Mitarbeitende fallen pro Jahr für 16 Arbeitstage aus
So krank sind die Angestellten unserer Post

Der Staatsbetrieb meldete 2022 einen deutlich höheren Krankenstand als zuvor. Gewerkschafter sehen den Arbeitsdruck als Ursache. Die Post-Spitze erklärt die Zunahme in erster Linie mit gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen.
Publiziert: 12.03.2023 um 10:23 Uhr
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Aktualisiert: 12.03.2023 um 14:11 Uhr
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Post-Verwaltungsratspräsident Christian Levrat (52) bereitet die Zunahme der Absenztage Sorgen: «Wir nehmen die Entwicklung sehr ernst.»
Foto: Philippe Rossier
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Thomas SchlittlerWirtschaftsredaktor

Die Post präsentierte diese Woche einen Konzerngewinn von 295 Millionen Franken. Fazit der Konzernleitung: «Die Post ist fit – auch für ein sehr anspruchsvolles Umfeld.»

Deutlich weniger fit sind leider die 46 500 Menschen, die dieses Ergebnis erbracht haben. Im Geschäftsbericht findet sich eine Zahl, die zu denken gibt: Durchschnittlich blieben Post-Mitarbeitende im vergangenen Jahr 15,8 Tage lang der Arbeit fern – aus medizinischen Gründen.

Das ist ein trauriger Spitzenwert: 2010 zählte der gelbe Riese noch 10,5 medizinisch bedingte Ausfalltage pro Mitarbeiter, 2015 waren es 12,4 Absenztage, 2021 fielen die Angestellten des Staatsbetriebs im Schnitt 14 Tage aus. 2022 nun also mehr als drei Arbeitswochen – eine Zunahme von 13 Prozent innert Jahresfrist.

Die Gewerkschaften erklären dies mit längeren und flexibleren Arbeitstagen: «Das führt gerade bei Zustellerinnen und Zustellern, aber auch in den Brief- und Paketzentren, zu immer mehr Stress und Druck», sagt Matteo Antonini, Leiter Sektor Logistik bei Syndicom.

Post-Verwaltungsratspräsident Christian Levrat (52) macht die Zunahme der Absenztage ebenfalls Sorgen. Die Erklärung von Syndicom aber hält Levrat, der früher selbst Gewerkschafter war, für wenig schlüssig – zumal das Arbeitsvolumen in den Sortierzentren und bei der Zustellung im vergangenen Jahr eigentlich eher zurückgegangen sei. Im Gespräch mit SonntagsBlick erklärt Levrat, die häufigsten Gründe für Abwesenheiten seien Probleme des Bewegungsapparats sowie psychische Leiden. Man verzeichne eine Zunahme von Langzeitabsenzen und – parallel dazu – von kurzen Absenzen: «Diese Tendenz sehen wir für die gesamte Post, sowie auch im Vergleich mit anderen Unternehmen.»

Was die Ursachen dafür sind, kann der frühere SP-Präsident nicht abschliessend sagen. Erste Analysen aber liessen auf folgende Zusammenhänge schliessen: «Demografische Entwicklungen – unsere Belegschaft wird älter. Krankheiten nach Wegfall der Corona-Hygienemassnahmen. Und auch Sorgen aufgrund des Weltgeschehens.»

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Mit anderen Worten: Levrat sieht die Zunahme in erster Linie als Folge gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen und nicht als spezifisches Post-Problem.

Eine Gesundheitsstudie der Krankenkasse CSS, die im Herbst 2022 publiziert wurde, scheint der Post-Spitze recht zu geben. Die Untersuchung diagnostiziert eine «besorgniserregende Verschlechterung des allgemeinen Gesundheitszustands der Schweizer Bevölkerung» – das Resultat seien mehr Krankheitstage.

Die Ausfälle bei der Post sind jedoch auch im schweizweiten Vergleich ausserordentlich hoch. Laut Bundesamt für Statistik betrug die jährliche Dauer der Absenzen pro Arbeitsstelle im Jahr 2021 7,5 Tage. Bei «Dienstleistungsberufen und Verkäuferinnen» lag dieser Wert bei 9,9 Tagen. Die «Hilfsarbeitskräfte» kamen mit 13,1 Tagen auf die längste Abwesenheitsdauer durch Krankheit oder Unfall. Auch diesen Wert übertrifft die Post.

Die Forderung von Gewerkschafter Antonini ist deshalb klar: «Die Post muss für ein gesundes Arbeitsklima sorgen.»

Deren Präsident betont, man habe bereits erste Massnahmen ergriffen – so etwa konkrete Schulungen von Führungspersonen oder Massnahmen im Bereich der Reintegration.

Levrat verspricht: «Wir nehmen die Entwicklung sehr ernst.»

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