Diese Woche machte Sergio Ermotti (63) offiziell, was SonntagsBlick bereits im März prophezeit hatte: Die Credit Suisse wird vollständig in die UBS integriert. Ende 2024 geht die 167-jährige Geschichte von Alfred Eschers Kreditanstalt zu Ende.
Die grössten Verlierer dieser Tragödie sind die einfachen Mitarbeitenden, die wegen der Zusammenlegung ihren Job verlieren. Das Verschwinden der CS ist aber auch für die Schweizer Industrie ein harter Schlag. Unternehmer und SVP-Patron Christoph Blocher (82) warnte schon im Vorfeld des staatlich orchestrierten Übernahmedeals: «Eine Zusammenlegung von UBS und CS wäre für den Werkplatz Schweiz eine schlimme Sache.» Es gebe Geschäfte, die international tätige Schweizer Firmen nur mit einer Grossbank, also in der Schweiz mit der UBS oder mit der CS, machen könnten. «Wenn es da keinen Wettbewerb mehr gibt, sind die Firmen der alleinigen Bank ausgeliefert», so Blocher.
Dieses Szenario ist nun Tatsache. Martin Hirzel (53), Präsident von Swissmem, dem Verband der Schweizer Tech-Industrie, führte deshalb in den vergangenen Monaten «intensive Gespräche» mit der UBS. KMU, die bisher bei UBS und CS waren, machten sich vor allem Sorgen wegen ungedeckter Kreditlimiten. «Sie befürchten, dass die UBS die Kredite der CS nicht übernimmt, zumindest nicht vollständig», so Hirzel.
Schweizer Finanzchefs klopfen bei bei Deutschen Banken an
Die Folge wären Liquiditätsprobleme. Nun hat die Industrie aber das Versprechen erhalten, dass «eins und eins zwei» ergibt – dass die UBS also sämtliche KMU-Kredite der CS übernimmt. «Das hat auch Sergio Ermotti am Donnerstag nochmals bekräftigt», sagt Hirzel.
Ebenfalls versprochen habe der Tessiner, dass die UBS die Exportfinanzierung der CS fortführen werde. «Das ist sehr wichtig für uns, weil die CS in diesem Geschäft klarer Marktführer war.»
Zentral für die Industrie sind zudem syndizierte Kredite – also Kredite, die von mehreren Banken gemeinsam gewährt werden. «Für mittelgrosse Firmen und Exportfirmen gehören solche Kredite zum Standard, um grosse Investitionen zu finanzieren», erklärt Hirzel.
Mehr zur CS-Übernahme
Bisher wurde das meist mit UBS, CS und teilweise mit der ZKB gemacht. Jetzt müssen die Firmen schauen, dafür eine dritte Bank zu finden.
Hirzel weiss: «Weil das in der Schweiz sonst niemand kann, klopfen die Finanzchefs von Schweizer Firmen nun bei ausländischen Banken an. Die Banken in unseren Nachbarländern werden seit der CS-Übernahme mit Anfragen von Schweizer Firmen überrannt.» Vertreter ausländischer Banken hätten ihm gegenüber gesagt, dass sie sich gar nicht um neue Kunden aus der Schweiz bemühen müssten, sondern dass Schweizer Finanzchefs von sich aus zu ihnen kämen.
Kann sich die Industrie auf die UBS verlassen?
SonntagsBlick weiss: Bei KMU in der Deutschschweiz erfreuen sich namentlich Commerzbank und Deutsche Bank stark steigender Beliebtheit. Beide haben ihren Hauptsitz in Frankfurt am Main, dem Zentrum der deutschen Finanzindustrie, sind aber auch in der Schweiz seit Jahrzehnten präsent.
Auf Anfrage von SonntagsBlick bestätigen sie den starken Zulauf hierzulande. «In den vergangenen Monaten verzeichnen wir eine zunehmende Nachfrage in der gesamten Breite unseres Angebots an Finanzdienstleistungen», sagt eine Sprecherin der Commerzbank. Dieses umfasse unter anderem Finanzierungslösungen auf der Kapitalmarktseite, Risikoabsicherungen auf der Währungs-, Zins- und Rohstoffseite, Begleitung von Export- und Importgeschäften, Zahlungsverkehr und Cash Management.
Die Deutsche Bank wiederum hält fest, dass man in der Schweiz bereits 2022 ein Rekordjahr verzeichnet habe. «Diesen Trend konnten wir auch im Jahr 2023 mit zweistelligen Wachstumsraten fortsetzen», sagt eine Sprecherin. Das Wachstum sei zum einen auf bestehende Kunden zurückzuführen, zum anderen aber auch auf Multinationals – grosse international orientierte Unternehmen –, die man als Neukunden gewinnen konnte.
Künftig wolle das Unternehmen seine Position bei Schweizer Mid Caps, also mittelgrossen Unternehmen, weiter ausbauen. «Vor diesem Hintergrund vergrössern wir aktuell unseren lokalen Fussabdruck und erweitern die Anzahl an Firmenkundenberatern um 25 Prozent.»
Für Hirzel von Swissmem ist diese Entwicklung eine logische Folge des Schweizer Bankenbebens: «Der Industrie ist klar, dass sie sich nicht auf die Wohltätigkeit der UBS verlassen kann.» Es sei die Aufgabe jedes einzelnen Unternehmens, nicht von einer einzigen Bank abhängig zu werden.