Mittagszeit in der Migros-Zentrale am Zürcher Limmatplatz. Im vierten Stock herrscht vor dem Buffet Hochbetrieb. Für den Normalbürger sind die Migros-Restaurants geschlossen. Die Mitarbeitenden dürfen sich hier aber verpflegen. Auch Chef Fabrice Zumbrunnen (51) gönnt sich dort einen Happen, aber erst nimmt er sich Zeit für BLICK. Die Anspannung vom Vormittag ist verflogen, als er das Corona-Jahr der Migros gegenüber den Medien Revue passieren liess.
BLICK: Herr Zumbrunnen, die Migros hat einen Megagewinn von 1,8 Milliarden Franken eingefahren. Was machen Sie jetzt mit dem vielen Geld?
Fabrice Zumbrunnen: Nach dem Verkauf von Globus und vom Glattzentrum im letzten Jahr werden wir weiter in unser Kerngeschäft investieren. Besonderes Augenmerk legen wir hier aufs Internet. Bei unseren Onlineplattformen bestellten die Menschen so viel wie noch nie. Damit wir noch besser werden, müssen wir unsere Technologie weiter verbessern. Es geht darum, dass unsere Kunden ihre Einkäufe so einfach und bequem wie möglich von zu Hause aus erledigen können. Geld fliesst auch in den Ausbau der Lager für das Onlinewarenhaus Digitec Galaxus.
Online boomt, und Sie buttern noch mehr Geld rein. Müssen die Kunden Angst haben, dass langfristig Supermärkte verschwinden?
Corona hat mir gezeigt, dass kurzfristige Prognosen nur schon für ein Jahr schwierig sind. Klar ist: Das digitale Geschäft ist ein Trend. Es sind nicht nur die Jungen. Auch ältere Menschen oder Risikopatienten haben in der Pandemie den Onlinehandel entdeckt. Die Migros stellt sich in den Dienst ihrer Kunden. Wir haben in einer modernen Gesellschaft aber auch zu akzeptieren, dass der Konsument das letzte Wort hat. Also müssen wir mit einer gewissen Kannibalisierung unserer eigenen Angebote rechnen. Aber in den nächsten Jahren wird es sicherlich nicht weniger Supermärkte geben.
Die Migros-Gruppe ist einer der wenigen Profiteure der Pandemie. Jetzt müssten Sie doch als Genossenschaft den Kunden etwas zurückgeben und die Preise senken!
Auch wir haben Bereiche, die stark gelitten haben. Ich denke an Hotelplan, die Gastronomie oder die Klubschulen. Und trotzdem haben wir die Preise bei über 1000 Produkten dauerhaft gesenkt. Wir werden auch in diesem Jahr die Preise weiter senken. Wie viel günstiger die Waren genau werden, will ich Ihnen aber jetzt noch nicht sagen.
Finanziell steht die Migros gut da, gesellschaftlich könnte sie aber in der Pandemie mehr machen.
Wie meinen Sie das?
Sie sind der grösste private Arbeitgeber der Schweiz. Warum nehmen Sie bei den Corona-Massentests keine Vorreiterrolle ein?
Wir haben sehr gute Schutzkonzepte, die funktionieren. Die Migros hatte bislang in keinem Bereich grössere Corona-Ausbrüche zu beklagen. Aber natürlich arbeiten wir sehr eng mit den Behörden zusammen. Ich habe grossen Respekt vor ihrer Arbeit. Diese Krise ist enorm schwierig für die Politik.
Da ist man sich anderes gewohnt vom Duttweiler-Konzern. Warum nehmen Sie das Heft nicht in die Hand, wenns beim Bund klemmt? Der Kanton Graubünden hat es mit Schnelltests ja vorgemacht ...
Wir haben im Kanton Freiburg auch bei einem Projekt mit Massentests mitgemacht. Aber eine Strategie zu entwickeln, ist nicht unsere Aufgabe. Der Lead ist beim BAG. Es ist mir auch ein Anliegen, dass unsere Mitarbeitenden sich frei fühlen. Niemand soll zu etwas gezwungen werden, was er nicht will.
Also wird es auch keine Impfpflicht für Ihre Angestellten geben?
Nein. Ein Impfobligatorium gibt es bei uns nicht.
Machen Sie mit Gesundheitstochter Medbase zumindest bei den Impfungen vorwärts und unterstützen den Bund?
In Winterthur sind wir bereits direkt involviert und arbeiten mit dem Spital zusammen. Wir bieten überall gerne Hand, wenn es uns braucht.
Stellen Sie Ihren über 99'000 Mitarbeitenden Corona-Impfungen intern zur Verfügung?
Derzeit ist das gar nicht möglich, weil es schlicht zu wenige Impfstoffe hat. Zudem betrachtet die Migros-Gruppe Impfungen als Privatsache.
