten ihre Immobilie mit wenig Fachkenntnis. Sie befinden sich nach der Erhöhung des Referenzzinses auf ungewohntem Terrain und können schnell in rechtliche Fallgruben geraten, sprich: bei der Vermietung Fehler machen. Wir klären die entscheidenden Fragen:

Wer darf die Miete anheben?

Es sind jene Vermieterinnen, die in den Mietverträgen einen Referenzzinssatz von 1,25 Prozent vereinbart hatten.

Anfang Juni stieg der Satz auf 1,5 – somit dürfen die Eigentümer in diesem Fall ab dem nächsten Kündigungstermin 3 Prozent mehr Miete verlangen. Nicht steigen dürfen die Mieten, wenn in den Verträgen noch ein höherer Satz von beispielsweise 1,75 Prozent abgebildet ist. Das ist der Fall, wenn die Verwaltung drauf verzichtet hatte, frühere Senkungen des Referenzinssatzes weiterzugeben. Oder umgekehrt, dass die Mieterinnen sie nicht eingefordert hatten.

Allerdings wird diese Erhöhung nicht die letzte sein: Bereits im Winter wird der Satz voraussichtlich auf 1,75 steigen, später dürften weitere Erhöhungen folgen. Letztlich werden also die meisten Vermieter handeln müssen.

Wie viel darf ich wegen der Teuerung und allgemeinen Kostensteigerungen mehr verlangen?

Die Zinskosten sind nicht der einzige Kostenblock. Die Vermieter dürfen auch 40 Prozent der aufgelaufenen Teuerung sowie die allgemeine Kostensteigerung einfordern. Der zweite Punkt umfasst sämtliche Betriebskosten, die nicht bereits als Nebenkosten von den Mieterinnen übernommen werden: Beispielsweise einen Anstieg der Versicherungsprämie oder den Zuschlag, den ein Handwerksbetrieb seit kurzem verlangt.

Grundsätzlich kann die Verwaltung die Inflation und die zusätzlichen Aufwendungen jederzeit geltend machen – also auch in Jahren, in denen der Referenzzinssatz unverändert bleibt. Aber um die Mieterschaft nicht zu verärgern, empfiehlt es sich, die beiden Kostenblöcke an die Veränderung des Referenzzinssatzes zu koppeln.

Wie kalkulieren sich diese Kosten?

Wenn sich die Teuerung – gemessen am Landesindex der Konsumentenpreise – in einem Jahr beispielsweise auf 2,8 Prozent beläuft, darf die Miete um 1,12 Prozentpunkte steigen (40 Prozent).

Bei der allgemeinen Kostensteigerung hat sich in den meisten Kantonen ein Satz von 0,25 bis 0,5 Prozentpunkte pro Jahr etabliert. Grundsätzlich dürfen aber nur die tatsächlich angefallenen Kosten eingefordert werden. Im Zweifelsfall – bei einer Anfechtung der Erhöhung – muss die Verwaltung die Ausgaben vor der Schlichtungsstelle oder dem Mietgericht belegen können.

Um beim Beispiel zu bleiben: Teuerung und Kostensteigerung (0,5 Prozent) zusammengenommen verteuern eine Monatsmiete von 1000 Franken auf 1016 Franken. Wenn noch die Erhöhung des Referenzzinses dazukommt, steigt die Miete auf 1046 Franken.

Wie wird die Miete korrekt angehoben?

Die Grundvoraussetzung wurde bereits erwähnt: Der Vertrag muss auf dem bisher gültigen Referenzzins beruhen (zuletzt 1,25 Prozent). Dann müssen die Vermieterinnen auch die Fristen und Formvorschriften einhalten: Die Ankündigung muss die Mieterschaft auf einem amtlich bewilligten Formular und mit eingeschriebenem Brief erreichen. Der Grund, wieso die Miete angehoben wird, muss in dem Brief ausdrücklich festgehalten sein.

Frühzeitig handeln lohnt sich. Denn nicht nur gilt es, eine Kündigungsfrist von drei Monaten einzuhalten – auch haben Mieterinnen noch zehn Tage Bedenkzeit zugute, um zu entscheiden, ob sie die Erhöhung akzeptieren wollen.

Dies ergibt in der Summe rund hundert Tage. Was heisst: Vermieter, die nach der Erhöhung des Referenzzinssatzes Anfang Juni nicht schon gehandelt haben, müssen sich gedulden. Denn der Monat Oktober beginnt in weniger als hundert Tagen. Es ist der frühestmögliche Kündigungstermin, wenn der Zeitpuffer eingehalten wird.

Die nächste Chance winkt erst Anfang November, vorausgesetzt, dass der Mietvertrag monatlich per Monatsende aufgelöst werden kann. Viele Wohnungen können allerdings nur einige Male im Jahr gekündigt werden. Verbreitete Termine sind Ende März, Ende Juni und Ende September.

Was passiert, falls der Mieter die Erhöhung anficht?

Sollten Mieterinnen und Mieter die Erhöhung nicht akzeptieren, können sie die Schlichtungsbehörden einschalten – dafür haben sie dreissig Tage Zeit, nachdem sie den Brief erhalten haben (es gilt das Datum des Poststempels).

Das Verfahren ist auch für Vermieterinnen kostenlos, und sie müssen persönlich bei der Behörde erscheinen, die für die Adresse der Wohnung zuständig ist. Schlichtungsstellen gibt es in sehr vielen Bezirken. Die zuständige Stelle lässt sich beispielsweise beim Mieterinnen- und Mieterverband erfragen.

Wichtig ist insbesondere eine gute Vorbereitung: Die Vermieter müssen sämtliche Kosten und Dokumente im Zusammenhang mit dem Mietobjekt belegen beziehungsweise vorlegen können. Eine Anwältin einzuschalten, ist in der Regel nicht nötig. Das Verfahren ist nicht sehr formell und hat lediglich zum Ziel, eine Einigung zwischen den Parteien zu erreichen. Nur wenn sich der Konflikt nicht überbrücken lässt, wird in einem zweiten Schritt das Mietgericht eingeschaltet. Ab dieser Stufe kommen auch auf die Vermieterschaft Kosten zu.

Was ist sonst noch zu beachten?

Niemand zahlt gerne mehr Miete: Die Vermieterinnen und Vermieter überbringen also eine unangenehme Botschaft, wenn sie die Miete anheben. Somit ist Fingerspitzengefühl gefragt: Es wird von den Mietenden geschätzt, wenn die Vermieterschaft die Mieterhöhung persönlich am Telefon oder der Haustür erklärt.

Oder, falls die Kommunikation auf postalischem Weg erfolgt, wenn nebst dem Dokument auch ein netter Brief im Couvert enthalten ist. Eine französische Redewendung bringt es auf den Punkt: «C'est le ton qui fait la musique.»

«Beziehungspflege mit den Mieterinnen und Mietern zahlt sich aus – so laufen die Vermieter weniger Gefahr, sich mit Mieterwechseln oder Mietstreitigkeiten herumschlagen zu müssen», sagt Karin Weissenberger, Leiterin des Beratungsteams bei Casafair Schweiz, dem Verband nachhaltig orientierter Hausbesitzer.

Artikel aus der «Handelszeitung»

Dieser Artikel wurde erstmals im kostenpflichtigen Angebot von handelszeitung.ch veröffentlicht. Blick+-Nutzer haben exklusiv Zugriff im Rahmen ihres Abonnements. Weitere spannende Artikel findest du unter www.handelszeitung.ch.

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