Darum gehts
- Alnatura passt Öffnungszeiten an, Bio-Supermärkte schreiben rote Zahlen
- Konsumenten gewichten Saisonalität und Herkunft wichtiger als Bio
- Alnatura will Marktanteil trotzdem von 3 auf 7 Prozent bis 2028 steigern
Gut möglich, dass Frühaufsteher demnächst vor verschlossenen Läden stehen. Alnatura plant auf März «mehrere Anpassungen bei den Öffnungszeiten», wie eine Sprecherin der Genossenschaft Migros Zürich gegenüber Blick bestätigt. Diese betreibt als Franchisenehmerin 25 Bio-Supermärkte in der Deutschschweiz.
Interessant: Neun Standorte öffnen künftig 30 bis 60 Minuten später als bisher, zum Beispiel um 9 statt um 8 Uhr. An einem Standort hat die Filiale am Samstag eine Stunde länger offen. Von offizieller Migros-Seite heisst es, damit würden die lokalen Kundenbedürfnisse und das Marktumfeld berücksichtigt.
Rote Zahlen bei den Bio-Supermärkten
Laut Mitarbeitern, die aus Angst vor Jobverlust ihren Namen nicht in den Medien lesen möchten, ist die Öffnungszeiten-Verkürzung eine Sparmassnahme. So brauche es weniger Personal, heisst es.
Die Zahl der Kundinnen und Kunden ist offenbar besonders in den Standorten ausserhalb von Zürich und Bern sowie in jüngeren Filialen rückläufig. Mitarbeitende sorgen sich auch um die finanzielle Lage des Unternehmens. Nur wenige Filialen seien profitabel, unter dem Strich schreibe das Alnatura-Netz rote Zahlen, berichten Insider.
Alnatura gibt zu «Ergebnissen einzelner Sparten oder Filialen» keine Auskunft, Fragen von Blick dazu bleiben unbeantwortet.
Weniger Bio landet in Einkaufswägen
Wie steht es um Alnatura in der Schweiz? Um die Bio-Verkäufe allgemein?
Interessant in diesem Zusammenhang: Zwar wird mehr Bio-Gemüse auf Schweizer Feldern angebaut – nur wird deswegen nicht unbedingt auch mehr Bio eingekauft. Seit 1996 hat sich die Bio-Anbaufläche versechsfacht, heisst es in einer neuen Publikation des Bundesamts für Statistik (BFS). Und weiter: «Dass die Produkte aus biologischem Anbau stammen, war am seltensten ein Kaufkriterium».
Konsumentinnen und Konsumenten gewichten folglich Saisonalität und Herkunft wichtiger als Bio.
Handelspartner bringen mehr als neue Filialen
Warum die Nachfrage in den Bio-Supermärkten auch zurückgeht: Alnatura baut die Präsenz bei Handelspartnern massiv aus. Seit Anfang Jahr sind 40 Alnatura-Produkte in den Dorfläden von Volg in den Regalen. Ebenso führt der jüngst in der Schweiz expandierte Drogerie-Discounter Rossmann die Bio-Marke im Sortiment. Die Drogerie Müller bietet diese bereits länger an.
Den Anfang haben die Migros-Supermärkte mit der Sortimentsaufnahme von Alnatura-Produkten gemacht – das war im Jahr 2013. «Die Migros ist und bleibt unser strategischer Partner in der Schweiz», sagt Boris Pesek (45), Geschäftsführer der Alnatura AG, zu Blick.
Der Ausbau von Marktanteilen soll statt mit eigenen Filialen künftig «vor allem über Handelspartner» erreicht werden. Im Schweizer Bio-Markt, der rund 4 Milliarden Franken gross ist, will Pesek den Alnatura-Marktanteil von aktuell 3 auf 7 Prozent mehr als verdoppeln. «Bis Ende 2028 ist das realistisch», so der Geschäftsführer.
Kommt es zu Filialschliessungen?
Das Filialgeschäft liegt unterdessen auf Eis. Die Migros Zürich tritt hier auf die Expansionsbremse. In diesem Jahr seien keine Eröffnungen neuer Filialen geplant, so die Sprecherin.
Das macht Sinn. Die Migros steckt im Grossumbau, die Genossenschaft Migros Zürich muss nach ihren Mega-Verlusten bei der deutschen Bio-Laden-Kette Tegut über die Bücher, diverse Geschäfte stehen hier auf dem Prüfstand.
Ob es zu Filialschliessungen bei Alnatura kommt, wie Mitarbeitende bangen, will Alnatura nicht sagen. Um rentabel sein zu können, braucht das Bio-Supermarkt-Netz eine kritische Grösse – und die liegt bei über 20 Filialen.