Sie sind nun seit über drei Jahren im Amt und haben das Migros-Universum gerade im Pandemiejahr äusserst erfolgreich geführt. Was ist Ihr Corona-Moment, der Ihnen geblieben ist?
Ein spezielles Bild habe ich nicht im Kopf. Aber der Einsatz und die Solidarität unserer Mitarbeitenden haben mich enorm gefreut und beeindruckt. Nur dank ihnen sind wir auch in dieser schwierigen Zeit so erfolgreich. Natürlich sind wir alle etwas coronamüde. Auch ich sehne mich nach einem Ende der Pandemie. Und da bin ich äusserst optimistisch: Die Schweiz kann sich in den kommenden Monaten auf hoffentlich normale Zeiten freuen.
Der Neuenburger Fabrice Zumbrunnen (51) übernahm Anfang 2018 den Chefsessel von Migros-Urgestein Herbert Bolliger (66). Er ist der jüngste Migros-Chef aller Zeiten. Der orange Riese, grösster privater Arbeitgeber der Schweiz, erzielte im Jahr 2020 einen Umsatz von fast 30 Milliarden und einen Gewinn von 555 Millionen Franken. Zumbrunnen wohnt mit seiner Familie in der Uhrenmetropole La Chaux-de-Fonds NE. Ehefrau Paule (53) ist Konzertgeigerin. Das Paar hat zwei erwachsene Kinder, Rose und Rodolphe.
Der Neuenburger Fabrice Zumbrunnen (51) übernahm Anfang 2018 den Chefsessel von Migros-Urgestein Herbert Bolliger (66). Er ist der jüngste Migros-Chef aller Zeiten. Der orange Riese, grösster privater Arbeitgeber der Schweiz, erzielte im Jahr 2020 einen Umsatz von fast 30 Milliarden und einen Gewinn von 555 Millionen Franken. Zumbrunnen wohnt mit seiner Familie in der Uhrenmetropole La Chaux-de-Fonds NE. Ehefrau Paule (53) ist Konzertgeigerin. Das Paar hat zwei erwachsene Kinder, Rose und Rodolphe.
Die Migros-Gruppe hat sich im Corona-Jahr wacker geschlagen. Trotz Pandemie steigerte der orange Riese den Umsatz um 4,4 Prozent auf fast 30 Milliarden Franken. Die Migros fuhr zudem einen Gewinn von 1,8 Milliarden Franken ein – ein Rekord in der Unternehmensgeschichte.
Zurückzuführen ist dieser vor allem auf die Verkäufe des Warenhauses Globus und des Glattzentrums. Aber auch ohne diese einmaligen Einnahmen kommt die Migros auf über 555 Millionen Franken Gewinn – 65 Prozent mehr als im Vorjahr.
Wachstumstreiber für den Konzern, der 2020 über 99'000 Menschen in der Schweiz beschäftigte: die Discounttochter Denner und vor allem der Onlinehandel. Letzterer verzeichnete ein Rekordwachstum von 46 Prozent. Auch die Gesundheitsunternehmen der Migros profitierten von der Pandemie.
Sorgenkinder: Reisetochter Hotelplan, die Gastronomie und das Freizeitgeschäft. Auch die Klubschule hat trotz Onlineunterricht ganze 100'000 Kunden verloren.
Als Genossenschaft investierte die Migros im vergangenen Jahr 159 Millionen Franken, etwa in Kultur, Gesellschaft und Bildung. Nicola Imfeld
Die Migros-Gruppe hat sich im Corona-Jahr wacker geschlagen. Trotz Pandemie steigerte der orange Riese den Umsatz um 4,4 Prozent auf fast 30 Milliarden Franken. Die Migros fuhr zudem einen Gewinn von 1,8 Milliarden Franken ein – ein Rekord in der Unternehmensgeschichte.
Zurückzuführen ist dieser vor allem auf die Verkäufe des Warenhauses Globus und des Glattzentrums. Aber auch ohne diese einmaligen Einnahmen kommt die Migros auf über 555 Millionen Franken Gewinn – 65 Prozent mehr als im Vorjahr.
Wachstumstreiber für den Konzern, der 2020 über 99'000 Menschen in der Schweiz beschäftigte: die Discounttochter Denner und vor allem der Onlinehandel. Letzterer verzeichnete ein Rekordwachstum von 46 Prozent. Auch die Gesundheitsunternehmen der Migros profitierten von der Pandemie.
Sorgenkinder: Reisetochter Hotelplan, die Gastronomie und das Freizeitgeschäft. Auch die Klubschule hat trotz Onlineunterricht ganze 100'000 Kunden verloren.
Als Genossenschaft investierte die Migros im vergangenen Jahr 159 Millionen Franken, etwa in Kultur, Gesellschaft und Bildung. Nicola Imfeld